Chancen und Risiken

Was CIOs über NFTs wissen sollten

Moritz Iversen ist freier Journalist in München.
Non-fungible Token (NFT) sind ein heißes Eisen – CIOs sollten Potenziale, die Anforderungen und die Fallstricke kennen.
RTFKT Clone X Launch: Ist der Hype um NFTs womöglich nur eine große Blase? CIOs sollten sich mit Chancen und Risiken auseinandersetzen.
RTFKT Clone X Launch: Ist der Hype um NFTs womöglich nur eine große Blase? CIOs sollten sich mit Chancen und Risiken auseinandersetzen.
Foto: cio.de / Jürgen Alker

Unternehmen wie Anheuser Busch (Muttergesellschaft von Budweiser) und AdidasAdidas haben sich kopfüber in die Welt der NFTs gestürzt - mit scheinbar großem Erfolg. Innerhalb von 19 Stunden nach der Markteinführung im Januar war die 11.000 Stück umfassende NFT-Kollektion von Budweiser ausverkauft, sie brachte dem Unternehmen 4,8 Millionen Dollar ein. Eine Analyse des NFT-Marktes, die allerdings nicht alle Verkäufe erfasst, zeigt, wie groß die Geschäftsmöglichkeiten sind: Alle 24 Stunden werden NFT-Verkäufe im Wert von rund 70 Millionen Dollar getätigt - eine offensichtliche Gelegenheit für Unternehmen, sich daran zu beteiligen und zu profitieren. Top-500-Firmenprofil für Adidas

Die Verlockung des großen Geldes und die Aufmerksamkeit der Medien können Organisationen dazu verleiten, auf den NFT-Zug aufzuspringen. Bevor man sich jedoch an den Aufbau einer eigenen Sammlung wagt, sollte man sich über die Anforderungen, Risiken und Vorteile im Klaren sein.

Was muss ich über NFTs wissen?

Es ist immer hilfreich zu verstehen, in was man investiert, bevor man sich kopfüber in die Materie stürzt. "Was die meisten Leute als NFT sehen, ist Kunst", sagt Nick Donarski, Gründer von ORE System mit Sitz in Madison im US-Bundesstatt Wisconsin. Das Unternehmen betreibt einen NFT-Marktplatz. "Aber ein NFT ist eigentlich etwas hinter den Kulissen. Die drei Buchstaben stehen für Non-fungible Token, und das bedeutet nichts anderes, als dass es eine Instanz auf der BlockchainBlockchain repräsentiert, auf der es erstellt wurde", sagt Donarski. Alles zu Blockchain auf CIO.de

Die Blockchain ist die zugrundeliegende Technologie, die große Teile dessen antreibt, was von ihren Befürwortern als Web 3.0 bezeichnet wird - eine dezentralisierte Zukunftsvision des Internets, die einigen der großen Web-Konzerne, die es in den vergangenen zwei Jahrzehnten dominiert haben, die Macht entreißen und sie in die Hände von normalen Menschen legen würde. "Am besten kann man sich die Blockchain als eine verteilte Datenbank vorstellen", berichtet Donarski. "NFTs sind nur Marker innerhalb der Datenbank, die mit den jeweiligen Daten verknüpft sind." Mit anderen Worten: Ein NFT ist im Grunde ein Bild an einem bestimmten Ort in der Blockchain-Datenbank.

NFTs können ein IT-Risiko darstellen

Für CIOs ist eines der Risiken von NFTs ein zentrales Problem bei der Gestaltung der Infrastruktur, so Donarski: "Wo bewahren wir die Kryptowährung auf, die wir erhalten, wenn NFTs verkauft werden? Und wie wandeln wir diese Kryptowährung in eine normale Währung um? Das ist eine Risikomatrix, die Sie für Ihr Unternehmen erstellen müssen." Wenn sich CIOs dafür entscheiden, NFTs für die Speicherung von Dokumenten innerhalb des Unternehmens zu verwenden, müssten Sie eine weitere Risikomatrix hinzufügen: das Verständnis und den Aufbau einer Blockchain-Architektur, um dies zu verwalten.

Darüber hinaus sind NFTs mit privaten Schlüsseln verknüpft, die eine Schwachstelle und einen potenziellen Einstiegspunkt für Cyber-Diebe darstellen. Dieses Alles-oder-Nichts-Szenario macht sie zu einer ziemlich riskanten Angelegenheit. "Die Verwaltung der privaten Schlüssel wird eine der größten Hürden für den CIO sein", sagt Donarski. "Es besteht das Risiko, dass sie, wenn sie offengelegt oder gehackt werden, die Schlüssel zu allem in der Kryptowelt sind."

Um dieses Risiko zu mindern, sollten CIOs nach Ansicht von Donarski sorgfältig überlegen, wie viele Schlüssel verwendet werden sollen. Sie könnten beispielsweise in einem "Cold Storage" mit einer API aufbewahrt werden, die mit ihnen interagiert, sie aber niemals über eine öffentliche Verbindung austauscht oder überträgt. Das Sicherheitsniveau hängt von der Kritikalität der Anwendungen, dem Budget, den Vorschriften, der Risikotoleranz und dem Betrag ab, den das Unternehmen in NFTs investiert hat.

