CIO des Jahres


Women in Tech

"Wir sehen uns oft gar nicht"

26.10.2023
Karen Funk ist freie IT-Fachjournalistin und Autorin. Bis Mai 2024 war sie Redakteurin beim CIO-Magazin und der COMPUTERWOCHE (von Foundry/IDG). Zudem leitete sie 17 Jahre lang den renommierten IT-Wettbewerb CIO des Jahres. Funk setzt sich seit vielen Jahren für mehr Frauen in der IT und für digitale Bildung ein. 2024 erschien ihr Buch "Hack the world a better place: So gestalten Unternehmen die Zukunft", das sie mit Julia Freudenberg, Geschäftsführerin der Hacker School, zum Thema Corporate Volunteering geschrieben hat.
In der IT-Führung sind Frauen selten - so auch auf IT-Events. Nicht so beim CIO des Jahres 2023 - er bot eine Plattform für Vernetzung und Sichtbarkeit.
Trafen sich in der Women in Tech Networking Lounge: Christine Serrette, ITZ Bund (links) und Sandra Babylon, ITERGO.
Trafen sich in der Women in Tech Networking Lounge: Christine Serrette, ITZ Bund (links) und Sandra Babylon, ITERGO.
Foto: cio.de/Tobias Tschepe

Gleich zu Beginn war klar: Dieser CIO des Jahres ist anders als in den 20 Jahren davor. Das zeigte sich nicht nur im vielfältigen Programm, in dem erstmals auch eine Women in Tech Networking Lounge und viel ESG-Thematik dabei war, sondern auch in der Optik. Überall blitzten bunte Kleider und Sakkos auf - ein Zeichen für einen deutlich höheren Frauenanteil in der Gästeschar.

Genau um diese Sichtbarkeit ging es bei dem Format "Women in Tech Networking Lounge" am 19. Oktober 2023. Die weiblichen Gäste der zweitägigen Veranstaltungsreihe rund um den CIO des Jahres in der Motorworld in München waren eingeladen, sich zu treffen und auszutauschen.

Die Idee dazu entstand ein Jahr zuvor: Arlene Bühler, CIO der DB CargoDB Cargo, wurde als einzige Frau im Wettbewerb von 2022 mit einem Preis ausgezeichnet. Die wenigen anderen weiblichen CIOs im Raum versammelten sich um sie herum, um zu gratulieren. Sie waren sichtlich froh, andere IT-Führungsfrauen auf diese Weise zu treffen und äußerten den Wunsch, dem künftig nachzuhelfen. Denn: "Wir sehen uns oft gar nicht und verpassen uns", sagte eine CIO. Schließlich seien auf Konferenzen und Kongressen die männlichen Kollegen einfach in der Überzahl und man sehe vor lauter Anzügen die Frauen gar nicht. So könne man sich untereinander auch schlecht vernetzen. Top-500-Firmenprofil für DB Cargo AG

Arlene Bühler, DB Cargo (rechts), wurde beim CIO des Jahres 2022 mit dem Corporate Courage Award ausgezeichnet, über den sich auch CEO Sigrid Nikutta freute.
Arlene Bühler, DB Cargo (rechts), wurde beim CIO des Jahres 2022 mit dem Corporate Courage Award ausgezeichnet, über den sich auch CEO Sigrid Nikutta freute.
Foto: Tobias Tschepe/IDG

Networking für Frauen

Mit der Women in Tech Networking Lounge wurde in diesem Jahr die Plattform für Austausch und Vernetzung unter weiblichen CIOs auf der Veranstaltung geschaffen. Rund 30 Frauen folgten der Einladung ins Movie Cars Cinema in der Motorworld. Gastgeber war das CIO-Magazin mit tatkräftiger Unterstützung von Bettina Uhlich, Präsidentin des IT-Anwenderverbands VOICEVOICE, sowie Julia Watson und Carina Schöllmann von EY. Alles zu Voice auf CIO.de

In den Impulsgesprächen zum Auftakt berichtete Uhlich von der neuen Initiative "SheGoesIT", mit der Mädchen und junge Frauen ermutigt werden sollen, eine IT-Karriere ins Auge zu fassen. Wichtig für den Nachwuchs seien dabei ganz besonders die Vorbilder. Dafür müssten sich aber auch mehr Frauen in die Öffentlichkeit wagen und sich trauen, sichtbar zu sein, so die VOICE-Präsidentin. Zudem arbeite man hier auch mit der Hacker School zusammen, um schon Schülerinnen über IT-Kurse zu erreichen. Uhlich rief schließlich alle - IT-Frauen und Unternehmen insgesamt - dazu auf, sich bei SheGoesIT zu engagieren.

