IT-Management
Was Entscheider zu Fall bringt
Ein Job als IT-Entscheider ist herausfordernd. Technologie-Strategien zu etablieren, die maximalen Geschäftswert bei Einhaltung des Budgets erzielen, ist dabei nur eine Seite der Medaille. Daneben sollten IT-Manager ein hochproduktives Team motivieren, das mit einer großen Bandbreite von technischen Problemstellungen zurechtkommen muss, während die Vision für die IT umgesetzt werden soll.
Das Überforderungspotenzial ist entsprechend hoch und kann auch die besten IT-Entscheider in Verhaltensweisen und Management-Philosophien zwingen, die ihrer Abteilung nachhaltigen Schaden zufügen. Die folgenden sechs "Problemlösungsstrategien" in Sachen IT-Management sollten Sie tunlichst vermeiden, um Unternehmenserfolg - und Ihre KarriereKarriere - nicht zu gefährden. Alles zu Karriere auf CIO.de
1. Gatekeeping
Wie der Sozialpsychologe Kurt Lewin im 20. Jahrhundert feststellte, treffen Gatekeeper die endgültige Entscheidung darüber, wer "in oder out" ist. Gatekeeper-Führungskräfte schirmen die "Festung IT" unnachgiebig vor unwillkommenen "Eindringlingen" ab und sehen die Skills, die ihre Abteilung in die Waagschale wirft, als Schlüssel zu Innovation und Erfolg, beobachtet Brian Jackson, Forschungsdirektor bei Info-Tech Research Group. Während Gatekeeping wie ein Mittel erscheinen könne, Integrität und Wertbeitrag der IT zu sichern, insbesondere angesichts der nicht enden wollenden - und manchmal überflüssigen - Geschäftsanforderungen, werde das letztendlich zur Falle für die IT und Ihre Karriere.
Anstatt eine Partnerschaft mit der Unternehmensleitung anzustreben, versucht der Gatekeeper, den Zugriff auf IT-Ressourcen zu kontrollieren und zu beschränken. Seiner Ansicht nach ist es nicht die Aufgabe der IT, mehr über das Unternehmen zu erfahren und herauszufinden, wie sie der Unternehmensleitung helfen kann, ihre Ziele zu erreichen. In seiner Wahrnehmung ist es Aufgabe des Unternehmens, zu verstehen, wie Technologie funktioniert und welche Rolle sie bei der Zielerreichung spielen kann.
Laut Jackson sind Gatekeeper auch davon besessen, zu zeigen, dass ihre Teams extrem beschäftigt sind, ohne sich wirklich darum zu kümmern, ob die Arbeit zu positiven Ergebnissen für das Unternehmen führt: "Solche Manager konzentrieren sich auf die Überwachung der Produktivität, erfassen Metriken in Bezug auf die Infrastruktur und die Anzahl der Arbeitsstunden der Mitarbeiter. Das ist ein Command-and-Control-Managementstil, der vor allem eines an den Tag legt - mangelndes Vertrauen in das Team. Sie erwarten von ihren Mitarbeitern, dass sie von 9 bis 17 Uhr im Büro anwesend sind und die geleisteten Arbeitsstunden 'abstempeln', um zu beweisen, dass sie ihren Verpflichtungen nachkommen."
