Stolperfalle ins neue Berufsleben
Vorsicht vor verlockenden Abfindungen!
Während die öffentliche Aufmerksamkeit seit einer Weile durch die aktuelle Corona-Pandemie gebannt ist, findet in vielen großen Unternehmen PersonalabbauPersonalabbau wieder in größerem Ausmaß statt. Verlockende Abfindungs- und Weiterbildungsangebote - meist zeitlich befristet - sollen dann den Abschied versüßen. Diplom-Psychologin Madeleine Leitner rät jedoch zur Vorsicht: "Viele Betroffene denken, sie könnten sich nach dem Ende der Pandemie vielleicht sogar in einem neuen Beruf verwirklichen. Doch ganz so einfach ist es natürlich nicht." Alles zu Personalführung auf CIO.de
Zahllose Bücher und TV-Serien beschäftigen sich mit dem Thema Selbstverwirklichung. Sie spiegeln eine Wirklichkeit vor, die bei den Interessenten Sehnsüchte weckt. Und dann gibt es plötzlich ein attraktives Abfindungsangebot und die Möglichkeit, über eine bezahlte Weiterbildung endlich den inzwischen vielleicht sogar verhassten Job an den Nagel zu hängen.
Berufswunsch trifft Realität
Wie Leitner immer wieder feststellt, kann dies ganz schnell zu unüberlegten Fehlentscheidungen führen. "Die allermeisten Menschen müssen von ihrer Tätigkeit leben. Darum hat eine solche Entscheidung immer eine enorme Tragweite und sollte mit sehr viel Bedacht gefällt werden", rät sie. Bevor man daher einfach auf Verdacht kündigt oder irgendeine Ausbildung absolviert, sollte man besser mit System vorgehen. Im allerersten Schritt sollte man seine Träume unbedingt einem ausgiebigen Realitäts-Check unterziehen.
Aber Vorsicht: "Naturbedingt beraten hier weder die Personalabteilung noch Anbieter von Ausbildungen neutral. Die einen sollen schließlich den Abgang möglichst schmackhaft machen und die anderen verdienen immer gut an der Weiterbildung, ob sinnvoll oder nicht." So gibt es seit vielen Jahren Statistiken, die belegen, dass das scheinbar so attraktive Berufsbild des "Coachs" für die überwältigende Mehrheit bestenfalls als Nebenjob geeignet ist.
- Mehr Gehalt
Studien beweisen: Ein Jobwechsel ermöglicht oftmals bis zu 20 Prozent mehr Einkommen. - Karrieresprung
Besteht im eigenen Unternehmen nicht die Möglichkeit, die Karriereleiter emporzuklettern, hilft nur ein neuer Arbeitgeber. - Neue Aufgaben
Entfliehen Sie der Routine und haben Sie Spaß an neuen Aufgaben. - Herausforderungen nutzen
Nur wenn der Job fordert, bleibt er interessant. Sind Sie auf Dauer unterfordert, werden Sie unglücklich. - Eigeninitiative ist besser als eine Kündigung
Warten Sie nicht auf Ihre Entlassung, sondern handeln Sie initiativ - das kommt bei Personalchefs gut an. - Flexibilität und Engagement zeigen
Flexibilität und Engagement zeigen. Jede moderne Biografie sollte selbst initiierte Jobwechsel enthalten. - Persönliche Weiterbildung
Am besten weiterentwickeln kann man sich, wenn man Neues kennen lernt. - Den Schritt wagen
Finden Sie, dass Ihre Karriere in die falsche Richtung läuft? Dann korrigieren Sie Ihren Weg mit einem Wechsel. - Gefunden werden
Stellen Sie Ihr Profil in eine Jobdatenbank ein und lassen Sie sich finden! - Die Zeit ist reif
Der Zeitpunkt zum Wechsel ist günstig, denn gut ausgebildete Arbeitnehmer werden gesucht.
Traumjob - aber nur von außen?
Ihren Klienten empfiehlt die Psychologin in solchen Situationen daher, sich zunächst besser mit einigen Praktikern zu unterhalten. Das sind Personen, die bereits in dem vermeintlichen Traumjob arbeiten. Oft sieht deren tägliche Arbeitsrealität nämlich ganz anders aus, als man es sich als Außenstehender vorstellt. Außerdem erfährt man so durch diese Gespräche wichtige Details über den Einstieg in das neue Arbeitsumfeld, die Verdienstmöglichkeiten, Arbeitszeiten und Aufstiegschancen. Aufgrund dieser Informationen werden sich manche der zunächst verlockenden Ideen einfach in Luft auflösen, während andere auch eine positive Bestätigung finden.
Für die realistische Einschätzung der eigenen Situation sollte man auch das Gespräch mit ehemaligen Kollegen suchen, die bereits bei einer früheren Abfindungswelle ein Angebot angenommen haben und beispielsweise folgende Fragen stellen:
Wie ist es Ihnen ergangen?
Hat Ihnen die Weiterbildung etwas gebracht?
Bereuen sie Ihre Entscheidung oder sind sie immer noch froh darüber?
"Bei allen, zugegebenermaßen oft verlockenden, Träumen sollte man daher unbedingt vor einer Kündigung auch eine gut realisierbare Alternative in der Hinterhand haben", so Leitner. Die besten Chancen, beruflich wieder Fuß zu fassen, hat man natürlich bei der bisherigen (oft ungeliebten) Tätigkeit.
