Arbeitssicherheit
Wie sicheres Arbeiten Unternehmen fordert
Den Begriff Arbeitssicherheit verband man bislang in erster Linie mit produzierenden BetriebenBetrieben oder mit Arbeitsumgebungen, in denen die Beschäftigten mit gefährlichen Stoffen, etwa in Laboren, umgehen müssen. Für Wissensarbeiter in den Büros hielten sich Gefahren für Leib und Leben bislang in Grenzen. Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz bedeutete für Unternehmen, die Büromitarbeiter beschäftigen, unter anderem: Sind alle Kabel so verlegt, damit keiner über sie stolpert? Oder gibt es einen Kabelbruch? Alles zu Personalführung auf CIO.de
Angesichts der Corona-Pandemie hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil gemeinsam mit dem Hauptgeschäftsführer der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung den Arbeitsschutzstandard Covid 19 vorgestellt. Die wichtigsten Ergänzungen für Unternehmen: Sie haben die Abläufe so zu organisieren, dass die Beschäftigten möglichst wenig Kontakt untereinander haben, beziehungsweise den Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten können. Für Mitarbeiter gilt: Niemals krank zur Arbeit, selbst bei vermeintlich leichten Erkältungssymptonen. Der komplette Zehn-Punkte-Plan im Überblick:
- Arbeitsschutz in Zeiten von Corona
Arbeitsrechtlerin Claudia Knuth fasst den neuen Arbeitsschutzstandard Covid 19 für uns zusammen. - 1.Sicherheitsabstand:
Der Arbeitgeber sorgt durch organisatorische und technische Maßnahmen dafür, dass der empfohlene Sicherheitsabstand von mindestens 1, 5 Metern zwischen Personen eingehalten wird - 2. Reduzierung von Kontakten:
Büroarbeiten sind nach Möglichkeit im Home-Office durchzuführen. Präsenzveranstaltungen, Meetings und Dienstreisen sind auf ein absolutes Minimum zu reduzieren - 3. Arbeitszeitgestaltung:
Der Arbeitgeber ergreift Maßnahmen zur zeitlichen Entzerrung von Arbeits- und Pausenzeiten, um die Belegungsdichte zu reduzieren. Bei der Aufstellung von Schichtplänen sollen möglichst die gleichen Personen zu gemeinsamen Schichten eingeteilt werden. - 4. Schutzbekleidung:
Der Arbeitgeber wirkt darauf hin, dass bei unvermeidbaren Kontakten zu anderen Personen, bei nicht einhaltbarem Sicherheitsabstand, Mund-Nase-Bedeckungen getragen werden. Für besonders gefährdete Arbeitsbereiche ist eine Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen. - 5. Reinigung
Der Arbeitgeber stellt sicher, dass Arbeitsplatz, Arbeitsmittel und Arbeitskleidung beständig gereinigt, gelüftet und desinfiziert werden. - 6. Bereitstellung von Hygieneartikeln
Zur Reinigung der Hände sind Flüssigseife und Handtuchspender zur Verfügung zu stellen. - 7. Umgang mit Verdachtsfällen
Generell gilt - niemals krank zur Arbeit! Beschäftigte mit coronatypischen Symptomen sind aufzufordern den Betrieb zu verlassen oder zuhause zu bleiben. - 8. Kommunikation:
Der Arbeitgeber informiert seine Mitarbeiter bezüglich aller neuen Infektionsschutzmaßnahmen und weißt, beispielsweise durch Hinweisschilder, auf die Einhaltung bestimmter Hygieneregelungen hin. Er stellt eine umfassende Kommunikation im Betrieb sicher und bestimmt einheitliche Ansprechpartner. - 9. Vorsorge und Schutz von Risikogruppen:
Der Arbeitgeber bietet seinen Beschäftigten arbeitsmedizinische Vorsorge und Beratung an. Um Personen von Risikogruppen zu schützen, ergreift der Arbeitgeber gegebenenfalls erweiterte individuelle Schutzmaßnahmen für diese. - 10. Betrieblicher Pandemieplan:
Der Arbeitgeber stellt Regeln zur raschen Aufklärung von Verdachtsfällen auf. Der Arbeitgeber sorgt zudem im Rahmen des Möglichen dafür, bei bestätigten Infektionen, die Kontaktpersonen (Kunden und Mitarbeiter) der infizierten Person zu ermitteln und diese zu kontaktieren.