IT-Teams, die das Pech haben, unter einem Gatekeeper zu arbeiten, bekämen oft die Botschaft, dass es dem Unternehmen an Respekt für ihre Abteilung mangelt, bemerkt Jackson: "Sie haben das Gefühl, dass von ihnen nur erwartet wird, Anfragen zu erfüllen und Arbeiten zu erledigen, die technisch nicht machbar erscheinen, weil das Business sie nicht in die Planung einbezogen hat." Die typische Reaktion der IT-Abteilung auf diese mängelbehaftete Beziehung sei die Ablehnung wesentlicher Geschäftsanforderungen als "außerhalb des Umfangs" oder "unmöglich zu integrieren". Das zwinge die Geschäftsleitung dazu, andere Wege zu finden, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Das Ergebnis sei eine verpasste Gelegenheit für die IT, sich an innovativen Projekten zu beteiligen, die direkt mit der Umsatzsteigerung verbunden sind: "Die IT wird weiterhin als Kostenstelle und als eine Abteilung angesehen, die sich damit beschäftigt, das Licht am Laufen zu halten", sagt Jackson. Anstatt das Geschäftswachstum zu unterstützen, tendierten Gatekeeper dazu, die Verbesserung von Metriken in Bezug auf ihre Arbeitszeit und die Effizienz der Infrastruktur zu fixieren. Das führe wiederum zu Ergebnissen, die für das Geschäft im Allgemeinen von geringem Interesse sind: "Die starre Haltung bei der Produktivitätsmessung führt zu negativen Erfahrungen und einem geringeren Engagement bei den Mitarbeitern, was letztendlich die Produktivität senkt", so der Berater.
Anstatt als Torwächter zu agieren, sollten IT-Leiter als "Türöffner" fungieren, die ihre Geschäftspartner unterstützen, indem sie sich die Zeit nehmen, deren Top-Prioritäten und Großprojekte zu verstehen, so Jackson. "Effektive CIOs kennen die Ziele des Business und arbeiten daran, die IT zu einem konstruktiven Teil des Weges zur Erreichung dieser Ziele zu machen. Ein geschäftsorientierter IT-Leiter ermutigt sein Team auch, sich in funktionsübergreifenden Gruppen zu engagieren und Zeit für neue Projekte zu verwenden, die direkt mit dem Umsatz verbunden sind. Nicht-strategische IT-Operationen wie die Wartung der Infrastruktur, werden automatisiert oder ausgelagert."
2. Mikromanagement
Detailarbeit gehört in der IT zum Alltag. Perfektionismus kann dabei allerdings zu Mikromanagement führen, das die individuelle Initiative und das Vertrauen zerstört. Beides seien wichtige Zutaten für die Förderung von Teamkreativität und Innovation, meint Alberto Ruocco, CIO des Beratungsunternehmens West Monroe. "IT-Teams gedeihen, wenn sie mit spezifischen Ergebnissen und klaren Leitprinzipien konfrontiert werden und die Freiheit haben, Risiken einzugehen und kreativ zu sein. Mikromanagement verhindert all diese Dinge."
Ruocco erzählt, seine Teams würden die Leitprinzipien der Abteilung gemeinsam erstellen: "Wir legen klare Erwartungen fest, wie wir zusammenarbeiten wollen und wie wir mit unseren Geschäftspartnern zusammenarbeiten werden. Dabei stützen wir uns auf agile Prinzipien, um unsere Arbeit und die Kadenz für die Bereitstellung von Werten zu strukturieren." Das gesamte IT-Personal von West Monroe wird ermutigt, Risiken einzugehen und Technologie- und Architekturoptionen zu erforschen, um zu Lösungen zu gelangen, die den Kunden und Mitarbeitern maximalen Nutzen bringen.
Ruocco gibt zu, dass es eine Herausforderung sein kann, den ständigen Strom neuer Managementideen zu ignorieren, die versprechen, das Geschäft und die IT zu transformieren: "Bei West Monroe verwenden wir oft den Ausdruck 'execute the brilliant basics'", sagt er und merkt an, dass die Anforderungen an IT-Organisationen konstant sind und immer die Kapazität übersteigen. "In diesem Zusammenhang ist ein Fokus auf die Grundlagen und die konsistente, qualitativ hochwertige Ausführung der grundlegenden Prinzipien und Praktiken der beste Weg."
3. Hands-Off-Management
Führungskräfte, die sich der Nachteile von Mikromanagement bewusst sind, fallen oft auf das Gegenteil herein: exzessives Hands-Off-Management. Das kann sich jedoch ebenso destruktiv auf den IT-Betrieb und seine Leistung auswirken. Während die Arbeit unter einem Mikromanager sowohl anstrengend als auch ärgerlich sein kann, kann die Arbeit unter einer völlig unbeteiligten Führungskraft genauso frustrierend sein.
