5 Gründe
Warum es IT-Fachkräfte in die Provinz zieht
Montagmorgens eilig den Latte-to-go im Fairtrade-Shop an der Ecke schnappen, mit der U-Bahn durch die überfüllte Großstadt und dann rein in die 60-Stunden-Woche im anonymen Konzernbüro? Nein, nicht mit den jungen IT-Talenten von heute! Bei der Generation Z geht der Trend von der Land- zur Stadtflucht. Also raus aus den Großstädten, in die es junge Menschen zwei Jahrzehnte lang noch in Massen gezogen hat - und rein ins beschauliche Landleben. Verstärkt durch die COVID-Pandemie, gewinnen Dörfer und Kleinstädte als Wohn- und Arbeitsorte wieder an Beliebtheit. Zu diesem Ergebnis gelangte die Studie "Landlust neu vermessen" des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung sowie der Wüstenrot Stiftung.
Landgemeinden und Kleinstädte verzeichneten die höchsten Zuwanderungsgewinne - im Schnitt über fünf Personen pro 1000 Einwohner:innen. Doch wer sind die neuen Landlustigen? Vor allem Personen im Erwerbsalter, die die wachsende Fachkräftelücke schließen können. Dabei ziehen zwei Gruppen besonders häufig aufs Land: nämlich Familien und Berufsnomaden. Das verschafft IT-Unternehmen mit einzigartigem Standort einen Vorteil gegenüber Arbeitgebern in der Großstadt.
Die Ansprüche der Bewerber:innen steigen, gerade im IT-Bereich, wo der FachkräftemangelFachkräftemangel einen regelrechten War for Talents ausgelöst hat. Doch neben Gehalt und Benefits werden andere Faktoren wie eine authentische und nachhaltige Unternehmenskultur sowie die Berücksichtigung individueller Lebensentwürfe zunehmend wichtiger. Daher haben Startups und Unternehmen mit echten Werten gute Chancen, sich gegen Global Player und Prestige-Konzerne mit großem Namen durchzusetzen, wenn es darum geht, die Expert:innen von morgen zu gewinnen. Doch was genau ist dafür nötig? Welche Faktoren sind für IT-Talente tatsächlich entscheidend bei ihrer Jobauswahl? Alles zu Fachkräftemangel auf CIO.de
1. Der Standort-Faktor
Ein Headquarter in einer Umgebung, in der andere Menschen Urlaub machen, ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Unternehmen wie SAP in Walldorf oder Red Bull in Fuschl am See machen es vor und zeigen, dass solche Standorte durchaus Keimzellen für große und erfolgreiche Firmen sein können. Dabei überzeugt die Nähe zur Natur, die in der schnelllebigen Arbeitswelt immer mehr in den Vordergrund rückt, und somit in einen ständigen Workation-Ansatz mündet. Ein Ansatz, der Arbeit und Urlaub nicht getrennt, sondern als Verschmelzung sieht.
Wichtig ist jedoch zu bedenken, dass ein völlig abgelegener Standort auch keine gute Wahl ist. Es braucht die entsprechende Infrastruktur für junge Talente, die sich gegebenenfalls mit ihren Familien ansiedeln: Eine oder mehrere größere Städte sollten schnell und gut erreichbar sein, ebenso wie Anbindungen an Autobahnen, öffentliche Verkehrsmittel oder auch Flughäfen.
2. Der Kultur-Faktor
Anonyme Einzelbüros, mechanisches Abarbeiten von Tasks anhand von Prozesshandbüchern und möchtegern-moralische Wordings an Plakatwänden locken heute keine motivierten Jungkräfte mehr in Unternehmen. Stattdessen braucht es echte kulturelle Werte, die in der Zusammenarbeit über alle Hierarchiegrenzen hinweg vorgelebt werden - sei es beim offenen Feedback geben im Ask-me-anything-Slot mit dem Top-Management oder beim Erstkontakt mit potenziellen Bewerber:innen. Ein Werteverständnis gehört in den Arbeitsalltag und muss spürbar sein, angefangen beim Onboarding-Prozess.
