5 Tipps
Wie Sie die IT durch jede Krise führen
Technologie-Spezialisten haben sich im Laufe der COVID-19-Pandemie zu einer Art "Unternehmens-Superhelden" gemausert. Sie waren maßgeblich dafür verantwortlich, die Digitalstrategien ihrer Unternehmen zu beschleunigen, um Handlungsfähigkeit zu gewährleisten. Für diese Leistung bekommen im Regelfall die Führungskräfte die Anerkennung - doch die CIOs wissen selbst, dass dieser Erfolg flüchtig sein kann und oft von fragwürdiger Stabilität ist.
Tatsächlich geben im Rahmen einer aktuellen Umfrage von Genpact und dem MIT CIO Sloan Symposium 68 Prozent der befragten CIOs an, dass ihre Abteilungen nicht in vollem Umfang darauf vorbereitet wären, eine weitere große Geschäftsunterbrechung zu überstehen. "Transformative CIOs, die die Ausrichtung der gesamten C-Suite vorantreiben und den organisatorischen Fokus auf den Aufbau von Resilienz und Innovationskraft legen, werden die Mitgestalter neuer Geschäftsmodelle und zukunftsfähiger Unternehmen sein. Firmen, deren CIOs das nicht tun, werden zu kämpfen haben", sagt Genpact-CDO Sanjay Srivastava.
Die Kollegen unserer US-Schwesterpublikation CIO.com haben mit diversen IT-Entscheidern über kritische Führungslektionen im Rahmen der Pandemie gesprochen. Diese Tipps sollten Sie beherzigen, um auf künftige Ausnahmeszenarien vorbereitet zu sein.
1. Empathisch führen
Berater fordern von CIOs schon seit einiger Zeit, ihre Soft Skills zu optimieren. Spätestens jetzt sollten IT-Entscheider vor allem Empathie beweisen und auf Kollegen, die mit gesundheitlichen, wirtschaftlichen oder anderen pandemiebedingten Problemen zu kämpfen haben, verständnisvoll zugehen, meint Howard Melnick, CIO von Signet Jewelers: "CIOs, die es gewohnt sind, ihre Organisationen fest im Griff zu haben, sollten ihre Befehls- und Kontrollhaltung ablegen."
Dieser Ansatz sollte sich kaskadenartig durch die IT-Ränge und die Produktteams nach unten ziehen. Das hat auch Melnick selbst bei seinem Unternehmen angestrebt, das im vergangenen Jahr sein "Juwelierberatungserlebnis" virtualisieren musste. Wichtig sei auch, das richtige Team aufzustellen: "Dieses Jahr war ein Jahr wie kein anderes. Ein flexibles Mindset und die Fähigkeit, mit Veränderungen umgehen zu können, sind Pflicht", sagt Melnick.
- Der Sportdirektor eines Vereins
Der Sportdirektor eines Vereins stellt den Kader zusammen und gestaltet die Spiel- und Terminpläne für Wettkämpfe und Trainings. Er instruiert Talentscouts, kauft Spieler ein und stellt Bewegungsfreiheit für erforderliche Transfers sicher. Sein Ziel: Menschen zu finden und zu binden, die die Weiterentwicklung des Unternehmens konstant antreiben. Er erweitert die Suchkriterien für die Rekrutierung, stellt Mitarbeiter mit verschiedensten Hintergründen ein und ermöglicht Familien- und altersgerechte Arbeitszeitmodelle. - Führung in der Digitalisierung
Die Studie "Die Haltung entscheidet. Neue Führungspraxis für die digitale Welt" stammt von LEAD (Mercator Capacity Building Center for Leadership & Advocacy) in Kooperation mit der Unternehmensberatung Company Companions sowie der School of Public Policy (Central European University, Budapest) und dem Center for Leadership and Values in Society (Universität St. Gallen). Die Autoren empfehlen acht Rollen als Orientierungshilfen. - Die Landschaftsgärtnerin
Die Landschaftsgärtnerin gestaltet und pflegt Grünanlagen. Sie versteht das gesamte Ökosystem und weiß, wann welche Pflanzen im Jahreszeitenwechsel an welcher Stelle ihre Wirkung entfalten und wie alles zusammenspielt. Ihr Ziel: Das Unternehmen langfristig auf zustellen, wenn Krise und Veränderung zum Normalfall geworden sind. Sie ermöglicht schnelles „Prototyping“, geht unkonventionelle Partnerschaften ein und bricht Silos mittels heterogener, cross-funktionaler Teams auf. - Die Seismologin
Die Seismologin muss wissen, wo die Erde beben könnte. Dafür analysiert sie Daten, registriert feinste Erschütterungen und erkennt Spannungen frühzeitig. Sie erliegt aber nicht der Illusion, die Zukunft genau vorhersagen zu können. Ihr Ziel: Grundlagen für gute Entscheidungen in einer unübersichtlichen Welt zu schaffen. Sie etabliert „Situation Rooms“ zur Entwicklung von Handlungsstrategien, greift über digitale Plattformen auf verborgenes Wissen zu und schult ihre Intuition als zusätzliche "Datenquelle". - Der Zen-Schüler