"Zu viel Hands-Off-Ansatz kann dazu führen, dass sich die Mitarbeiter von der Vision und den Zielen des Teams entfernen und Ergebnisse produzieren, die für den maximalen Erfolg des Unternehmens nicht erforderlich sind", erklärt Tim Chadwick, CISO bei LINQ. "Es kann auch dazu führen, dass Teams Terminen hinterherhetzen, dass Entscheidungen verzögert werden, dass es an Verantwortlichkeit mangelt und dass es zu Revierkämpfen innerhalb der verschiedenen Teams und Abteilungen kommt", warnt er.
Aus der Management-Perspektive betrachtet, unterscheidet sich die IT eigentlich nicht viel von anderen Geschäftsbereichen. "Die IT sollte messbare Ziele und eine Vision haben, was für das Unternehmen am wichtigsten ist und welche Rolle sie dabei spielt", sagt Chadwick. "Das IT-Team eines Unternehmens sollte nicht nur die Ziele des Unternehmens unterstützen, sondern auch der Haupttreiber für Innovation sein."
Die Technologie verändert und verbessert sich ständig, und die Informationssicherheit erfordert Wachsamkeit und Bewusstsein, sagt Chadwick. Eine "Hands-off"-Führung kann zu einem IT-Team führen, das nicht in der Lage ist, Schritt zu halten, was andere Geschäftsbereiche und das gesamte Unternehmen beeinträchtigt."
Ein erfahrener IT-Leiter lege eine Struktur, messbare Werte und Ziele fest und nutze diese Elemente, um sein Team zu führen. Das Gleichgewicht zwischen Hands-Off- und Mikromanagement zu finden, sei dabei der Schlüssel, erklärt Chadwick. "Mitarbeiter brauchen die Freiheit, unabhängig zu denken und zu handeln, damit sie zu Innovationen befähigt werden. Allerdings müssen sie auch das Gefühl haben, unterstützt zu werden und nicht sich selbst überlassen zu sein."
4. Analyseparalyse
Die IT ist eine analytische Disziplin, die die Fähigkeit erfordert, komplexe Probleme zu entschlüsseln beziehungsweise komplexe Systeme zu deren Lösung aufzubauen. Probleme über zu analysieren und kritische Entscheidungen aufzuschieben kann böse enden, beobachtet Don Logan, CIO der Unternehmensberatung Friedman LLP: "In Zeiten der Not, des Drucks und der Krise setzen wahre Führungspersönlichkeiten ihre Erfahrung und ihr Können ein, um Hindernisse zu überwinden. Eine IT-Führungskraft muss aufmerksam und gewissenhaft agieren und rote Fahnen erkennen."
Obwohl CIOs heute auf Knopfdruck Zugriff auf eine Fülle von Statistiken, Metriken, Erkenntnissen und Ratschlägen haben, glaubt Logan, die schiere Menge verfügbarer Informationen führe potenziell zu Unentschlossenheit, Stress, Unzufriedenheit und Lähmung: "In der Welt eines IT-Leiters ist das gleichbedeutend mit geringer Leistung, langsamen oder schlechten Ergebnissen, Selbstzweifeln und Entscheidungsmüdigkeit."
Logan ist der Meinung, dass das Überanalysieren eines Problems sowohl unnötig als auch kontraproduktiv ist: "In einer Führungsrolle gibt es keinen Ersatz für Erfahrung: Sie sollten die Menge der Informationen, die Sie aufnehmen, bewusst begrenzen. Weniger ist mehr und zu viel Auswahl oder Informationen führen zu Stress. Analyseparalyse bei sich selbst oder anderen zu erkennen, ist eine Fähigkeit, die man beherrschen muss."
