Agile vs. Lean vs. Klassisch
Streit um Projektmanagement-Methoden
Die Deutsche Gesellschaft für ProjektmanagementProjektmanagement beobachtet eine brancheninterne Diskussion um Begrifflichkeiten wie agile Methoden, Lean Management und klassisches Projektmanagement. Tenor dieser Diskussion: die Vertreter der jeweiligen Richtung wollen sich um ihrer selbst willen durchsetzen, statt das konkrete Projekt an vorderster Stelle zu sehen. Alles zu Projektmanagement auf CIO.de
Stefan Hagen schreibt in seinem Blog über Schattenkämpfe und Lagerbildungen. Diese skizziert er so:
Klassische Projektmanager: deduktive Planung, phasenorientiertes Vorgehen, Projektziele und Ergebnisse müssen klar definiert und vereinbart sein, Projektstrukturplan und Balkenpläne sind zentrale PM Methoden,
Lean Projektmanager: Verschwendung eliminieren, kontinuierliche Verbesserung, Erfahrungsgeleitete Entscheidungen, kürzere Durchlaufzeiten, Führung und Selbststeuerung,
Agile Projektmanager: Anwendung agiler Prinzipien, iteratives Vorgehen, kontinuierliche Kommunikation, proaktiver Umgang mit Änderungen, aktive Einbindung des Kunden.
Aus diesen Haltungen entwickelten sich dann Streitereien über die vermeintlich richtige Art, ein Projekt zu managen. Hagen fordert stattdessen einen übergreifenden Austausch von Wissen und Erfahrungen.
Sein Kollege Reinhard Wagner spricht sich für ein situativ angepasstes Projektmanagement aus. "Das macht natürlich erst mal Mühe, den Projektkontext zu analysieren und Anforderungen für das Projektmanagement abzuleiten", schreibt Wagner.
- 1. Unklare Arbeitslast
Bryan Fagman vom Anbieter Micro Focus sagt, dass viele Projekte an einem nicht klar umrissenen Arbeitsaufwand scheitern. Schleichen sich hier Unschärfen ein, leidet das ganze Projekt. Im schlimmsten Fall bleibt undefiniert, wann es überhaupt abgeschlossen ist. Fagman mahnt deshalb an, Ziele im Dialog mit den Kunden klar zu benennen. - 2. Undefinierte Erwartungen
Alle Beteiligten müssen von Beginn an wissen, welche Anforderungen ein Projekt stellt und welche Erwartungen zu erfüllen sind – sonst droht ein Fiasko. Tim Garcia, CEO des Providers Apptricity, nennt zwei entscheidende Dinge, die alle Team-Mitglieder vorab wissen sollten: was getan wird und wie man weiß, wann das Projekt abgeschlossen ist. „Ohne eine dokumentierte Vereinbarung, die Antworten auf diese beiden Fragen liefert, ist ein Projekt von Anfang an in Gefahr“, sagt Garcia. - 3. Fehlende Management-Unterstützung
Die Unterstützung aus der Firmenspitze sollte unbedingt gesichert sein. Befindet man sich dahingehend mit der Chef-Etage nicht in Einklang, mindert das die Erfolgsaussichten beträchtlich, meint Brad Clark vom Provider Daptiv. - 4. Methodik nach Schema F
Im Projekt-Management wird gemeinhin mit standardisierten Schlüsselaufgaben und Leistungen gearbeitet. Darin lauert nach Einschätzung von Robert Longley, Consultant beim Beratungshaus Intuaction, aber auch eine Gefahr. Die Standard-Ansätze seien meist auf Projekte einer bestimmten Größe ausgerichtet. Sie passen möglicherweise nicht mehr, wenn man sich an größere Projekte als in der Vergangenheit wagt. - 5. Überlastete Mitarbeiter
„Team-Mitglieder sind keine Maschinen“, sagt Dan Schoenbaum, CEO der Projekt-Management-Firma Teambox. Projekte können auch daran scheitern, dass Mitarbeiter mit Arbeit überfrachtet werden. Vermeiden lässt sich das, indem man sich vorab ein klares Bild über die Stärken der Team-Mitglieder macht und auf eine sinnvolle Verteilung der Aufgaben achtet. - 6. Ungeteiltes Herrschaftswissen
Projekte leben davon, dass Informationen nicht monopolisiert, sondern miteinander geteilt werden. Das geschieht oft dann nicht, wenn Ergebnisse erst nach langer Anlaufzeit geliefert werden müssen. Tim Garcia von Apptricity rät deshalb dazu, Projekt in kurze Phasen einzuteilen. An deren Ende sollte es jeweils Resultate geben, mit denen das ganze Team weiterarbeiten kann. - 7. Unklare Entscheidungsfindung
Im Verlauf eines Projektes sind Änderungen der ursprünglichen Roadmap oft unvermeidbar. Es sollte beim Change Management aber klar dokumentiert werden, wer wann was geändert hat und wie die neue Marschrichtung aussieht. - 8. Fehlende Software
Exel-Spreadsheets nötigen Projekt-Manager zu manuellen Korrekturen und führen oft zu Problemen bei der Status-Aktualisierung. Insofern ist es befreiend, mit Project Management Software zu arbeiten, die für automatische Updates sorgt und von lästigen manuellen Berichten entlastet. Dazu rät Brian Ahearne, CEO des Anbieters Evolphin Software. - 9. Gefahr des Ausuferns
