Gehaltsverhandlung
So kommen Sie zum Wunschgehalt
Das Thema Gehaltsverhandlung füllt ganze Bücher und bringt auch Spezialisten mit jahrelanger Berufserfahrung ins Schwitzen. Heikle Fragen gibt es genug, zum Beispiel: Wie viel haben Sie in Ihrem letzten Job verdient?
Sollen Bewerber eine konkrete Summe nennen, wenn sie nach ihrem Gehaltswunsch gefragt werden? Sollen Kandidaten nach Zusatzleistungen wie Dienstwagen im Vorstellungsgespräch fragen? Wir haben die Personalverantwortlichen von Atos, Itelligence, der Software AG und Realtech um ihre Einschätzung gebeten und konkrete Tipps in Sachen Gehaltsverhandlung bekommen.
1. Wie viel haben Sie zuletzt verdient?
Nicole Mamier, Personalleiterin beim Software- und Beratungsunternehmen Realtech, empfiehlt vorbeugend zu reagieren: "Wer in der Bewerbung bereits seinen Gehaltswunsch benennt, reduziert die Wahrscheinlichkeit, konkret nach seinem letzten Verdienst gefragt zu werden." Wird man es doch, rät sie zu einer offenen und ehrlichen Antwort. Allerdings müsse man dabei keine exakte Zahl nennen. Beispielsweise wäre "Im letzten Jahr lag mein Gesamteinkommen bei etwa 75.000 Euro" als Angabe ausreichend.
Laut Jörg Bolender, Director Recruiting bei Atos Deutschland, hilft die Frage nach dem letzten Verdienst dem Unternehmen zwei Dinge zu verstehen:
Welche Verantwortung trägt der Bewerber in seinem bisherigen Job?
Schätzt der Kandidat die ausgeschriebene Position und seinen Marktwert realistisch ein?
Darum rät Bolender den Bewerbern: "Berücksichtigen Sie bei der Antwort das gesamte Paket (Zielgehalt inklusiver variabler Anteile, Firmenwagen etc.) und antworten Sie geschickt mit der Nennung Ihres Gehaltswunsches für die Position. Stapeln Sie nicht zu tief, aber pokern Sie auch nicht zu hoch."
"Natürlich ist es notwendig, dass man nicht vollkommen übertreibt oder gar aufschneiderisch antwortet", sagt Dieter Schoon, Head of Global Human Resources bei der Itelligence AG. Personalverantwortliche würden in der Regel nur eine grobe Antwort plus minus fünf bis zehn Prozent erwarten.
- Alternativen zur Gehaltserhöhung
Sicher, über Gehaltserhöhungen freut sich jeder. Aber nicht immer ist eine Gehaltserhöhung sinnvoll: - Kalte Progression
Etwa, wenn die kalte Progression zuschlägt und der Arbeitnehmer wegen der erhöhten Abgabenlast nichts mehr vom Zuschlag hat. Doch es gibt jede Menge Möglichkeiten, dem Mitarbeiter Gutes zu tun. - Einmal volltanken
Lange waren Tankgutscheine in Mode - doch die Handhabung erwies sich als zu kompliziert. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt. Inzwischen darf der Arbeitgeber seinem Angestellten Sachzuwendungen in Höhe von 50 Euro zukommen lassen - jeden Monat. - Bloß nicht auszahlen!
Auszahlen darf das Unternehmen die 50 Euro nicht - sonst wären Steuern fällig. - Selbst kochen statt Essen gehen
Besonders praktisch: Essenschecks können auch im Supermarkt eingelöst werden. - Dienstwagen
Nach wie vor heißgeliebt: der Dienstwagen. Doch nicht jeder Mitarbeiter ist schon auf einer Gehaltsstufe, die einen Dienstwagen erlaubt - und nicht jeder will einen. Zudem müssen Unternehmen oft mit ihren Mitarbeitern komplizierte Verträge schließen. Wie wäre es stattdessen ... - Dienstrad
... mit einem Dienstrad? Gerade in großen Städten ist das Rad eine umweltfreundliche und schnelle Möglichkeit, zur Arbeit und zurück zu kommen. Vorteil: Die Nutzung des Dienstrads ist privat uneingeschränkt möglich, ohne dass komplizierte Verträge geschlossen werden müssen. - Kleine Geschenke
Ein Unternehmen kann über "anlassbezogene Zuwendungen" dem Mitarbeiter etwas schenken. - Leasingverträge für Smartphones
Wenn der Arbeitgeber keine Diensthandys zur Verfügung stellt, gibt es zudem die Möglichkeit, dass der Mitarbeiter über das Unternehmen ein Smartphone least. Das gilt natürlich für allerlei Elektrogeräte, etwa ... - Tablets
... iPads und andere Tablet-Computer. Für Wartung und Reparatur ist aber der Mitarbeiter selbst zuständig - und schenken darf die Firma dem Angestellten nach Ablauf des Leasingsvertrags das Gerät auch nicht. - Die Rechnung, bitte!
