Lust oder Last?
Wenn der Resturlaub zum Streitfall wird
Sind alle Urlaubsage genommen oder fest verplant - oder sitzen die Mitarbeiter noch auf ganzen Bergen von Resturlaub? Falls ja, kann das in manchen Unternehmen für Ärger sorgen. Denn für nicht genommene Urlaubstage müssen Rückstellungen gebildet werden, um die Arbeitnehmer im Falle eines Falles auszubezahlen - Geld, das erst einmal auf Eis liegt und nicht für andere Ausgaben zur Verfügung steht.
Ausgerechnet die schönsten Tage des Jahres werden so manchmal auch zum Streitfall. Denn manche Mitarbeiter horten ihren Urlaub für alle Eventualitäten und fallen dann aus allen Wolken, wenn der Chef auf raschen Abbau noch vor Jahresende drängt. Umgekehrt bremsen auch Vorgesetzte gelegentlich die Urlaubspläne ihrer Beschäftigten aus - weil gerade ein wichtiger Auftrag hereingekommen ist, weil zur selben Zeit schon ein anderer Kollege aus der gleichen Abteilung verreist ist oder weil der Mitarbeiter bei einem wichtigen Kundengespräch dabei sein soll, ausgerechnet dann aber der Familienurlaub ansteht.
- Zeit zum Lesen
Im Urlaub haben IT-Chefs endlich einmal Zeit zum Lesen. Das CIO-Magazin hat sie nach ihren Buchtipps gefragt. - Michael Fichtner, FC Bayern
Lesen? "Hören, ich habe Hörbücher für mich entdeckt und höre in letzter vermehrt Hörbücher", sagt Michael Fichtner, CIO vom FC Bayern. "Um den Spannungsbogen auch in den freien Tagen hoch zu halten, sind es Thriller, die mich faszinieren." - Olaf Romer, Baloise Group
Spannung wünscht sich auch Olaf Romer, CIO der Baloise Group. Der Frankreich-Fan sagt: "Da wir viele Jahre Camping-Urlaub im Périgord gemacht haben, freue ich mich immer auf den neuen Krimi "Bruno, chef de police" von Martin Walker. Wenn man die Gegend kennt und vor allem auch das Essen schätzen gelernt hat, hat man einen besonderen Bezug dazu." - Matthias Trabandt, Swiss Life
Und auch Matthias Trabandt, CIO der Swiss Life, schätzt Spannendes. Für diesen Sommer hat er sich "Lebt" von Orkun Ertener vorgenommen. Ertener hat sich als unter anderem als Drehbuchautor für den "Tatort" einen Namen gemacht. - Daniel Kraus, Flixbus
Daniel Kraus, Founder und CIO von Flixbus, fährt mit einem ebensolchen in die Ferien. Lesetechnisch wird es eine Bildungsreise: "Das nächste Buch ganz oben auf meiner Liste ist „The Signal and the Noise: The Art and Science of Prediction“ zum Thema statistische Prognosen in einer unsicheren Welt", sagt Kraus. - Burkhard Fertig, Suffel Fördertechnik
Zwar will Burkhard Fertig beim Wandern entspannen, die IT lässt ihn dennoch nicht los. Der CIO von Suffel Fördertechnik empfiehlt "Mirror" von Karl Olsberg. "Es geht dabei um digitale Spiegelbilder, die wie "Siri" oder "Alexa" stets wissen was ihre Besitzer wollen, brauchen und fühlen. Es geht auch darum, wie diese das Verhalten des Nutzers steuern. Also eine fast reale Fiktion dessen was wir gerade mit unseren digitalen Assistenten erleben. Der Spiegel soll angeblich alles tun um seinen Besitzer glücklich zu machen. Also genau das, was Apple und Co mit den neuen Smartphones so versprechen. Ich bin gespannt, ob sich dies auch auf meine realen Denkmuster auswirken wird." - Erdal Ahlatci, MovingImage
Der CEO von MovingImage wird sich mit seiner Frau drei Wochen ins Auto setzen und herumreisen. Sein Lese-Tipp: "Ich nehme immer ein Buch über das jeweilige Land zum Lesen mit, aber keinen klassischen Reiseführer, eher ein Sachbuch über das Land. Wichtig ist dann für mich, anhand des Buches und über den Kontakt mit Einheimischen das jeweilige Land kennenzulernen und so viel wie möglich mitzunehmen." - Kurt Kruber, Klinikum der Universität München
Im Job leitet Kurt Kruber die MIT im Klinikum der Universität München, als Leser widmet er sich den schönen Künsten: "Ich kann Günter Lamprechts "Und wehmütig bin ich immer noch" empfehlen", sagt er. - Norbert Günther, Hettich
Norbert Günther ist CIO bei Hettich, einem Spezialisten für des technische Innenleben von Möbeln. In seinem Urlaub wird er Segel-Stunden geben. Und so muss er auf die Frage nach dem Buch-Tipp ein wenig schmunzeln: "In der Tat habe ich zwei Themen auf meinem Nachtschrank für den Urlaub. Das ist zum - Strategisch auf Kurs bleiben
Der CIO von Hettich hat noch ein Buch auf der Liste: "Das zweite ist noch nicht ganz entschieden, handelt aber davon, wie man Strategien so formuliert, dass sie in unserem immer agileren Geschäftsumfeld Bestand haben können. Ich versuche, Geschäftsstrategie, IT-Strategie und Digitalisierungsstrategie so in Einklang zu bekommen, dass wir nachvollziehbar und trotzdem schnell, verlässlich und trotzdem agil sind", sagt Norbert Günther. - Catharina van Delden, Innosabi
