Innovationsmanagement
In den Mitarbeiterköpfen schlummern Milliarden
Ein Bild sagt oft mehr als tausend Worte. Das dachte sich ein Telekom-Mitarbeiter, der ein Tool entwickelte, das die Leistungsdokumentation der Außendiensttechniker vereinfacht. Bislang mussten sie alle Arbeiten in ein System eintragen und penibel dokumentieren, was genau vor Ort gemacht und welche Fehler behoben wurden. Sie mussten auch den Folgeprozess kennen und diesen durch entsprechende Dateneingabe anstoßen. Das nun entwickelte Tool, eine Art Bildkatalog, führt die Dokumentationen weitgehend automatisch aus. Über Bilder aus einem hinterlegten Katalog kann der Techniker aus einer Liste vordefinierter Leistungen die von ihm erbrachten auswählen.
3,6 Millionen Euro Prämien
Durch die Idee sparen Tausende Telekom-Außendiensttechniker erheblich Zeit bei der Dokumentation. Die Idee des Mitarbeiters hat der Telekom Einsparungen im einstelligen Millionenbereich beschert. Wie viel an den Mitarbeiter ausgeschüttet wurde, war nicht zu erfahren, um keinen Neid unter den Kollegen zu schüren. Es habe sich aber für den kreativen Mitarbeiter gelohnt.
Seit 1969 betreibt die Telekom ein betriebliches Vorschlagswesen, das seit 2008 Ideen-Management heißt. Insgesamt reichten die Beschäftigten im vergangenen Jahr 13.000 Ideen ein, fast 1000 davon wurden umgesetzt. Der Nutzen fürs Unternehmen lag bei rund 104 Millionen Euro, als Prämie schüttete die Telekom 3,6 Millionen Euro aus. Eingegeben werden die Ideen in ein Tool, in dem 40.000 Mitarbeiter angemeldet sind. Jeder dritte Telekom-Beschäftigte beteiligt sich am Ideen-Management.
Die Teilnehmer stammen querbeet aus allen Mitarbeiterschichten. Jede vierte eingereichte Idee hat einen technischen Hintergrund. Andere Vorschläge betreffen Prozesse, Organisation oder Umweltschutz.
Ideen-Management nimmt zu
Ideen-Management findet überall in Deutschlands Unternehmen statt - mit stark steigender Teilnehmerzahl. 2012 wurden gegenüber dem Vorjahr doppelt so viele Vorschläge eingereicht: pro 100 Mitarbeiter 164 Vorschläge. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Studie des Deutschen Instituts für Betriebswirtschaft, Frankfurt am Main, an der 145 Unternehmen mit rund 1,6 Millionen Beschäftigen teilnahmen. Die guten Ideen brachten den Firmen einen Nutzen im Wert von 1,15 Milliarden Euro. Jeder dritte Mitarbeiter beteiligte sich am Ideen-Management, die durchschnittlich gezahlte Prämie für jeden prämierten Vorschlag betrug 74 Euro.
Christoph Gutknecht leitet das Ideen- und Innovations-Management am Deutschen Institut für Betriebswirtschaft. Er berichtet: "Die Grundlagen für das heutige Ideen-Management legte Alfred Krupp bereits 1872 fest." Führungskräfte sollten das Ideenpotenzial der Mitarbeiter nutzen. Das war der Anfang des betrieblichen Vorschlagswesens. In den 1980er Jahren erlebte es durch den Zwang kostengünstiger Produktion eine Belebung: Kontinuierlicher Verbesserungsprozess, Lean Management und Total Quality waren damals Trends. Mit deren Einführung wurde aus dem bürokratischen Akt des betrieblichen Vorschlagswesens das Ideen-Management. Die Vorgesetzten sollten ihre Mitarbeiter motivieren, über den eigenen Zuständigkeitsbereich hinauszudenken.
Verbesserung durch Selbsthilfe und Eigeninitiative
Jedes Unternehmen ist daran interessiert, sich permanent zu verbessern. "Selbsthilfe und Eigeninitiative sind dabei die besten Möglichkeiten, weil sie von Mitarbeitern kommen und im Unternehmen daher einen breiten Konsens finden", sagt Gutknecht. Externe Berater würden viel Staub aufwirbeln, wodurch Barrieren und Ablehnung entständen. Dass sich Mitarbeiter am Ideen-Management beteiligen, begründen Arbeitspsychologen damit, dass Menschen durch Anerkennung motiviert werden.