Die NFT-Infrastruktur könnte verschwinden

Eine der Hauptsorgen eines jeden CIO ist der Schutz davor, dass ein wichtiger Softwarelieferant oder Infrastrukturanbieter verschwindet oder "veraltet", wodurch man möglicherweise selbst mit auf der Strecke bleibt. Bei NFTs sei das nicht anders, sagt Dipan Roy, stellvertretender Chief Information Officer der britischen Vermögensverwaltungsfirma London & Capital. "Die meisten NFTs sind verschlüsselt und werden mit Ethereum gespeichert", sagt Roy, der sich dabei auf eine beliebte Blockchain-Technologie bezieht. "Es stellt sich die Frage, was mit diesen NFTs passiert, falls ein Anbieter wie Ethereum irgendwann in der Zukunft nicht mehr existiert."

Donarski hingegen verwahrt sich gegen diesen Einwand. "Die Welt der NFTs erscheint beängstigender, als sie tatsächlich ist", sagt er. "Der einzige Grund für die Sorgen ist, dass die Leute sie nicht verstehen." Je mehr Unternehmen in diesen Bereich einsteigen und die Technologie übernehmen würden, desto mehr werde Blockchain zu einem festen Bestandteil der Datenverarbeitung. "Sobald die Leute erkennen, dass es sich nur um einen weiteren Computer im Netzwerk handelt, ist es viel leichter zu verdauen", sagt er.

Die von Ihnen hergestellten NFT gehören Ihnen womöglich nicht

Wenn es um rechtliche Fragen geht, sind die NFT-Gewässer reichlich trübe. "Sicher, Sie haben ein Non-fungible Token, das Ihnen das Recht auf ein bestimmtes Kunstwerk, ein Video oder einen Tweet auf der Ethereum-Blockchain gibt", sagt Roy. "Aber was bedeutet das in der realen Welt?"

Die Antwort ist im Moment noch nicht ganz klar. Technisch gesehen kann man niemanden daran hindern, ein bestimmtes Kunstwerk, ein Video oder einen Tweet zu kopieren, dessen NFT man besitzt - ein potenzielles Reputationsrisiko. Und obwohl es die Möglichkeit gibt, den Rechtsweg zu beschreiten, ist das Verfahren kostspielig und zeitaufwändig. Hinzu kommt die undurchsichtige, anonyme Natur der Blockchain, wodurch es schwierig sein kann, festzustellen, gegen wen man überhaupt vorgehen muss.

"Der digitale Besitz dieses Vermögenswerts verleiht Ihnen außerhalb der Ethereum-Blockchain kein physisches Eigentum oder irgendwelche Rechte", sagt Roy. Dies erkannte eine kleine Gruppe von Investoren, als sie eine Kopie von Frank Herberts Buch "Dune" kaufte. Die Investoren planten, das physische Buch zu verbrennen, nachdem sie es in NFTs umgewandelt hatten, und eine Zeichentrickserie zu erstellen, um von den Rechten zu profitieren. Das Problem dabei? Sie besaßen nicht die Rechte an dem Werk. Nur das Buch. "So funktionieren NFTs nicht", warnt Donarski. "Der Käufer muss aufpassen und verstehen, was er kauft."

Wenn CIOs klar zum Ausdruck bringen, was mit dem Eigentum und dem Besitz einer NFT verbunden ist und was nicht, kann dies dazu beitragen, den Enthusiasmus übereifriger Kollegen zu bremsen.

NFT - es ist auch ein Risiko, jetzt nicht zu handeln

Eines der Risiken für Inhaber von geistigem Eigentum (Intellectual Property, IP), die nicht in den NFT-Raum einsteigen, besteht darin, dass jemand anderes es für sie tut, ihr IP in diesem Prozess stiehlt und aus ihrem Markenwert Kapital schlägt. Der Diebstahl von NFT ist ein wachsendes Problem, und eine unzureichende Rechtsprechung erschwert es den Urhebern digitaler Inhalte, Rechtsmittel einzulegen. Die Betreiber seriöser Marktplätze wie OpenSea und ORE System sagen, dass sie das Einstellen gestohlener Inhalte verbieten, geben aber zu, dass die Durchsetzung meist manuell erfolgt.

Die Welt der NFTs ist noch jung, und die gesellschaftlichen und geschäftlichen Normen müssen sich erst noch vollständig etablieren. "Nur weil etwas als nicht fälschbar deklariert wird, heißt das nicht, dass jemand nicht einen anderen Token desselben Kunstwerks auf einer anderen Blockchain - oder sogar auf derselben Blockchain - erstellen kann", berichtet Roy.

Wir könnten uns in einer großen NFT-Blase befinden

Die großen Zahlen, die im Umlauf sind, scheinen NFTs zu einem interessanten Geschäft zu machen, das es zumindest wert ist, näher erforscht zu werden. Aber sie sind auch ein guter Grund, nicht vorschnell zu handeln. Schon früher haben sich Blasen in der Technologiebranche gebildet. Diejenigen, die den großen Plänen für die Zukunft von NFTs skeptisch gegenüberstehen, mahnen zur Vorsicht, wenn es darum geht, sie herzustellen oder in sie zu investieren. "Die Leute zahlen mehr als eine Million Dollar für ein Bild eines Schimpansen", berichtet Roy. "Das ist für mich ein deutliches Zeichen dafür, dass der Wert von NFTs von der Realität weit entfernt ist."

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation cio.com

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