Alternativ kann der Arbeitgeber sich auch an der Telefonrechnung des Mitarbeiters beteiligen. - Prepaid-Kreditkarten
Einfach mit 50 Euro jeden Monat aufladen - und der Mitarbeiter kann sie ausgeben, wofür er möchte. - Karte für den ÖPNV
Vorsicht: Zahlt der Arbeitgeber einen Zuschuss zur Monatskarte für den ÖPNV, kann er seinem Mitarbeiter die 50 Euro nicht mehr auf die Prepaid-Kreditkarte laden. Doch auch da gibt es Alternativen. - Geburtstags- oder Jubiläumsgeschenke
Drei Mal im Jahr kann das Unternehmen so im Wert von 60 Euro ein Geschenk machen. - Fast wie Bargeld
Rabatte auf die eigenen Produkte für Mitarbeiter sind bis zu 1.080 Euro im Jahr steuerfrei. - Kantinenessen
Gern genommen sind auch Zuschüsse zum Essen. Dabei gibt es viele Möglichkeiten. - Schlauer als vorher
Ein Arbeitnehmer kann auch in Weiterbildungen für seine Mitarbeiter investieren und für sie keine Steuern oder Abgaben zahlen, solange klar ist, dass die Weiterbildung direkt für den Job anwendbar ist. - Leere Kita
Ein Unternehmen kann außerdem anbieten, dem Mitarbeiter einen Zuschuss zu den Betreuungskosten für die Kinder zu leisten. Er ist ebenfalls steuer- und sozialabgabenfrei und kann das Budget einer Familie entlasten. - Gesundheit!
Auch für die Gesundheit des Mitarbeiters kann ein Unternehmen für 600 Euro im Jahr Ausgaben tätigen. - Und was ist im Alter?
Alle On-top-Leistungen werden nicht in die Rentenkasse eingezahlt. Experten gehen nicht davon aus, dass der Rentenanspruch dadurch stark beeinflusst wird. Aber eine Rechnung aufstellen, schadet auf keinen Fall.
2. Wie viel wollen Sie verdienen?
"Uns reicht in der Regel im ersten Schritt ein ungefähres Jahresgehalt, da wir erst im zweiten Vorstellungsgespräch konkret über den jeweiligen Leistungsumfang sprechen", sagt Itelligence-Personalchef Dieter Schoon. Wichtig sei auch hier, gut vorbereitet zu sein. Um den heißen Brei zu reden oder gar nicht zu antworten, wirke erst mal unvorbereitet. Falls man aber doch eine Spanne angeben möchte, sollte sich diese nicht mehr als 2.000 Euro im Jahresgehalt unterscheiden (beispielweise von 50.000 bis 52.000 Euro).
Nicole Mamier, Personalleiterin bei Realtech, rät zum Angeben einer Spanne: "Eine Spanne ist empfehlenswert. Je höher die Einkommensklasse, desto breiter darf diese auch sein. In unteren Einkommensklassen sind Spannen von 5.000 bis 10.000 Euro angemessen, in höheren Einkommensklassen können das auch mal bis zu 20.000 Euro sein", so Mamier.
Atos-Recruiting-Chef Jörg Bolender empfiehlt beim Thema Wunschverdienst: "Machen Sie das konkrete GehaltGehalt von der genauen Aufgabenbeschreibung und Verantwortung abhängig und signalisieren Sie gegebenenfalls Verhandlungsbereitschaft. Wenn es sich um ein Zielgehalt handelt, nennen Sie durchaus den fixen Anteil, den Sie zur Deckung Ihrer laufenden Kosten benötigen und zeigen Sie mit einem variablen Anteil Leistungsbereitschaft."
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3. Wie viel Spielraum haben Bewerber in einer Gehaltsverhandlung?
Bei dieser Frage sind sich die Personalexperten einig, dass der Spielraum mit der Berufserfahrung zunimmt. Bärbel Schäfer, Vice President HR bei der Software AG, nennt die folgenden Richtwerte: Demnach haben Einsteiger mit bis zu fünf Prozent kaum Spielraum bei der Gehaltsverhandlung. Anders verhält es sich bei Spezialisten und Führungskräften. Je nach Thema, Marktsituation, Bonus oder über ein variables Gehalt ist bei ihnen ein Spielraum von 20 Prozent möglich.
