Vorstellungsgespräch

Welche Lügen sind erlaubt und welche nicht?

Andrea König schreibt seit 2008 für CIO.de. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit für die CIO-Redaktion sind Themen rund um Karriere, soziale Netzwerke, die Zukunft der Arbeit und Buchtipps für Manager. Die Arbeit als freie Autorin für verschiedene Redaktionen ist mittlerweile kein Vollzeitjob mehr - hauptberuflich arbeitet sie als PR-Beraterin bei einer Hamburger Kommunikationsagentur.
Im Schnitt lügt ein Kandidat während eines 15-minütigen Jobinterviews 2,2 Mal. Während man auf fantasievolle Ausgestaltungen des Lebenslaufs verzichten sollte, gibt es Themen, bei denen man nicht bei der Wahrheit bleiben muss.
Manchmal muss man im Vorstellungsgespräch gar nicht flunkern.
Manchmal muss man im Vorstellungsgespräch gar nicht flunkern.
Foto: racorn - shutterstock.com

In Bewerbungsgesprächen wird kräftig gelogen, zeigt eine Studie von Wissenschaftlern der US-Universität Massachusetts. Durchschnittlich sagen Bewerber innerhalb eines 15-minütigen Gesprächs 2,19 Mal die Unwahrheit. Waren die Jobbeschreibungen technischer, wurde sogar noch häufiger geschwindelt.

Robert McCauley von der Personalberatung Robert Half erläutert im Blog Secrets of the job hunt, warum Bewerber lieber bei der Wahrheit bleiben sollten. McCauley bezieht sich zwar auf die Bewerbungsunterlagen, doch was er schreibt, gilt genauso für Lebenslauflügen im Bewerbungsgespräch. Seine Gründe lauten:

  1. Lügen fliegen schnell auf: Recruiter sind mittlerweile stark für dieses Thema sensibilisiert und werden deshalb ganz genau darauf achten, ob ein Bewerber die Wahrheit sagt. Fallen ihnen im Lebenslauf oder während des Gesprächs Ungereimtheiten auf, kann es gut sein, dass sie im Netz oder bei ehemaligen Arbeitgebern nachforschen.

  2. Vielleicht übernimmt man sich: Bewirbt man sich denn wirklich für den richtigen Job, wenn man ihn nur mit einer Lüge bekommt, fragt McCauley. Wenn man seine Erfahrungen und Fähigkeiten aufplustern muss, um in Betracht gezogen zu werden, kann man dann alle Aufgaben meistern?

  3. Die Lüge verfolgt einen: Im Bewerbungsverfahren sind in der Regel nicht nur Recruiter, sondern auch der künftige Vorgesetzte mit dabei. Und der wird sich wahrscheinlich merken, was man ihm in den Auswahlgesprächen über einen erzählt hat. Man hört immer wieder Beispiele von Kündigungen, weil sich jemand Unwahrheiten in den Lebenslauf gedichtet hat. Wer bei der Wahrheit bleibt, kann entspannter in den neuen Job starten.

  4. Die Reputation kann Schaden nehmen: Eine aufgeflogene Lüge schadet der eigenen Glaubwürdigkeit und stellt die persönliche Integrität infrage. Das kratzt an der Reputation und kann einem sehr lange nachhängen - gerade in Zeiten des Internets.

Doch nicht jede Lüge im Bewerbungsgespräch ist ein Vergehen - es gibt durchaus unzulässige Fragen in Vorstellungsgesprächen, die man nicht wahrheitsgemäß beantworten muss. Es kommt immer wieder vor, dass Kandidaten im Auswahlverfahren mit sehr privaten und intimen Fragen konfrontiert werden. Die folgende Zusammenstellung stammt aus dem Ratgeber Das überzeugende Bewerbungsgespräch für Hochschulabsolventen von Christian Püttjer und Uwe Schnierda:

  • Fragen nach Schwangerschaft und Familienplanung sind unzulässig. Eine Ausnahme wäre es nur dann, wenn die Tätigkeit das Ungeborene schädigen könnte, zum Beispiel wegen einer erhöhten Strahlenbelastung.

  • Fragen nach der Konfession, der Partei- und der Gewerkschaftszugehörigkeit sind unzulässig. Ausnahmen gelten nur für so genannte Tendenzbetriebe. Wenn der Arbeitgeber zum Beispiel die katholische Kirche wäre, hätte sie ein berechtigtes Interesse daran, die Konfession des Bewerbers zu erfahren.

  • Fragen nach Lohnpfändungen und Vermögensverhältnissen sind unzulässig. Hier besteht eine Ausnahme nur, wenn der Bewerber sich auf eine Position mit umfangreichem Geldverkehr bewirbt.

  • Fragen nach Vorstrafen sind unzulässig. Eine Ausnahme greift nur, wenn die Vorstrafe für die Tätigkeit von direkter Bedeutung wäre, etwa ein Verkehrsdelikt bei einem LKW-Fahrer.

  • Fragen nach einer Aids-Infektion müssen dann beantwortet werden, wenn die Tätigkeit andere Menschen gefährden kann. Die Frage nach einer Aids-Erkrankung muss im Bewerbungsgespräch wahrheitsgemäß beantwortet werden.

Allerdings raten die Autoren davon ab, auf unzulässige Fragen mit einem schroffen "Das dürfen Sie mich nicht fragen!" oder gar mit einem Verweis auf die Gesetzeslage zu reagieren. Lieber sollte man sich im Vorfeld eine gelassene und souveräne Antwort überlegen. Die darf man ruhig fantasievoll gestalten, denn bei der Wahrheit muss man nicht bleiben.

Manchmal muss man aber auch gar nicht flunkern, sondern kann souverän antworten, ohne eine wirkliche Antwort zu geben. Wie das geht, zeigen die beiden Autoren in ihrem Beispiel auf die Frage danach, wen man wählen würde, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre. Ihr Antwortvorschlag: "Ich würde sicherlich eine Partei wählen, die mit ihrer Politik sowohl die Interessen der Wirtschaft als auch der ArbeitnehmerArbeitnehmer berücksichtigt." Wichtig sei es, schreiben sie, auch bei kritisch besetzten Fragen gelassen zu reagieren und überlegt zu antworten. Alles zu Karriere auf CIO.de

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