Durch firmenübergreifende Kommunikationsformate wie regelmäßige Town-Hall-Meetings sind Mitarbeitende in der Lage, das große Ganze zu verstehen und sich sicher an Unternehmenszielen zu orientieren. Dies wird nur durch einen starken interdisziplinären Austausch möglich - interkulturelle, internationale Teams, die über niedrige Hierarchien hinweg offen und ehrlich miteinander kommunizieren. Und durch eine nahbare Geschäftsführung: Wenn die Unternehmensgründer mit Leidenschaft und Herzblut für die gemeinsame Vision brennen und auf die Bedürfnisse des Teams eingehen, wird das individuelle Zugehörigkeitsgefühl jedes Einzelnen gestärkt. Die Schokostreusel sind dann die ehrlich gezeigte Anerkennung von Führungskräften gegenüber ihren Mitarbeiter:innen.
3. Der Sinn-Faktor
Auch wenn in jeder Unternehmensvision der Ansatz mitklingt, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, ist es für engagierte Talente schwer, einen solchen Job zu finden. Denn sie suchen gezielt nach einer Beschäftigung, die sinnstiftend ist und zur Entwicklung wertvoller Produkte beiträgt. Ein Unternehmen, das echten Mehrwert schafft, beispielsweise anderen mit smarter Software den Rücken im geschäftlichen Alltag freihält, überträgt dieses Gefühl von Purpose auch auf seine Mitarbeitenden.
Dabei geht es nicht darum, von Anfang an alles zu wissen und zu können, sondern zu merken, dass man Herausforderungen meistern und Teil einer Lösung sein kann, ohne ein spezielles Tool perfekt zu beherrschen. Die Wirkung, die ein einzelner Entwickler in einem mittelgroßen Unternehmen mit seiner Idee, seinem Können, seiner Vision und seiner Leidenschaft haben kann, ist weitaus größer als der 600. Programmierer für eine riesengroße Logistikkette zu sein. Die Identifikation mit dem Produkt und der Arbeit ist weitaus größer, wenn man Teil der Problemlösung ist. Es empfiehlt sich für die Personalabteilung sogar, diesen Impact auch auf den Hiring-Prozess zu übertragen, indem Mitarbeitende bei der Auswahl künftiger Kolleg:innen mitbestimmen dürfen.
4. Der individuelle Karriere-Faktor
Standardisierte Weiterbildung für alle war gestern. In der modernen IT-Arbeitswelt kommt es auf die Stärken und Schwächen des Einzelnen an. Welche Fähigkeiten hat der oder die Einzelne und welche Interessen? Wie und wo kann man diese bestmöglich einsetzen und fördern? Im Fokus stehen individuelle Bedürfnisse, deren Erfüllung die Mitarbeitenden befähigen, ihr Bestes zu geben. Dazu gehören beispielsweise die Unterstützung eines parallelen Studiums oder die Möglichkeit, sich in internen Bootcamps zu verschiedensten Themen auszutauschen und weiterzubilden, unabhängig von der Position oder den Verantwortlichkeiten.
Aber noch viel wichtiger wird die individuelle Weiterentwicklung durch das Übernehmen von Verantwortung: Nur wer Projekte leiten darf, eigene Ideen einbringen kann, Schnittstellen-Management über Teamgrenzen hinweg organisiert, wächst über sich hinaus und kann sich verwirklichen. Und diese Erfahrungen, die in kleineren Organisationen möglich sind, zählen am Ende mehr für den individuellen Karrierepfad als große Weiterbildungsbudgets.
5. Der Flexibilitäts-Faktor
Das Wörtchen Agilität ist aktuell in aller Munde. Doch zu oft bleibt es eine leere Worthülse. Unternehmen, die sich die besten IT-Talente sichern möchten, müssen Agilität in allen Unternehmensbereichen leben, von der Kultur bis zur Produktentwicklung. An erster Stelle steht hier die Flexibilität in puncto Zeit und Ort: Spätestens seit der Pandemie ist mobiles Arbeiten das "New Normal". Talente werden sich auf die Arbeitgeber und oftmals kleineren Unternehmen aufteilen, die digitale Zusammenarbeit verstehen, die Nähe durch Kommunikation gestalten können, obwohl sie räumliche Freiheit zulassen.