Der Zen-Schüler ist in Ausbildung und Vorbereitung. Er lernt, reflektiert und prüft sich selbst. Achtsamkeit, Mitgefühl und Offenheit sind seine Tugenden, er pflegt eine disziplinierte (spirituelle) Praxis. Sein Ziel: Das finden, woran er sich festhalten kann, wenn sich alle an ihm festhalten. Er nutzt Coaching- und Mentoring-Programme, schafft physische Räume für den Ausgleich und richtet den Blick nach innen. - Der DJ
Der Discjockey bringt mit seiner Musik die Menschen zum Tanzen. Er setzt einen Rahmen, der motiviert, anregt und gemeinsame Energie erzeugt. Zugleich hat er ein offenes Ohr für Anregungen und sensible Antennen für das richtige Stück im richtigen Moment. Sein Ziel: Eine Kultur der Zugewandtheit zu schaffen – aber mit dem Fokus auf Ergebnisorientierung. Dafür baut er Empathie als Führungskompetenz auf, schafft Räume, in denen Menschen gerne arbeiten, und agiert als Vorbild für Zugewandtheit und Leistungsorientierung. - Die Intendantin eines Theaters
Die Intendantin eines Theaters wählt die Stücke für die Aufführung aus. Sie entwickelt den roten Faden und prägt die gesellschaftliche Wirkungskraft ihres Hauses. Die Künstler und deren Expertise bindet sie dabei ein. Ihr Ziel: in Zeiten großer Unsicherheit und Unplanbarkeit Orientierung zu geben. Über ein „Strategy Board“ schafft sie die Voraussetzung für Richtungsentscheidungen schaffen, erhöht mittels interaktiver Beteiligungsformen die Einigkeit über die Richtung – und hat den Mut zu klaren Ansage in der Krise. - Die Trainerin
Die Trainerin leitet eine Mannschaft taktisch, technisch und konditionell an. Sie bestimmt Trainingsablauf, Mannschaftsaufstellung und Strategie. Sie muss für Misserfolge geradestehen, Erfolge lässt sie ihrem Team. Ihr Ziel: Die Mitarbeiter zu mehr Verantwortungsübernahme zu befähigen. Dafür entwickelt sie über zeitgemäße Lernformate Kompetenzen entwickeln, baut gegenseitiges Vertrauen auf und führt Anreize zur Übernahme von Verantwortung ein. - Der Blogger
Der Blogger kommentiert Geschehnisse – zugespitzt, aufrüttelnd und meist aus einer persönlichen Sichtweise. Er will die Welt verstehen, erklären und übersetzen. Er lebt vom direkten Feedback der Leser. Sein Ziel: Veränderungsbereitschaft in die DNA des Unternehmens zu schreiben. Er kaskadiert die Geschichte der Veränderung in die Firma, moderiert gemeinsame Lernprozesse und gibt sichtbare Veränderungsanstöße.
2. Beziehungen aufbauen
Ein empathischer Führungsstil beinhaltet auch, seine Mitarbeiter kennenzulernen. Mark Bilger, CIO des Mobilfunkanbieters One Call, etwa nimmt sich jeden Tag ganz bewusst Zeit für den Austausch mit Kollegen und Mitarbeitern. "Eine gute Beziehung zu meinen Mitarbeitern und Geschäftskollegen ist entscheidend für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit", ist Bilger überzeugt. Der CIO führt zudem jedes Jahr ein 30-minütiges Einzelgespräch mit jedem seiner 130 IT-Mitarbeiter. Das ermöglicht ihm, viel über das Unternehmen und sein Team zu lernen. Gleichzeitig vermittelt es den Mitarbeitern Wertschätzung und zeigt, dass das Management nicht in einem "Elfenbeinturm" sitzt.
Darüber hinaus unterhält Bilger auch eine E-Mail-Adresse für spezielle Zwecke: "Ask_The_CIO". Unter dieser Adresse kann jeder Mitarbeiter (insbesondere aus der IT) Fragen stellen oder Kommentare abgeben. "In der COVID-Ära soll das meine Politik der offenen Tür verstärken - jeder Mitarbeiter kann sich jederzeit an das Führungsteam wenden", erklärt er.
3. Storytelling aufpolieren
Um sich auf eine Präsentation vorzubereiten, bittet Workday-CIO Sheri Rhodes, um ein "Pre-Read" - also im Wesentlichen eine Zusammenfassung des geplanten Vortrags. Sie bietet solche "Pre-Reads" auch im Vorfeld von Präsentationen vor dem Vorstand an. Das soll den Teilnehmern die Möglichkeit geben, über ihre Inhalte nachzudenken.
"Es hört sich einfach an, aber es geht darum, die Geschichte zu verstehen, die man teilen möchte und den Input, den man erhalten möchte", sagt Rhodes. Sie selbst nutze dazu auch Storyboards, um ein Narrativ zu kreieren, statt auf Bulletpoints und dröge Aufzählungen zu setzen: "Wenn es gut genug ist für die Führungsebene von Amazon, ist es auch gut genug für alle anderen CIOs", fügt die CIO hinzu.
