Digitalisierungsministerium ja oder nein

Wenn das politische Neuland Grenzen sprengt

Kommentar  12.09.2017


Hendrik Schubert ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der EWERK Gruppe. 1995 erkannte er die Chancen, die sich durch das Internet und verbundene Technologien ergaben. Sein Credo: Digitalisierer sind die Architekten der nächsten industriellen Revolution. Wer nachhaltige Veränderungen erreichen möchte, muss sich entlang seines Business-Kontexts verändern und immer wieder aufs Neue querdenken.
Viele Parteien fordern, ein Digitalisierungsministerium zu gründen. Meiner Meinung nach ist das der falsche Weg. Denn Digitalisierung zieht sich transversal durch alle Politik- und Gesellschaftsbereiche.

Ein Bundestagswahlkampf, so lahm er dieses Jahr auch scheint, hat Vorteile. Zum Beispiel rücken endlich einmal wieder Themen in den Fokus, die sonst ein Schattendasein im politischen Betrieb führen.

Ein separates Digitalisierungsministerium oder die über Ministeriumsgrenzen hinaus gehende Entwicklung des Themas Digitalisierung?
Ein separates Digitalisierungsministerium oder die über Ministeriumsgrenzen hinaus gehende Entwicklung des Themas Digitalisierung?
Foto: Lightspring - shutterstock.com

Beispiel DigitalisierungDigitalisierung: Bereits während der Verkündung ihrer erneuten Kandidatur nannte die Kanzlerin explizit dieses Thema als eines der großen Herausforderungen der kommenden Legislaturperiode. Es ist ein offensichtlicher Versuch, nach der mittlerweile legendären "Neuland"-Aussage vor vier Jahren einen deutlichen Kurswechsel zu signalisieren. Nun gut, besser spät als nie. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de

Im Raum steht deswegen unter anderem, ein eigenes Ministerium für Digitalisierung oder zumindest einen Beauftragten direkt im Kanzleramt zu schaffen. Ein interessanter Vorschlag: Man holt sozusagen das Postministerium wieder aus der Mottenkiste und möbelt es auf – schließlich geht es in beiden Fällen im weitesten Sinne um Kommunikation.

Ein Ministerium ist kein Allheilmittel

Ich halte das für einen falschen Weg. Zwar zeigt die Initiative, dass das Thema ernst genommen wird. Allerdings liegt auch sehr viel im Argen, und Ministerium oder Sonderbeauftragter sind kein Allheilmittel. Der Netzausbau etwa liegt trotz jahrelanger öffentlicher Bekenntnisse brach. Und das Ressort ist aktuell über drei Ministerien verteilt. Die Zerstückelung ist nicht zielführend.

Die neuen Forderungen sehen eher nach klassischer Übersteuerung aus: Wir haben verschlafen, also müssen wir nun klotzen. Doch Digitalisierung ist umfassender als nur eine Stabsstelle oder ein Ministerium. Sie betrifft nämlich tatsächlich alle Lebensbereiche, und damit auch alle Regierungsbereiche – das Neuland passt nicht in die Schablone eines Ministeriums.

Sinnvoll wäre eine solche Zentralisierung also nur, wenn man parallel ein Netz aus Staatssekretären für Digitalisierung spannt, die themenübergreifend Digitalisierungsaspekte in allen Ministerien einbringen und diskutieren.

Denn was es nun braucht, ist eine Vision, ein Plan. Und Personal ist nur Mittel zum Zweck. Es fehlt an klaren Zielsetzungen:

  • Welche Technik wollen wir in Zukunft für den Breitbandausbau nutzen?

  • Wie können wir Firmengründungen besonders in Sachen IT unterstützen?

  • Wie können Digitalisierungsprojekte durch Förderungen stärker unterstützen und voranbringen?

  • Wie wollen wir die Zukunft der Arbeit gestalten?

Denn bisher fühlt es sich eher so an, als ob es in Deutschland am richtigen Nährboden für gelungene Digitalisierung fehlt. Impulse gehen insbesondere von privaten Initiativen aus. Das kann nicht sein – und das müssen wir gemeinsam ändern.

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