Distributed-Ledger-Technologie

Wann Blockchain echten Mehrwert bringt

Lucas Mearian ist Senior Reporter bei der Schwesterpublikation Computerworld  und schreibt unter anderem über Themen rund um  Windows, Future of Work, Apple und Gesundheits-IT.


Florian Maier beschäftigt sich mit diversen Themen rund um Technologie und Management.
Viele CIOs sehen die Distributed-Ledger-Technologie als Innovationstreiber. Wir sagen Ihnen, ob der Blockchain-Durchbruch zeitnah in Aussicht steht.

Im Unternehmensumfeld fließen derzeit Milliarden in Blockchain-Projekte und -Initiativen. In den kommenden fünf Jahren dürften die Investitionen im Bereich Distributed Ledger weiter exponentiell ansteigen. Trotzdem wird es keine Blockchain-Revolution in einem Umfeld geben, in dem zentralisierte Kontrollmechanismen State-of-the-art sind.

Der Hype um die Blockchain-Technologie ist groß, der Durchbruch lässt trotzdem auf sich warten. Gartner weiß, wie lange das (voraussichtlich) noch dauern wird.
Der Hype um die Blockchain-Technologie ist groß, der Durchbruch lässt trotzdem auf sich warten. Gartner weiß, wie lange das (voraussichtlich) noch dauern wird.
Foto: everything possible - shutterstock.com

Das sieht auch Avivah Litan, Vice President Research bei Gartner, so: "Kein Unternehmen ist dazu bereit, Autorität, beziehungsweise Kontrolle, abzugeben. Denn das steht in direktem Gegensatz zur Eigenverantwortung der Unternehmen. Bei BlockchainBlockchain geht es im Kern um das genaue Gegenteil - es gibt keine zentrale Autorität mehr." Alles zu Blockchain auf CIO.de

Blockchain sucht Use Case

Die Research-Spezialistin wird bei Gartners IT Symposium/Xpo 2019 mit anderen Analysten und Experten aktuelle Technologietrends diskutieren, die die Zukunft von IT und Business definieren sollen. Dabei wird Blockchain eines der heißen Themen sein. Im Gartner Hype Cycle für Blockchain Business rutscht die Technologie derzeit in das "Tal der Enttäuschungen", wo sie - zumindest für die nächsten zwei Jahre - auch bleiben dürfte:

Der aktuelle Gartner Hypecycle zum Thema Blockchain.
Der aktuelle Gartner Hypecycle zum Thema Blockchain.
Foto: Gartner

Dennoch sind viele (Groß-)Unternehmen weiterhin erpicht darauf, die Blockchain einzusetzen, weil C-Level und IT-Manager sie als "wahrhaft innovativ" empfinden. Dabei wird oft krampfhaft nach einem Einsatzzweck gesucht - ganz egal, ob dieser sinnvoll ist oder nicht. Gartner-Expertin Litan spricht aus Erfahrung: "Wir kennen sehr viele Fälle von Unternehmen, die Blockchain einsetzen wollen, dafür aber keinen brauchbaren Use Case haben. Das ist ein Problem, denn viele User verstehen nicht wirklich, was die Blockchain kann und was nicht. Sie wissen nur, dass sie die Technologie nutzen wollen".

Nach Einschätzung des Marktforschungsunternehmens wird die Distributed-Ledger-Technologie mindestens neun weitere Jahre brauchen, um sowohl von technischer als auch von prozessualer Seite einhundertprozentig skalierbar zu sein. Bislang konnte die Blockchain-Technologie dem Hype, der um sie gemacht wird, nicht wirklich gerecht werden - das Gros der Blockchain-Projekte im Unternehmensumfeld stagniert in der Experimentierphase.

5 Faktoren für den Blockchain-Durchbruch

Gartner geht davon aus, dass 90 Prozent aller Blockchain-Plattform-Implementierungen im Unternehmensumfeld bis zum Jahr 2021 innerhalb von 18 Monaten ersetzt werden müssen, um wettbewerbsfähig, sicher und auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Damit die Technologie ihr Potenzial im Sinne eines Distributed Ledger für weltweite B2B-Transaktionen voll entfalten kann, müssen laut Gartner die folgenden fünf Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Smart Contracts müssen einfach zu programmieren und zu testen sein, um sicherzustellen, dass sie frei von Bugs sind und über verschiedene Blockchain-Plattformen hinweg zum Einsatz kommen können.

  2. Smart Contracts müssen sich einfach in Legacy-Systeme integrieren lassen, damit eine Blockchain-Plattform mit externen Datenquellen vernetzt werden kann.

  3. Um die Interoperabilität von Blockchain zu stärken, sind einheitliche Standards notwendig, die dafür sorgen, dass diverse Plattformen wie Hyperledger, Ethereum oder R3 Corda miteinander kommunizieren können.

  4. Die Blockchain-Technologie muss skalieren, um mit derzeitigen Finanztransaktionsnetzwerken konkurrieren zu können, die tausende von Rechenoperationen pro Minute stemmen.

  5. Datenschutz-Dienstleistungen, die auf dem Zero-Knowledge-Prinzip basieren und Private-Key-Management-Lösungen müssen um Methoden erweitert werden, die es ermöglichen, verloren gegangene Pass Codes wiederherzustellen.

Nach den Worten von Gartner Vice President Avivah Litan stellt der Bereich Private Key Management die Achillesferse der Blockchain-Technologie dar. Schließlich ist der Zugang bei Verlust eines solchen Schlüssels nicht mehr möglich - eventuell vorhandene Kryptowährung oder Assets sind in einem solchen Fall ebenfalls verloren. Eine ganze Reihe von Unternehmen und Konsortien beschäftigt sich bereits mit diesem Problem - und dem der Performance.

Die Distributed-Ledger-Bedrohung

Sobald die zugrundeliegenden Technologien und auch die Use Cases entsprechend gereift sind, werden sich für Unternehmen signifikante Vorteile aus der Blockchain, ihrer IoT-Integration, dezentralisierten Web Apps, User-Interface-Technologien und Managed Services ergeben.

Ein weiterer Schlüssel zum Distributed-Ledger-Durchbruch liegt in der Kombination von zulassungsbeschränkten und öffentlichen Blockchains. Solche Hybrid Blockchains werden Unternehmen nach den Worten von Avivah Litan dazu befähigen, einerseits privat zu kommunizieren, andererseits aber auch eine sichere, öffentlich zugängliche Applikation für User bereitzustellen.

Eine weitere Hürde auf dem Weg zum Blockchain-Durchbruch: staatliche Regulatoren. Seit Facebook im letzten Jahr seine Pläne, ein eigenes Finanznetzwerk auf Blockchain-Basis inklusive eigener Kryptowährung an den Start bringen zu wollen, öffentlich gemacht hat, hat auch die Aufmerksamkeit staatlicher Regulatoren deutlich angezogen. Der multinationale Widerstand gegen die Libra-Pläne von Facebook verzögert das Projekt derzeit massiv. Das hat auch dazu beigetragen, dass diverse namhafte Unterstützer wie Visa, Mastercard, Stripe und Paypal ihren anfänglichen Support inzwischen widerrufen haben. "Diese Unternehmen sind auf die staatlichen Regulatoren angewiesen", weiß Litan: "Sie haben keinerlei Interesse daran, sich mit diesen Institutionen anzulegen. An dieser Entwicklung lässt sich auch gut erkennen, wie sehr sich Regierungen weltweit von Kryptowährungen - und Facebook - bedroht fühlen".

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Computerworld.

Zur Startseite