Flexibilität erlaubt, selbstbestimmt und selbstorganisiert - und damit produktiver - zu arbeiten. Dabei zählen neben einer gesunden Work Life Balance auch Optionen für flexible Teilzeitmodelle oder eine qualitativ hochwertige Ausstattung - für zu Hause und vor Ort. Eine agile Arbeitskultur wird nämlich auch von modernen Büroräumen widergespiegelt, die auf verschiedenste Formen der Einzel- sowie Zusammenarbeit, Wohlbefinden und grenzüberschreitende Kollaboration ausgelegt sind. Nur wer agil arbeiten kann und sich dabei wohl fühlt, kann auch Top-Leistungen erbringen und innovative Produkte entwickeln - im Unternehmen seiner Wahl.
- Tipps zur Fachkräfte- und Talentsuche
Ungeachtet der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sind Fachkräfte und Talente weiter stark gesucht, insbesondere in der IT-Branche. BEST RECUITERS gibt Tipps, wie Unternehmen ihr Recruitment sowie ihre Talentsuche zusätzlich pushen können. - Wie du mir, so ich dir
Hinterfragen sie kritisch, welche Anforderungen Sie an Bewerber richten - speziell was die Soft Skills anbelangt - und ob Ihre Candidate Journey diese auch widerspiegelt. Wenn Sie also flexible Mitarbeiter suchen: Bieten Sie selbst eben diese Flexibilität im Recruiting-Prozess, zum Beispiel indem Sie mehrere Bewerbungskanäle zur Wahl stellen? - Tagesaktuelle Informationenn
Recruiting-Prozesse sind nicht zuletzt aufgrund von Corona digitaler geworden. Informieren Sie Kandidaten über die Veränderungen in Ihrem Unternehmen, beispielsweise welche Software im virtuellen Erstrunden-Interview zum Einsatz kommt oder wie (teil-)digitales Onboarding bei Ihnen gelebt wird. Denken Sie auch an entsprechende Tipps, damit Bewerber sich optimal vorbereiten können. - Vertrauen schaffen
Jobsuchende erhoffen sich heute eines mehr denn je: Sicherheit. Holen Sie sie ab, indem Sie zeigen, wie Sie Ihren Mitarbeitern Vertrauen entgegenbringen, zum Beispiel durch Vertrauensarbeitszeit oder auch Lohntransparenz in Stellenanzeigen. - Erfahrungen aus erster Hand
Laden Sie Mitarbeiter ein, auf der Karriere-Website und in anderen Recruiting-Kanälen zu erzählen, wie sie die letzte Zeit mit Ihnen als Arbeitgeber erlebt haben. - Von IT-Profi zu IT-Profi
Viele IT-Spezialisten wünschen sich schon vor einem Bewerbungsprozess den Kontakt zum Fachbereich. Im Rahmen digitaler Events gelingt dieser Austausch mit potenziellen Kollegen unkompliziert und ohne großen zeitlichen Aufwand für Ihre IT-Abteilung.
Echte Arbeits- und Lebensqualität überzeugt
Junge IT-Talente von heute möchten wirklich etwas bewegen. Sie sehnen sich nach einer sinnstiftenden Beschäftigung, der sie flexibel an einem Standort ihrer Wahl nachgehen können. Nicht aufgelistet, aber dennoch erwähnt werden müssen dafür natürlich auch ein marktübliches Gehalt und je nach Größe des Unternehmens diverse Benefits wie ein Jobticket, frisches Obst und Kaffee im Büro oder - noch besser - eine Beteiligung am Unternehmenserfolg.
Mitarbeitende müssen sich von Anfang an gebraucht und anerkannt fühlen, um sich im War for Talents langfristig für einen Arbeitgeber zu entscheiden - genau an dieser Stelle haben kleine und mittelgroße Unternehmen in der Provinz mehr zu bieten als ihnen oftmals bewusst ist. (pg)