Auch Watson und Schöllmann setzen sich für mehr Sichtbarkeit von Frauen in der IT ein und gehen selbst voran. So erzählte Watson von ihrem Werdegang, wie sie über ihr Musikdiplom (Querflöte) und anschließendem Wirtschaftsstudium dann doch in der IT-Beratung landete. Schöllmann gab Einblicke in ihren Karriereweg zum Partner der Unternehmensberatung und gab zu, dass es ihr nicht immer leichtfalle, das Rampenlicht zu suchen, es aber wichtig sei, wenn man etwas erreichen wolle.

Den Blick auf die junge Generation gewährten schließlich die Schwestern Lena und Laura John, die sich mit ihrer Initiative ITgirls ebenfalls für mehr Sichtbarkeit von Frauen in der IT engagieren. Ihnen war aufgefallen, dass es viel zu wenig Beispiele von ITlerinnen in der Öffentlichkeit gab und sie begannen, ihr eigenes Leben in der IT nach außen zu tragen in Form von Social MediaSocial Media Posts und einer eigenen Website. Sie porträtieren zudem unterschiedliche IT-Berufsprofile mit konkreten weiblichen Role Models. Zudem werden die beiden inzwischen auch als Beraterinnen in Sachen Gender-Diversity von Unternehmen hinzugezogen. Alles zu Social Media auf CIO.de

Sichtbarkeit ist zweischneidig

Wer sichtbar ist, macht sich auch angreifbar. Darüber müsse man sich klar sein, so die beiden Schwestern. Aber laut Lena John, die gerade ihren Master in IT-Management und -Consulting macht, ernten sie nur selten negative Kommentare, "die wir aber fast nie löschen." Wie sie damit umgehen? Sie schlafen erst einmal drei Nächte drüber, um dann konstruktiv zu antworten. Lenas Tipp: "Nie sofort im Eifer des Gefechts antworten."

Welchen Tipp haben sie für diejenigen, die noch zögern, sich in den Mittelpunkt zu stellen? "Man kann sehr gut damit starten, andere sichtbar zu machen", rät Laura John, die in einem KI-Unternehmen in München arbeitet. So könne man etwa Kolleginnen intern vor anderen loben oder auch in Social Media Posts auf Erfolge von anderen Frauen hinweisen.

Glückliche Preisträgerinnen

Strahlende Gesichter beim CIO des Jahres 2023: Anne Kjaer Bathel von der ReDI School, CIO-Redakteurin Karen Funk, Gülay Stelzmüllner von der Allianz Technology und Hong Huang-Bolz von Evident (v.l.).
Strahlende Gesichter beim CIO des Jahres 2023: Anne Kjaer Bathel von der ReDI School, CIO-Redakteurin Karen Funk, Gülay Stelzmüllner von der Allianz Technology und Hong Huang-Bolz von Evident (v.l.).
Foto: cio.de/Tobias Tschepe

Nach den Impulsgesprächen fand noch ein lebhafter Austausch bei Häppchen, Popcorn und kühlen Getränken statt. Danach machten sich alle Teilnehmerinnen der Networking Lounge auf den Weg zum Höhepunkt der Veranstaltungsreihe: der feierlichen Preisverleihung zum CIO des Jahres 2023, wo so viele Frauen wie bisher noch nie ausgezeichnet wurden:

Zu den Finalistinnen gehörten zudem: Isabelle Droll (TUI Aviation), Andrea Sturmfels (Helvetia Deutschland), Christine Serrette (ITZ Bund) und Jacqueline Wild (MM Group).

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