- Sie reden zu leise
Wie unangenehm vielen Arbeitnehmern die Gehaltsverhandlung ist, merkt man besonders an der leisen Stimme. Die Autorin Friedrichsen rät: "Treten Sie nicht als Mäuschen auf. Formulieren Sie Ihre Argumente klar und deutlich, kurz und prägnant." - Sie hören nur halb zu
Wer nach dem ersten Satz des Gegenübers bereits über seine Antwort nachdenkt, verschenkt wichtige Informationen und produziert nicht selten Missverständnisse. - Sie schauen Ihrem Gegenüber nicht in die Augen
Sie sehen während des Gesprächs zum Fenster oder gucken zu Boden? Das suggeriert mangelndes Selbstbewusstsein - oder gar Desinteresse. - Sie haben keine Agenda
Sie sind schlecht vorbereitet und haben sich kaum Gedanken über das Gespräch gemacht? Dann ist der Ausgang vorprogrammiert: Unstrukturierte Gespräche führen zu vagen Ergebnissen. - Sie haben Ihren Verhandlungspartner vorher nicht genügend informiert
Wenn Ihr Verhandlungspartner nicht weiß, worum es geht, fühlt er sich möglicherweise überrumpelt und macht im Zweifelsfall die Schotten dicht. - Sie lassen dem Gegenüber zuviel Raum
Geben Sie das Ruder nicht aus der Hand. Ergreifen Sie die Initiative, lenken Sie durch gezielte Fragen immer wieder geschickt auf Ihr Verhandlungsziel über. Achtung: Das heißt nicht, dass Sie die ganze Zeit reden sollen. Sie sollen nur die Verhandlung steuern. Das geht sogar oft besser, wenn Sie weniger reden. - Sie geben Ihre besten Argumente schon zu Beginn preis
Verschießen Sie Ihr Pulver nicht auf einmal. Spielen Sie Ihre Trümpfe nach und nach gezielt aus, halten Sie den Joker möglichst lange in der Hand. - Sie ignorieren Einwände
Versuchen Sie nicht, Zweifel zu vertuschen. Nehmen Sie Kritik des anderen besser selbst vorweg ("Sie scheinen an den Ergebnissen zu zweifeln . . . ") oder fragen Sie nach Problemen ("Was spricht gegen mein Argument?"). - Sie haben keinerlei Verhandlungsspielraum eingeplant
Sich ein Ziel zu setzen, ist oberstes Gebot jeder Verhandlung. Wer dieses Ziel jedoch stur verfolgt, muss damit rechnen, dass auch der Partner auf stur schaltet. Überlegen Sie sich vorher, auf welche Kompromisse Sie sich einlassen können und wo Ihre Schmerzgrenze liegt. - Sie sprechen "Absolutbotschaften" und "Killerphrasen" aus
Begriffe wie "jeder", "alle", "immer", "ständig", "pausenlos", "nie" und so weiter sind Gesprächskiller. Vermeiden Sie diese! - Sie verlieren die Fassung
Lassen Sie sich nicht zu barschen Äußerungen hinreißen, wenn Sie Ihr Gegenüber auf die Palme bringt. "Bist du wütend, zähl bis vier, hilft das nicht, dann explodier": Wer den Tipp von Wilhelm Busch befolgt, kommt um einen destruktiven Wutausbruch meist herum. - Der Lektüretipp
Wer sich umfassender mit dem Thema Gehaltsverhandlung befassen will, dem empfehlen wir die Lektüre des Buches "Die erfolgreiche Gehaltsverhandlung" von Heike Friedrichsen. Die Autorin gibt umfassende Tipps rund um Gehaltsgespräche für Einsteiger, Aufsteiger und Umsteiger. Das Buch ist in der Reihe "Pocket Business" bei Cornelsen erschienen und kostet 6,95 Euro (ISBN 978-3-589-23471-4).
Dieter Schoon von der Itelligence AG sagt zum Thema: "Insgesamt gilt: Es ist nicht verboten, hoch zu pokern. Allerdings sind die Personalabteilungen gut vorbereitet. Zu hohe Forderungen werden leicht als Überschätzung oder Hochmut ausgelegt." Im schlechtesten Fall erhalte man eine direkte Absage, weil das Unternehmen sich den Bewerber nicht leisten könne.
4. Dienstwagen und Co.: Sollen Bewerber danach in der Gehaltsverhandlung fragen?
Der Bewerber sollte diese Themen dann ansprechen, wenn sie ihm wichtig sind, sagt Bärbel Schäfer von der Software AG. "Eine elegante Einstiegsfrage für dieses Thema sind zum Beispiel die Sozialleistungen, die das Unternehmen bietet", rät Jörg Bolender von Atos Deutschland. Themen, die einem wichtig seien (etwa Versicherungen), sollten auf jeden Fall auch vertraglich fixiert sein.
Dieter Schoon von der itelligence AG mahnt zur Vorsicht bei zu hohen oder komplizierten Forderungen, da diese wiederum negativ aufgefasst werden könnten. "Beispielweise kann man gerne den Wunsch eines Dienstwagens äußern, aber mit der Bedingung einer bestimmten Fahrzeugklasse sollte man vorsichtig sein", so Schoon.