4. OKRs ausrichten
Die Geschäftsbereiche setzen gerne auf ihre eigenen Objectives and Key Results (OKRs) - was dem Business Alignment im Wege stehen kann. Bei Workday werden deshalb mehr als 80 Prozent der OKRs zwischen dem Business-Tech-Team und anderen Geschäftseinheiten, einschließlich Vertrieb, Service und Finanzen, geteilt. Das helfe dem Unternehmen dabei, zu kommunizieren, wie die Produkte mit den Zielen verknüpft sind, sagt Rhodes.
5. Strategisch verändern
Die wachsende Durchdringung aller Unternehmensbereiche mit Automatisierung führt dazu, dass nicht wenige Mitarbeiter Angst um ihren Job haben. Auf die anschließenden - und berechtigten - Fragen sollten CIOs nach Meinung von Ajay Kamble, CIO beim Industrieunternehmen Turtle & Hughes, zufriedenstellende Antworten geben können. Der CIO kennt solche Herausforderungen aus eigener Erfahrung, schließlich ist er gerade dabei, RPA zu implementieren und den Kundenservice seines Unternehmens mit Künstlicher Intelligenz zu infusionieren - und das in einer Zeit, die bei vielen Menschen geprägt ist von wirtschaftlichen Sorgen.
Um die Bedenken seiner Mitarbeiter zu zerstreuen, hat Kamble die Bedeutung dieses Wandels intern gegenüber Führungskräften, Kollegen und der Belegschaft artikuliert. Der IT-Chef informierte dazu sämtliche Stakeholder frühzeitig und regelmäßig häufig über die strategischen Vorteile der Arbeit seines Teams. außerdem holte er Feedback ein, um die Akzeptanz zu sichern und "den menschlichen Hunger nach Wertschätzung zu stillen". "Kurz gesagt: Machen Sie Change Management zum Teil Ihres Unternehmensgefüges, statt es als eine einmalige Sache für jedes Projekt zu betrachten", sagt Kamble. (fm)
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.
- Klar definieren, wer jetzt was zu tun hat
Mit dem Change geraten Zuständigkeiten und Rollen ins Fließen. Von Tag Eins an muss jeder Mitarbeiter wissen, was er jetzt im Moment zu tun hat. Bis sich das ändert und eine neue Ansage kommt. - Die Aufgaben nur skizzieren
Wer seine Mitarbeiter mitgestalten lässt, erreicht mehr. Deshalb ist es ratsam, eine grobe Skizze des Veränderungsprojektes zu zeichnen und das Team Vorschläge zur Ausarbeitung machen zu lassen, als einen schon komplett ausgereiften Plan zu präsentieren. - Die Team-Perspektive einnehmen
Wie betrifft der Change die Team-Mitglieder, was bedeutet die Initiative aus ihrer Sicht – wer diese Perspektive einnimmt, hat die Mitarbeiter auf seiner Seite. - Erfahrungen teilen
Erfahrungen teilen: Soweit möglich, sollten Mitarbeiter an konkreten Aktivitäten wie etwa Besuchen beim Kunden teilnehmen. Je näher sie den Change miterleben, umso besser. - Fragen zulassen
Fragen, die aus dem Team kommen, dürfen nie als Widerstand gelten. Ganz im Gegenteil. Ein Chef, der Fragen zulässt und sie beantwortet, kann schneller Teilverantwortungen an die Mitarbeiter übertragen. - Die Wirtschaftlichkeit darstellen
Neben viel Kommunikation mit dem Team geht es auch darum, Metriken und Kennzahlen für das Veränderungsprojekt zu entwickeln und diese deutlich zu machen. - Wissen, wo der Fokus ist
Innerhalb eines Changes ist viel Kleinteiliges zu klären und zu organisieren. Der Fokus darf darüber nicht vergessen werden. Regelmäßige Treffen müssen sich immer wieder auf diesen Fokus beziehen, eindeutige Metriken müssen deutlich machen, wo das Team gerade steht. - Teilziele updaten
Nicht jeder Meilenstein wird so zu erreichen sein wie ursprünglich geplant. Es ist daher wichtig, gemeinsam mit dem Team Teilziele regelmäßig auf den aktuellen Stand zu bringen. - Sich abstimmen
Gemeinsame Kalender für das Veränderungsprojekt und gemeinsam entwickelte Guidelines, die die Prioritäten festlegen: Das sind gute Wege, um die Arbeit der einzelnen Team-Mitglieder immer wieder aufeinander abzustimmen. - Commitment organisieren
Wer übernimmt die Verantwortung wofür und wie regelt das Team, dass diese Verantwortlichkeiten auch konkret ausgeführt werden? Solche Fragen sind gemeinsam zu klären. Die einzelnen Mitarbeiter müssen wissen, welchen Teil sie übernehmen, und sie müssen konkret formulieren können, was sie dafür von ihrem Chef brauchen. - Den Change in seine Geschichte einbinden
Das Team muss wissen, an welche früheren Punkte im Unternehmen der jetzige Change anknüpft und welche zukünftige Richtung sich damit abzeichnet.