Wenn der Burnout droht ...
Was tun gegen Überlastung?
Zum Beispiel Thomas Vogel...
Thomas Vogel ist Bereichsleiter eines großen IT-Mittelständlers. Damit ist er mehr als ausgelastet, doch nun überträgt die Geschäftsführung ihm auch noch die Sanierung eines nicht intakten anderen Firmenbereichs. Jetzt hat er zwei schwierige Vollzeitjobs gleichzeitig. Er möchte dringend das Unternehmen wechseln, weiß aber nicht, wohin. Dann stellt ihm seine siebenjährige Tochter ein Zeugnis aus. Als Vater bekommt er eine glatte Sechs.
Thomas Vogel wendet sich an einen Coach. Der ermuntert ihn, sich zu überlegen, wie er eigentlich leben und arbeiten will. Auf dieses Ziel soll er sich mit realistischen Schritten zubewegen. Vogel überzeugt seine Geschäftsführung, die Stelle eines Verantwortlichen für das Erkennen und Verhindern von Projektschäden einzurichten. Jedes Projekt, das mehr als drei Millionen Euro kostet, läuft über seinen Schreibtisch. Vogel fühlt sich nun am richtigen Platz.
(Fallbeispiel nach: Gudrun Happich: Was wirklich zählt! Leistung, Leidenschaft und Leichtigkeit für Top-Führungskräfte, Springer Gabler 2014, 220 Seiten, 34,99 Euro, E-Book 26,99 Euro, Hörbuch (Abod Verlag, gekürzt) 24,95 Euro)
"Viele Unternehmen arbeiten mit einem Personalminimum"
Die Arbeitspsychologin Anja Gerlmaier vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen erforscht seit vielen Jahren, wie IT-Experten arbeiten.
CW: Frau Gerlmaier, stehen ITler bei der Arbeit immer noch so unter Druck?
GERLMAIER: Ja. Mittlerweile müssen auch Mittelständler ein betriebliches Gesundheits-Management betreiben. Das bringt aber nicht viel, wenn man die substanziellen Probleme nicht angeht.
CW: Welche sind das?
GERLMAIER: Überlastung in der IT hat zwei strukturelle Ursachen. Die eine ist schlechte Arbeitsgestaltung. Da werden elementare Prinzipien missachtet. Wenn früher jemand etwas programmieren musste, hat er die Tür zugemacht. Heute soll er immer noch etwas anderes tun, und auch der Kunde hat immer die Durchwahl.
CW: Sollen Informatiker wieder in den Keller ziehen und mit niemandem reden?
GERLMAIER: Nein, aber geistige schöpferische Aufgaben und Service gehen nicht zusammen. Nacheinander schon, aber nicht gleichzeitig. Man muss sie organisatorisch trennen.
CW: Warum tut man das nicht?
GERLMAIER: Weil man zu wenig Leute hat. Das ist die zweite, allerdings nicht IT-spezifische Ursache der Überlastung. Viele Unternehmen arbeiten mit einem Personalminimum, mit dem es gerade noch geht. Puffer werden nicht mehr toleriert. Früher hatte jedes RechenzentrumRechenzentrum mindestens einen "Feuerwehrmann", der sofort auf Störfälle reagiert hat. Wenn es keinen Störfall gab, hatte er nicht immer etwas zu tun. Heute muss er noch in anderen Projekten mitarbeiten, hat aber immer noch Rufbereitschaft und Schichtdienst. Das ist zu viel. Alles zu Rechenzentrum auf CIO.de
CW: Gibt es auch Unternehmen, die es besser machen?
GERLMAIER: Ich kenne den Fall eines Mittelständlers, bei dem sich die Burnouts häuften. Ein engagierter Personaler und der Betriebsrat wollten etwas unternehmen. Ich habe unter anderem einen Stresspräventions-Workshop veranstaltet, seither ist es zu keinem akuten Burnout mehr gekommen. Einige Teams haben sich auch strukturell verändert, andere hatten zu große Probleme mit ihren Führungskräften.
CW: Kommt der Druck immer von oben?
GERLMAIER: Nein, auch in der IT gibt es Leute, die sich ohne Not zu viel Arbeit aufhäufen, weil sie es allen recht machen wollen oder aus anderen Motiven. Ein guter Vorgesetzter sagt dann: Überleg noch mal, ob du das wirklich bis Montag schaffst.