Lesen? Warum denn nicht selbst ein Buch schreiben, denkt sich Catharina van Delden. Die Mitgründerin des Startups Innosabi erzählt: "Tatsächlich schreibe ich mit meinem Team aktuell an dem Nachfolger unseres Buches „Crowdsourced Innovation“. Während dieses erste Buch den operativen Blick auf die Umsetzung offener und kollaborativer Innovationsmethoden zeigt, wird das zweite Buch eine übergeordnetere Perspektive einnehmen und die ganzheitliche Bedeutung von Innovation im Ökosystem zum Thema haben. Die ersten Kapitel sind schon geschrieben und eines steht auch schon fest: Nachdem das erste Buch weiß war, ist das zweite nun schwarz.“ - Frank Scholz, DB Regio
Auch Frank Scholz, CIO der DB Regio, beschäftigt sich mit Strategischem. Er lliest in diesem Urlaub Kim Kristensens Buch "Follow Me - Leading From The Front". - Joel Spolsky, Stack Overflow
Joel Spolsky, Co-Founder und CEO des Programmierer-Netzwerks Stack Overflow, blickt als interessierter Leser zurück: "I've been trying to find time to read 'Sapiens: A brief history of Humankind' by Yuval Noah Harari. Everybody says it's terrific", sagt er. - Stefan Knopf, SAP
Stefan Knopf, Head of Analytics Middle and Eastern Europe bei SAP, mag es humorvoll. Bei ihm stehen zum Beispiel die Werke des Kabarettisten Horst Evers auf der Leseliste. Der hat immerhin einen IT-Bezug, schrieb er 2008 doch über "Mein Leben als Suchmaschine".
Zu sehr auf die lange Bank schieben sollten aber beide Seiten das Thema nicht. Denn das Bundesurlaubsgesetz gibt vor, dass möglichst alle Urlaubstage im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden - es sei denn, dringende betriebliche Gründe oder persönliche Umstände des Arbeitnehmers wie eine Erkrankung sprechen dagegen, dann ist ihre Mitnahme ins nächste Jahr möglich.
Urlaubszwist landet selten vor Gericht
Wirklich vor Gericht landet der Urlaubszwist allerdings selten, sagt Michael Eckert, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Oft hätten Chefs und Mitarbeiter wohl Hemmungen, sich deshalb so richtig miteinander anzulegen, weil sich dadurch das Vertrauensverhältnis nicht gerade verbessert. Wenn die Arbeitsrichter bemüht werden, geht es oft um mehr - vor allem natürlich um Kündigungen, heißt es auch bei Personalern.
Tendenziell schöben die Beschäftigten in konjunkturell guten Zeiten wie momentan deutlich mehr Resturlaub vor sich her, als wenn die Geschäfte schleppender laufen, sagt Eckert. Eine frühzeitige Planung kann derweil helfen, Konflikte zu vermeiden. In vielen Unternehmen wälzen die Mitarbeiter deshalb schon jetzt ihre Kalender, um die freien Tage im kommenden Jahr gut zu nutzen.
Hohe Beträge für Rückstellungen
Auch beim Elektrokonzern Siemens beispielsweise läuft die Urlaubsplanung für das kommende Jahr schon auf Hochtouren. Die Mitarbeiter würden dabei angehalten, ihren Urlaub möglichst komplett im laufenden Jahr zu nehmen - schließlich sei es auch im Interesse des Unternehmens, dass sich die Beschäftigten erholen, sagt ein Siemens-Sprecher. Potenzielle Rückstellungen sind dabei aber auch ein Thema: Denn wenn ein nennenswerter Anteil der alleine rund 114000 Siemens-Beschäftigten in Deutschland seinen Urlaub im laufenden Jahr nicht nimmt, können schnell Millionenbeträge dafür fällig werden.
Von einer frühen Festlegung auf Urlaub können aber auch die Arbeitnehmer finanziell profitieren, denn viele Reiseveranstalter bieten Frühbucherrabatte für Schnellentschlossene. Doch es gilt: Vorsicht vor eigenmächtigen Entscheidungen - der Urlaub muss mit Kollegen abgesprochen und vom Vorgesetzten abgesegnet werden, schon damit es nachträglich keine bösen Überraschungen gibt und Pläne nicht noch einmal umgeworfen werden müssen.
Bei kollidierenden Urlaubswünschen mehrerer Mitarbeiter beispielsweise hat der Arbeitgeber nämlich soziale Belange zu berücksichtigen - dazu gehören Schulferien von Kindern und die Urlaubsmöglichkeiten der jeweiligen Partner. Auch wer schon mehrfach für Kollegen zu besonders beliebten Urlaubszeiten zurückgesteckt hat, sollte irgendwann seinen Wünschen entsprechend zum Zuge kommen. In solchen Fällen, oder auch wenn der Chef sich mit der Genehmigung von Urlaub lange Zeit lässt, kommt es übrigens häufig zu Knatsch, wissen Personalexperten - auch wenn der nicht gleich beim Anwalt oder vor Gericht landet. Für das Betriebsklima sei eine gute Urlaubsplanung also durchaus ein wichtiges Thema. (dpa/rs)