Gartner Realitätscheck
Wie man Trends auf Tauglichkeit prüft
Ob es um Social Media-Plattformen geht oder um QR-Codes - ständig kommen neue Technologien auf den Markt, die Kunden an das Unternehmen binden sollen. Der US-Marktforscher Gartner hat ein paar Ratschläge für Entscheider parat, die die Spreu vom Weizen trennen sollen.
Auch IT-Entscheider sitzen nicht mehr im Elfenbeinturm. Gut möglich, dass ein CEO mit hochfliegenden Vorstellungen daherkommt, sobald er etwas über angebliche Innovationen im Kundenbindungs-Management gehört hat.
Gartner gibt grundsätzlich zu bedenken, dass Endverbraucher ziemlich überflutet sind. Sie werden über alle möglichen Kanäle mit Werbung und Kundenansprache konfrontiert. Marketing-Abteilungen sind daher schnell bereit, auf "neue Züge" aufzuspringen. Wenn sie bei einer Technologie First Mover sind, können sie das in vielerlei Hinsicht propagieren, beispielsweise auch, um das Unternehmen als innovativen und attraktiven Arbeitgeber darzustellen.
- Internet der Dinge
Ob Autos, Konsumgüter oder öffentliche Infrastruktur - immer mehr Dinge werden mit dem Internet verknüpft. Das Internet der Dinge stellt neue Ansprüche an Vernetzung mit traditioneller Software, was deren Lizenzen berührt. Das heißt: Lizenzkosten können in Höhen gehen, die IT-Entscheidern heute noch gar nicht bewusst sind. - App Store
Anbieter wie Apple und Google waren eigentlich immer auf Endverbraucher ausgerichtet, so Gartner. Sie bringen ein anderes Geschäftsgebaren mit als klassische Vendoren. IT-Entscheider sollten auch bedenken, dass immer mehr mobile Geräte im Firmeneinsatz sind - was immer mehr Kosten mit sich bringen kann. - Big Data
Mit der Menge an Daten wächst der Bedarf an Datenbanken und Storage. Möglicherweise muss in Sachen Service-Levels nachverhandelt werden. Mehr Daten heißt auch mehr Notwendigkeit, Qualität und Integration zu überprüfen. - BYOD
Wenn die Mitarbeiter eigene Geräte mit an den Arbeitsplatz bringen (BYOD = Bring your own device), mag mancher Finanz-Chef an Kostensparen denken. Gartner betont, dass private Handhelds am Arbeitsplatz immer auch Sicherheitsprobleme und Risiken darstellen. Das wiederum kann Kosten verursachen. Außerdem müssen mindestens Policies für den BYOD-Umgang erstellt werden, was auf jeden Fall Zeit kostet. - Virtualisierung
Nach den Erfahrungen von Gartner hat beispielsweise Desktop-Virtualisierung häufig nicht zu den erwarteten Kostensenkungen geführt. Statt dessen bereitet die Komplexität virtualisierter Umgebungen oft Probleme - die Komplexität der Verhandlungen mit den Providern übrigens auch. - Wartungsgebühren
Kein neues Thema, aber eines mit immer neuen Aspekten: Maintenance. Glaubt man Gartner, sind Software-Anbieter zunehmend auf Wartungs-Gebühren angewiesen, da sie bis zu 50 Prozent des Umsatzes ausmachen können. Sie werden also versuchen, diese zu erhöhen. IT-Entscheider sollten ihre Skills in Sachen Beschaffung optimieren. Außerdem bleibt abzuwarten, was die EU beim Thema Weiterverkauf von Lizenzen noch entscheiden wird. - Cloud Computing
Cloud Computing wird sich weiter durchsetzen. Das Thema gewinnt zunehmend an Popularität, was für CIOs mit zwei Aspekten verbunden ist: den Risiken der Cloud - und dem Risiko, dass die Fachabteilungen "an der IT vorbei" kaufen. - Software Audits
Nach Beobachtung von Gartner gewinnen Software-Audits an Schärfe. Eine Studie der Marktforscher im vierten Quartal 2012 zeigte, dass 63 Prozent der Befragten in den vergangenen zwölf Monaten mindestens ein Audit zu überstehen hatten.
Die Analysten warnen jedoch vor übereiltem Handeln. Sie raten, folgende Fragen zu klären:
Orientierung an den Firmenzielen und -programmen: Die Frage, ob neue Trends überhaupt zum Unternehmen passen, liegt nur scheinbar auf der Hand, so Gartner. Faktisch werde sie häufig gar nicht geprüft.
Die Frage der Reichweite: Aussagen nach dem Motto "Mit dieser Plattform/dieser Technologie erreichen Sie Ihre Zielgruppe" sollten hinterfragt werden. Wie viele Personen dieser Zielgruppe kann man dort treffen und zählen diese eher zu Meinungsführern oder zu Nachahmern - solche Punkte sind zu klären.
Dieser Aspekt hat außerdem eine technische Seite. Beispiel Mobile Coupons. Diese mögen beim Endverbraucher gut ankommen, Unternehmen müssen sich aber fragen, ob ihre Handelspartner Barcode-Scanning vom Smartphone unterstützen.
Beispiele aus der Praxis: Möglicherweise ist ein neu ausgerufener Trend gar nicht mehr ganz neu und es gibt bereits Beispiele, an denen sich Entscheider orientieren können. Es geht dabei nicht nur darum, sich von der Konkurrenz etwas abzuschauen, sondern auch um die Endverbraucher. Wie reagieren sie auf die neue Technologie? Deuten ihre Reaktionen darauf hin, dass sich etwas Neues durchsetzt, oder weisen sie auf einen Flop hin?
Wenn diese Punkte geklärt und für gut befunden sind, heißt das noch nicht, dass das Unternehmen loslegen kann. Denn firmenintern stehen weitere Fragen an:
Interne Ressourcen : Marketing und Firmenleitung mögen sich einig sein, dass sie einen neuen Trend umsetzen wollen. Damit stellt sich auch für die IT die Frage, ob das aus Bordmitteln zu stemmen ist. Das bezieht sich nicht nur auf Hard- und Software, sondern auch auf die Skills des Teams.
Mögliche positive Folgen : Möglich, dass der neue Trend bei Partnern und Endverbrauchern gut ankommt. In dem Fall muss das Unternehmen die Kapazitäten haben, steigende Nachfrage auch zu bedienen.
Mögliche negative Folgen: Eine neue Idee kann scheitern. Manche Entscheider halten das für eine Katastrophe, andere versuchen, daraus zu lernen. So oder so - Führungskräfte müssen sich fragen, wie viel Budget sie in eine neue Technologie mit ungewissem Ergebnis stecken wollen.
Erwartungen abklären: Der neueste Trend ist oft mit hohen Erwartungen an neue Umsätze verbunden. Im Vorfeld muss abgeklärt werden, welche Ziele realistischerweise erreicht werden können.
Unterstützung abklären: Wenn eine neue Idee den Zuschlag erhalten hat, brauchen die Ausführenden Unterstützung. Sie müssen wissen, welche Erwartungen die Firmenleitung hegt und mit welchen Ressourcen sie rechnen können.