Arbeitssicherheit im Büro
Auch Arbeitsrechtlerin Claudia Knuth, Partnerin bei Lutz Abel Rechtsanwälte in Berlin, rät, potenzielle Gefährdungen am Arbeitsplatz zu analysieren und deren Beurteilung an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. "Die Arbeitgeber sind gut beraten, darüber nachzudenken, wie sie ihrer Fürsorgepflicht nachkommen". Die Fürsorgepflicht, als arbeitsvertragliche Nebenpflicht, besagt, dass der Arbeitgeber dafür zu sorgen hat, dass dem Arbeitnehmer während der Arbeitszeit nichts passiert.
In Zeiten von Corona und dem damit einhergehenden Social Distancing kann das laut Knuth unter anderem bedeuten: "Die meisten Unternehmen haben so weit es geht ihre Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt oder die Mitarbeiter wechseln sich in den Büros ab, so dass so wenig Menschen wie möglich im Gebäude sind." So haben Firmen einen Schichtbetrieb in Großraumbüros eingeführt oder auch die Pausenzeiten geregelt. Pausenpläne bei flexiblen Arbeitszeiten, ist das nicht ein Widerspruch in sich? Nicht aus Sicht von Arbeitsrechtlerin Knuth: "Aufgrund der Corona-Krise kann man eine vorübergehende Pausenregelung einführen, damit nicht alle Mitarbeiter gleichzeitig ihr Mittagessen genießen. Hier schlägt die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers die flexible Arbeitszeit."
Darüber hinaus sollen räumliche Veränderungen dafür sorgen, dass die Mitarbeiter die verordnete Distanz untereinander wahren, sei es durch Trennwände aus Plexiglas, Reduzierung der Stühle an Tischen oder Abstandsmarkierungen. Etliche Unternehmen lassen die Büroräume jetzt grundlegend und in kürzeren Abständen immer wieder reinigen.
Arbeitssicherheit im Homeoffice
Schwieriger gestaltet es sich für Unternehmen, ihrer Fürsorgepflicht für Mitarbeiter im Homeoffice nachzukommen. Das fängt schon bei ganz banalen Dingen an. Was tun, wenn der Mitarbeiter zuhause auf den kleinen Laptop-Bildschirm starren muss oder nur den Küchenstuhl zur Verfügung hat? In diesen Zeiten können die wenigsten Unternehmen die aus der Not entstandenen Homeoffice-Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiter abnehmen oder gar überprüfen.
"Da auf eine Gefährdungsbeurteilung dennoch nicht verzichtet werden kann", so Claudia Knuth, "sollte der Arbeitgeber zumindest mit Hilfe eines Fragebogens feststellen, ob der Homeoffice-Arbeitsplatz den arbeitsschutzrechtlichen Regelungen entspricht. Wenn der Arbeitnehmer - nach Kenntnis des Arbeitgebers - dauerhaft von zu Hause aus arbeitet, dann können auch nicht die teilweise lockereren Regelungen der Mobilarbeit herangezogen werden.
Kernthema im heimischen Büro sind aber die Arbeitszeiten. Für Claudia Knuth gilt: "Um die Gesundheit der Mitarbeiter auch im Homeoffice zu gewährleisten, kann der Arbeitgeber seine Mitarbeiter nur ermuntern: Etwa, nach zwei Stunden Bildschirmarbeit eine fünfminütige Pause einzulegen, sich auch regelmäßig zu bewegen und die Ruhezeit von elf Stunden einzuhalten. Auch Webinare über gesundes Arbeiten zuhause helfen sehr weiter."
Sollte der Gesetzgeber in Zukunft die Corona-Restriktionen lockern, bedeutet das für Unternehmen auch, dass sie ihre Fürsorgepflicht erneut neu bewerten müssen - etwa hinsichtlich Dienstreisen. "Hier empfiehlt sich in jedem Fall, den Mitarbeiter aufzuklären, wie er sich auf Reisen oder Veranstaltungen zu schützen hat." Auch die Wahl des Transportmittels müsse vielleicht neu betrachtet werden. Im Zweifelsfall sei ein Mietwagen anzuraten. Bei Mitarbeitern, die aufgrund von Vorerkrankungen der Risikogruppe angehören, solle genau überlegt werden, ob eine Dienstreise zwingend notwendig sei oder ob sich nicht ein anderer Weg finden lasse.
Sicheres Arbeiten - die Gesetzeslage
Gefährdungsbeurteilung: Nach § 5 Abs1 ArbSchG hat der Arbeitgeber durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Sie bildet die Grundlage zielgerichteter Arbeitsschutzmaßnahmen.
Arbeitszeiten im Homeoffice: Auch im Homeoffice sind die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes zu wahren. Nach sechs Stunden ist eine Pause von 30 Minuten einzulegen, täglich sind bei einer 5-Tages-Woche durchschnittlich nicht mehr als 9,6 Stunden zu arbeiten. Nach Feierabend sollten 11 Stunden Ruhezeit eingehalten werden.