Unzufriedenheitsüberschätzung
Bei den meisten Ratsuchenden stellte sich durch die Standortbestimmung mit der Psychologin allerdings heraus, dass der bisherige Job meist wesentlich besser abschnitt, als sie selbst vermutet hätten. Diese typische Überschätzung der Unzufriedenheit lässt sich ganz einfach mit den Erkenntnissen der Wahrnehmungspsychologie erklären.
Menschen gewöhnen sich sehr schnell an die positiven Dinge und betrachten diese dann als selbstverständlich. All das, was sie stört, nehmen sie aber besonders stark wahr. Mancher Klient wusste seinen bisher ungeliebten Job wieder zu schätzen. Und gerade in großen Unternehmen finden Mitarbeiter zum Beispiel oft Gehälter und Arbeitsbedingungen vor, von denen andere nur träumen. Leitners Rat: "Darum denken Sie bei einer so wichtigen Entscheidung wie einer Kündigung immer daran: Sie haben auch etwas sehr Elementares zu verlieren." (pg)
- Tipps für Kündigung und Trennung
Wenn Mitarbeiter entlassen werden müssen, sollte dies möglichst schmerzfrei erfolgen. Frank Adensam sagt, wie Sie dabei vorgehen sollten. - Sorgfältig vorbereiten
Das setzt eine sorgfältige Vorbereitung voraus. Diese gelingt Unternehmen am besten, wenn sie, sobald feststeht, dass Mitarbeiter entlassen werden müssen, ein Drehbuch für den Kündigungs- und Trennungsprozess schreiben. - Ruhig und sachlich bleiben
In der Regel sollte der unmittelbare Vorgesetzte die betroffenen Mitarbeiter über ihre Kündigung informieren - selbst wenn diese von der Personalabteilung versandt wird. Auf dieses Gespräch muss er sich vorbereiten. Unter anderem, indem er sich im Vorfeld fragt: Teile ich in dem Gespräch dem Mitarbeiter nur die Kündigung mit und setze ich mich mit ihm anschließend nochmals zusammen, um zu vereinbaren, wie die Trennung gestaltet wird? - Nicht um den heißen Brei reden
Oft wollen Führungskräfte das Kündigungsgespräch möglichst schnell hinter sich bringen. Die Folge: Sie stoßen den Mitarbeiter vor den Kopf, indem sie ihm unvermittelt die Nachricht "Sie sind entlassen" entgegenschleudern. Zuweilen scheuen sie sich aber auch, die unangenehme Botschaft auszusprechen und reden um den heißen Brei herum. Beides ist unangebracht. - Emotionen akzeptieren
Auf diese Nachricht reagieren Mitarbeiter unterschiedlich - manche geschockt, manche gelassen, manche wütend. Lassen Sie zu, dass Ihr Mitarbeiter Emotionen zeigt. Äußern Sie hierfür Verständnis. Und geben Sie ihm ausreichend Zeit, die Fassung wiederzugewinnen. Gelingt ihm dies nicht, sollten Sie das Regeln der Trennungsmodalitäten vertagen - zum Beispiel, indem Sie vorschlagen: "Herr/Frau Müller, sicher müssen Sie den Schock erst verdauen. Was halten Sie davon, wenn wir uns übermorgen nochmals zusammensetzen und darüber reden ..." - "Sie haben doch gesagt, ..."
Ein Vorwurf, mit dem Führungskräfte bei Kündigungen oft konfrontiert werden, ist: "Aber vor einem Monat planten Sie mit mir doch noch ..." Oder: "Bei der Weihnachtsfeier sagten Sie, unsere Arbeitsplätze seien sicher." Dann sollten Sie zu Ihren Worten und Taten stehen. Bedauern Sie Ihren Irrtum. Sagen Sie, dass Sie zum damaligen Zeitpunkt die Situation anders einschätzten, diese sich aber in der Zwischenzeit aufgrund der Faktoren A, B, C geändert hat. - "Warum gerade ich?"
Dessen ungeachtet werden die zu kündigenden Mitarbeiter stets fragen: Warum gerade ich? Geben Sie dem Mitarbeiter eine inhaltlich verständliche Erklärung. Auf keinen Fall sollten Sie sich aber auf eine Diskussion über die Auswahlkriterien einlassen. Denn wer die Gründe für die Kündigung diskutiert, diskutiert die Kündigung selbst. - Kündigung begründen, ohne zu kränken
Entlässt ein Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern betriebsbedingt eine größere Zahl von Mitarbeitern, dann muss deren Auswahl meist gemäß den gesetzlichen Vorgaben anhand von Kriterien wie Alter, Familienstand und Dauer der Betriebszugehörigkeit erfolgen. Auch dann ist das Begründen vergleichsweise einfach, denn die Auswahl basiert auf objektiven Kriterien. Deshalb kann der Mitarbeiter eine solche Auswahl leichter akzeptieren als eine personenbezogene. - Die Zeit bis zum Ausscheiden regeln
Ist die Kündigung ausgesprochen und begründet, geht es darum, die Zeit zwischen der Kündigung und dem Austritt aus dem Unternehmen zu regeln. Hierfür können Sie einen separaten Termin vereinbaren. Im Trennungsgespräch selbst sollten Sie Ihrem Mitarbeiter einen Weg aufzeigen, wie der Trennungsprozess gestaltet werden kann. Außerdem sollten Sie ihm Hilfe beim Suchen einer neuen Stelle anbieten. - Den Blick wieder in Richtung Zukunft wenden
Oft ist eine bezahlte Freistellung bis zum Ausscheidetermin für beide Parteien die sinnvollste Lösung. Für die Gekündigten hat dies den Vorteil: Sie können sich voll auf das Entwickeln einer neuen Perspektive konzentrieren.