5. Befehlsherrschaft
Wenn sie mit einem ernsthaften Hindernis konfrontiert sind, empfinden es viele IT-Führungskräfte als einfacher und bequemer, den Teams zu sagen, was sie tun sollen, anstatt sie zu bitten, ein Problem zu lösen. Der Nachteil dieses Ansatzes ist, dass er innovativen Lösungen die Tür vor der Nase zuschlägt und dafür sorgt, dass sich die Teams mit Mittelmäßigkeit zufriedengeben.
"Wir stellen Leute ein, die gerne Probleme lösen", sagt Dirk Ziegener, Vice President of Engineering and Technology bei Studitemps, einem deutschen Workforce-as-a-Service-Unternehmen, das sich an Studenten und junge Fachkräfte richtet. Die meisten IT-Experten und Informatiker seien von Natur aus Problemlöser. "Viele von ihnen haben wahrscheinlich bestimmte Algorithmen gelernt, um den kürzesten und schnellsten Weg zu einem bestimmten Ziel zu finden. Indem Sie ihnen genau sagen, was sie tun sollen, bitten Sie sie, mit dem Denken aufzuhören. Sie ignorieren ihre Talente und töten ihre Motivation."
Anstatt Teams mit Mikromanagement zu überziehen und mit Anweisungen um sich zu werfen, sollten Sie ihnen die Herausforderungen erklären, rät Ziegener: "Lassen Sie sie das Problem verstehen und geben Sie ihnen Kontext. Beantworten Sie alle ihre Fragen."
IT-Entscheider müssten lernen, dass sie sich auf ihre Mitarbeiter bei den meisten Problemen verlassen können: "Versorgen Sie Ihr Team mit allen notwendigen Informationen, gehen Sie ihnen dann aus dem Weg und lassen Sie sie eine Lösung finden. Sie werden Sie nicht enttäuschen."
6. Pigeonholing
Viele CIOs schätzen es, schnellen und einfachen Zugang zu Experten in bestimmten Disziplinen zu haben, doch manche Führungskräfte treiben diese Vorliebe zu weit, indem sie "ihre" Spezialisten davon abhalten, sich in neue Bereiche zu entwickeln. Schubladendenken ist immer ein kontraproduktiver Ansatz, da sich die IT von Natur aus immer weiterentwickelt.
"Motivierte IT-Fachleute wollen sich in der Regel ständig anpassen und auf Veränderungen einstellen - sie wollen auf dem neuesten Stand der Technik sein", sagt Rahul Mahna, virtueller CIO der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EisnerAmper. "Weil sie in einer Organisation abgestempelt werden, wollen sie nach ein paar Jahren weg und werden sich woanders umsehen, um in der Branche auf dem neuesten Stand zu bleiben."
Mit der Zeit kann das Ergebnis sowohl finanziell als auch betrieblich verheerend sein. "Es ist mit enormen Kosten verbunden, ein neues Teammitglied an Bord zu nehmen, in das Gefüge einer Organisation zu integrieren und seine Fähigkeiten auf dem neuesten Stand zu halten", erklärt Mahna. "Wenn man einer Person nicht erlaubt, die Rolle zu wechseln und sich innerhalb des Unternehmens weiterzuentwickeln, gehen Talente verloren und es entstehen erhebliche Kosten, wenn sie das Unternehmen verlassen."
Mahna sagt, er arbeite hart daran, sich über die aktuellen Rollen auf dem Laufenden zu halten, wenn er neue Mitglieder in sein Team holt: "Wir fördern die gegenseitige Befruchtung und erlauben ihnen, verschiedene Fähigkeiten zu erlernen. Daraus ergibt sich ein dreifacher Vorteil: Unsere Mitarbeiter bleiben in der Regel länger in unserem Unternehmen, sie lernen mehr Fähigkeiten beziehungsweise bleiben auf dem neuesten Stand der Technologietrends und werden noch effektiver in ihrem Job, weil sie die Auswirkungen der technologischen Veränderungen verstehen, die alle Servicelinien betreffen. Im Ergebnis wird die Kundenerfahrung deutlich verbessert". (fm)
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.