Was die Art der Vorschläge betrifft, sieht Gutknecht einen Wandel und eine Ausweitung auf andere Branchen. Bislang waren die meisten Vorschläge technischer Natur und das Ideen-Management überwiegend auch in Hightech-Unternehmen installiert. Jetzt breitet es sich aus, und mit neuen Zielgruppen und in Branchen wie BankenBanken, HandelHandel, aber auch in Krankenhäusern und Verwaltungen reifen neue Ideen, etwa für einen schlanken Workflow. Top-Firmen der Branche Banken Top-Firmen der Branche Handel
- So entstehen innovative Ideen
Die besten Ideengeber im Unternehmen sind nicht die Führungskräfte, sondern die Mitarbeiter und die Kunden, sagt Anne M. Schüller. - 1. Ist-Analyse:
Beleuchten Sie die zu optimierende Situation beziehungsweise das zu lösende Problem aus verschiedenen Perspektiven, vor allem aber aus der Sicht des Kunden. Machen Sie dazu Kunden- und Konkurrenzbeobachtungen sowie Interviews mit Mitarbeitern und Externen. Auch Branchenfremde können sinnvolle Beiträge liefern. - 2. Ziel-Definition:
Wo wollen Sie hin, was soll am Ende des Prozesses erreicht sein? Dies muss deutlich werden, damit die Ideen-Generierung eine Richtung bekommt. Gehen Sie dabei von kundenrelevanten, differenzierenden Merkmalen aus: Was können wir für unsere Kunden besser, schneller, einfacher, billiger machen. Formulieren Sie all das schriftlich. - 3. Zusammenstellung des Teams:
Dazu gehören insbesondere die Mitarbeiter, die von der späteren Umsetzung betroffen sind. Damit minimieren Sie von vorne herein aufkommende Widerstände. Sorgen Sie für Visionäre, Querdenker, Missionare, Macher, Kundenbotschafter und Bedenkenträger im Team ebenso wie für Experten und Laien. Mischen Sie alt und jung, Männer und Frauen. Briefen Sie das Team sorgfältig. Ein geschulter Moderator kann helfen, die Prozessschritte zielgerichtet zu steuern. - 4. Ideen-Generierung:
Begeben Sie sich an einen neutralen, störungsfreien, inspirierenden Ort und setzen Sie passende Kreativitätstechniken ein. Sorgen Sie am Anfang für gute Laune und ein Kreativ-Warm-up. Zeiteinheiten von 30 bis 60 Minuten sind optimal. Hören Sie nicht zu schnell auf, in dieser frühen Phase benötigen Sie ein Maximum an Ideen. Speichern Sie alle Ideen. Und beachten Sie die drei goldenen Regeln einer Kreativ-Sitzung: - Quantität vor Qualität, Inspiration ist erwünscht - alle Teilnehmer sind gleichberechtigt, keine Hierarchie - keinerlei Kritik, weder positiver noch negativer Art - 5. Ideen-Bewertung und -Selektion:
Benutzen Sie jeweils passende Bewertungs- und Selektionstechniken, um die gefundenen Ideen zu verdichten, zu kombinieren und die Spreu vom Weizen zu trennen. Dies kann ein separates Bewertungsteam tun, dem auch Kunden angehören. Erstellen Sie eine Prioritäten-Liste, sortieren Sie nach Marktfähigkeit, Machbarkeit, Zeithorizont, Wirtschaftlichkeit und Nichtkopierbarkeit. Dabei kommt es erfahrungsgemäß zu weiteren Ideen. Am Ende dieses Prozesses verbleiben einige wenige aussichtsreiche Favoriten. Geben Sie diesen Namen und definieren Sie das weitere Vorgehen, beispielsweise in Form eines Projekts. - 6. Implementierung:
Sorgen Sie zunächst für interne Akzeptanz, vor allem bei den ‚betroffenen‘ Mitarbeitern. Dies erfolgt am besten durch Involvieren und frühzeitige, regelmäßige, offene Kommunikation. Stellen Sie die notwendigen Ressourcen bereit. Kommunizieren Sie aktiv mit dem Markt, insbesondere mit den anvisierten Zielgruppen und mit der Presse. Bringen Sie Ihre Idee beziehungsweise Innovation zügig in den Markt, und zwar zum richtigen Zeitpunkt. Experimentieren Sie und testen Sie Varianten. Lassen Sie die Kunden schließlich mitentscheiden. - 7. Kontrolle und Optimierung:
Vergleichen Sie die Ergebnisse mit Ihrer Zieldefinition. Holen Sie sich Feedback vom Kunden, hören Sie dabei auch auf die leisen Töne und die kritischen Hinweise. Optimieren Sie kontinuierlich, das heißt: Beginnen Sie diesen Prozess von vorn. Sorgen Sie für einen regelmäßigen Nachschub an unverbrauchten, außergewöhnlichen Ideen.