Change Requests sind alltäglich im Projekt-Leben, aber sie haben leider oft einen unerfreulichen Nebeneffekt: den Hang, Fristen und Budget-Rahmen immer weiter auszudehnen und auf Dauer zu Demotivation und Frust auf allen Seiten zu führen. Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, sind neben klaren Zielvorgaben auch tägliches Monitoring und ein definierter Prozess für gewünschte Veränderungen sinnvoll. Das empfiehlt in jedem Fall Sandeep Anand, der beim Software-Entwicklungshaus Nagarro für Project Governance verantwortlich ist. - 10. Nicht "Nein" sagen können
Im Sinne des Unternehmens sei es manchmal nötig, Anfragen abzulehnen, sagt Markus Remark vom Provider TOA Technologies. Gut sei es deshalb zu wissen, wie man "nein" sagt. Am besten habe man für solche Fälle auch gleich eine konstruktive alternative Lösung parat. - 11. Mangelnder Zusammenhalt
Projektarbeit ist Team-Arbeit. In der Praxis gerieren sich manche Projekt-Teams aber wie in Eifersüchteleien gefangene Sportmannschaften ohne Erfolg, beobachtet Berater Gordon Veniard. Der Fokus auf das eigentliche Ziel gehe verloren. Stattdessen beschuldigen sich Grüppchen gegenseitig, für Probleme und schlechte Leistungen verantwortlich zu sein. Um das zu verhindern, ist Führung durch den Projekt-Manager gefragt. Und der sollte es verstehen, sein Team mitzunehmen und in Entscheidungen einzubinden. Ohne Kommunikation sei das Desaster programmiert, so Hilary Atkinson vom Provider Force 3. - 12. Vergessener Arbeitsalltag
Hilary Atkinson hat nach noch einen weiteren Kommunikationstipp parat: Projekt-Manager sollten nicht vergessen, ihre alltäglichen Aufgaben zu erledigen. Wer als Verantwortlicher keine Meeting-Termine verkündet, Status-Berichte vergisst und E-Mails unbeantwortet lässt, riskiert unnötige Verzögerungen. - 13. Zu häufige Meetings
Meetings, in denen der Status Quo besprochen wird, können nerven – vor allem dann, wenn sie zu oft stattfinden oder zu lange dauern. Wichtige Informationen lassen sich durch Collaboration Tools häufig besser an die Team-Mitglieder bringen, meint Liz Pearce, CEO des Providers LiquidPlanner. Ihr Tipps: Meeting auf die Entscheidungsfindung beschränken. In ihrem Unternehmen gebe es lediglich zweimal in der Woche ein Treffen, um neue Aufgaben zu verteilen und Prioritäten zu definieren. - 14. Gut genug ist nicht immer gut
Sergio Loewenberg vom IT-Beratungshaus Neoris macht Nachlässigkeiten in der Qualitätssicherung als Problem aus. Es sei günstiger, Fehler zu vermeiden anstatt Geld und Zeit ins Ausmerzen ihrer negativen Folgen stecken zu müssen. Wer auf hohe Qualitäts-Standards achte, vermeide späteres Nacharbeiten und die Gefahr eines schlechten Rufes. - 15. Nicht aus Fehlern lernen
Liz Pearce mahnt außerdem an, mit Hilfe entsprechender Tools eine mehrstündige Analyse nach Ende des Projektes durchzuführen. Nur Teams, die sich des ständigen Lernens verschreiben, seien dazu in der Lage, die Fehler der Vergangenheit in der Zukunft zu vermeiden. - 15 Fehler beim Projektmanagement
Es gibt unzählige Wege, ein IT-Projekt an die Wand zu fahren. Unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com hat 15 davon gesammelt – und verrät dankenswerterweise auch, wie man die Probleme beheben kann. Diese Tipps sind in der Bilderstrecke zu finden.
Übrigens zeigt er sich angesichts der mancherorts gehypten Agilen MethodenAgilen Methoden skeptisch. Die meisten Protagonisten dieser Spielart seien Berater mit wenig Praxis - oder mit thematisch eng begrenzten Erfahrungen, etwa nur in der Software-Entwicklung. Sein Kollege Günter Bachbauer hält "Agil" ohnehin für eine Teilmenge von "Lean". Alles zu Agile auf CIO.de
Wagners Ansicht nach gibt es weder "klassische" Methoden noch "moderne" - weil sich alle Methoden weiterentwickeln. Im konkreten Anwendungsfall würden die Ansätze ohnehin gemischt. Er fordert denn auch mehr Pluralität im Projektmanagement.
Beide Blogger scheinen mit ihren Beiträgen offene Türen einzurennen. So schreibt ein Nutzer namens Ulrich Nord: "Für meinen Geschmack betreiben wir oft planerisches und konzeptionelles Overengineering, anstatt laufend und quasi evolutionär die Wirksamkeit unseres Managements im Projekt zu prüfen."
Pragmatismus ja - aber keine faulen Kompromisse
Stefan Sack, Principal und Agile Leader bei Capgemini, betrachtet wiederum dies mit Skepsis. Grundsätzlich lehnt er einen pragmatischen Ansatz des Methoden-Mixes nicht ab - so lange das nicht zum faulen Kompromiss gerät. Das Potenzial agiler Methoden werde oft verschenkt,erklärte Sack im Juni in einer Kolumne auf CIO.de.
Ein User namens Holger Zimmermann erklärt auf pm-blog, schon das Denken in "richtig" und "falsch" verhindere sehr häufig den Erfolg von Projekten. Sinnvoller sei die Kombination der methodischen Werkzeuge verschiedener Denkschulen. "Dazu gehört es allerdings, erst einmal zu hören, zu beobachten und zu verstehen", schreibt Zimmermann.