IT-Prozesse nach ISO 20000
IT-Dienstleister komplett umgekrempelt
Rushhour im rumänischen Zementwerk: Das Beladen eines Lkw darf sechs bis sieben Minuten dauern. Dann wird gewogen, und der Fahrer holt sich den Lieferschein. Der gesamte Vorgang dauert keine zehn Minuten – normalerweise. Doch dann streikt der Drucker. Ohne Lieferschein darf der Betonlaster aber nicht vom Hof. Der Dispatcher in der Verladestation schaltet den Drucker an und aus, fährt den PC runter und wieder rauf. Der Lkw-Fahrer schimpft. Die Jungs auf dem Bau warten. Der Zementmann meldet die Störung per Mail an die Holcim Services EMEA (HSEE) in Madrid. Die Mail muss allerdings erst noch ein externer Dienstleister ins Englische übersetzen. Derweil bildet sich eine Schlange hinter dem Lkw. Ein SAP-Spezialist versucht nachzuvollziehen, was passiert ist, seit das Signal von der rumänischen Waage an den SAP-Server in den USA gesendet wurde. Nach einigem E-Mail-Pingpong zwischen Rumänien, Übersetzungsbüro und Madrid wird klar, dass der Druckertreiber sich nicht mit einem Spiel verträgt, das ein Wachmann nächtens auf den PC geladen hat.
Dieser kleine Fall beschreibt, womit sich die Holcim-IT in Europa lange herumgeärgert hat. Der Customer-Service für die 22 europäischen Niederlassungen und ihre Werke war im Jahr 2006 schlecht und teuer, die Kundenzufriedenheit im Keller. Die Ursache dafür lag ironischerweise in den Erfolgen der Holcim-IT. Wo früher die Länder ihre Infrastruktur und Applikationen selbst verantworteten, sorgen jetzt weltweit sechs Shared Service Center dafür, dass SAPSAP R/3 in der Version 4.6 C läuft. 30 Prozent der Kosten hat Holcim mit diesem zentralen Ansatz gespart. Außerdem hat die IT jedes Wachstum verkraftet: "Wir waren eine reinrassige Projektorganisation. Da hat uns keiner etwas vorgemacht", erklärt Jan Babst, seit drei Jahren Holcim-CIO für EMEA und Chef des Shared Service Center. "Leider wurde zu wenig Wert auf den Betrieb gelegt." Alles zu SAP auf CIO.de
An ISO 20.000 orientiert
Mit der KonsolidierungKonsolidierung auf ein Template verlagerte sich die Verantwortung für den Betrieb und den Support ebenfalls nach Madrid und auf die dort angesiedelte 140-köpfige Mannschaft. Allerdings passte man die Organisation nicht an die neuen Bedingungen an. Die kleinen IT-Mannschaften vor Ort berichteten an den CFO der Landesorganisation und nicht an das Shared Service Center. Eine einheitliche Steuerung (Governance) existierte genauso wenig wie ein einheitliches Incident- und Change-Management. Einen Service-katalog und nachvollziehbare Service Level Agreements suchte man ebenfalls vergebens. Alles zu Konsolidierung auf CIO.de
In der Folge eskalierte die Situation. Praktisch alle Niederlassungen meldeten nur noch Incidents mit höchster Priorität. Change-Requests stauten sich. Holcim musste auf viele externe Berater zurückgreifen, die das Serviceproblem in den Griff bekommen sollten. Das erhöhte die Kosten erheblich. Die mit der Konsolidierung erreichten Einspareffekte drohten zu versickern. "Irgendwann war klar, dass wir das Problem an der Wurzel anpacken müssen", erklärt Babst. Man beschloss, sich an der ISO-Norm 20.000 für IT-Service-Management zu orientieren.