IDC-Studie zu IIoT in Deutschland 2021
40 Prozent der Unternehmen investieren stärker
Hemmt Corona die Investitionen in größere Projekte wie etwa IoT oder IIoT und schädigt damit die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen? Diese bange Frage stellten sich in den letzten Monaten sowohl IT-Unternehmen als auch Wirtschaftsforscher. Glaubt man einer aktuellen IDC-Studie zum Thema "Industrial IoT in Deutschland 2021", so kann Entwarnung gegeben werden.
Laut der Studie wollen lediglich 17 Prozent der Befragten ihre Investitionen in IoT zurückfahren. Fast 40 Prozent wollen ihre Investitionen dagegen wegen Corona erhöhen. IDC befragte hierzu im September/Oktober 2020 - also nach dem ersten Lockdown und kurz vor dem zweiten Lockdown - rund 250 Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern.
Mit IIoT erfolgreich durch die Corona-Krise
Die Bereitschaft vieler Unternehmen, trotz oder wegen Corona mehr in Technologien wie IoT und IIoT zu investieren, ist ein Beleg dafür, dass IT von vielen Entscheidungsträgern mittlerweile als ein Instrument gesehen wird, um die Resilienz ihrer Unternehmen gegenüber Störungen von außen zu erhöhen. Insgesamt planen 59 Prozent der Befragten laut IDC neue Projekte - auch um den neuen Herausforderungen durch Corona zu begegnen.
Aktuell sehen viele Unternehmen, so die IDC-Studie, zentrale Vorteile im IIoT zur Bewältigung kurzfristiger Herausforderungen: 53 Prozent wollen Prozesse optimieren und Kosten sparen, 47 Prozent erhoffen sich bessere und schnellere Entscheidungen aufgrund genauerer Daten. Die Unterstützung von Innovationen mittels IIoT wird dagegen von 40 Prozent als Post-Corona-Herausforderung gesehen.
Eine stiefmütterliche Rolle beim Einsatz von IoT oder IIoT spielt hierzulande nach wie vor der Gedanke, die gewonnenen Daten zu monetarisieren, oder auf Product-as-a-Service-Geschäftsmodelle umzusteigen. Lediglich ein Viertel hat eine Datenmonetarisierung bereits umgesetzt oder befindet sich in der Realisierungsphase. Auch bei der in den letzten Jahren viel beschworenen As-a-Service-Idee sieht es nicht viel besser aus. Nur 22 Prozent haben dies bereits realisiert oder arbeiten daran. Anlass zur Hoffnung gibt allerdings, dass sich fast 40 Prozent der Befragten mit einer Umsetzung obiger Ideen befassen, beziehungsweise daran denken. Star unter den IoT-Geschäftsmodellen sind weiterhin Predictive und Preventive Maintenance.
Mit IIoT in die Plattform-Ökonomie
Während IIoT laut IDC-Studie kaum zu neuen Business-Modellen führt, verändert die Technologie die Wirtschaft an einem anderen Punkt: Der Trend zur IoT-Plattformvernetzung (17 Prozent nutzen diese bereits, 19 Prozent sind im Proof of Concept) führt zur Schaffung von IoT-Ökosystemen. 58 Prozent der befragten Unternehmen mit IoT-Plattformen im Einsatz haben diese für bessere Einblicke oder neue Services und Produkte bereits umfangreich oder in Pilotprojekten mit anderen IT-Systemen interner Abteilungen vernetzt.
"Großes Potenzial liegt aber auch darin, sich mit externen Partnern zu verbinden", sagt Marco Becker, Senior Consultant und Projektleiter bei IDC. "Immer mehr Wertschöpfung wird digital und in Kooperationen mit anderen Unternehmen in Ökosystemen stattfinden - zunehmend auch zwischen komplett verschiedenen Branchen. Für die Schaffung neuer, gemeinsamer datenbasierter Geschäftsmodelle haben sich immerhin schon rund 39 Prozent der Nutzer von IoT-Plattformen umfassend oder in Pilotprojekten mit externen Innovationspartnern vernetzt."
Geht es darum, wer die Anbieter dieser Plattformen sind, so sieht Becker derzeit eher Player wie Microsoft und Co. auf der IT-Seite in der Gunst der Anwender vorn. Gleichzeitig beobachtet der IDC-Consultant auch, dass etliche, vor allem größere Unternehmen auch mehrere Plattformen parallel betreiben - auf den jeweiligen Use Case zugeschnitten.
Dies verspreche zwar, so Becker, mehr Freiheit und Unabhängigkeit, berge gleichzeitig aber die Gefahr, dass neue Datensilos entstehen und der Managementaufwand beträchtlich steigt. Becker glaubt deshalb, dass sich im Zuge einer sich abzeichnenden Konsolidierung des IIoT-Plattformmarktes Anbieter mit IT- und Industrie-Know-how zusammentun werden und gemeinsame Plattformen offerieren - wie es etwa Siemens und SAP getan haben.
Edge auf dem Vormarsch
Allerdings nützt das beste plattformbasierte Ökosystem ohne Daten nichts. Um ein Teil solcher Ökosysteme zu werden, müssen Anwenderunternehmen vor allem relevante Daten erzeugen, und in der Lage sein, diese über geeignete Lösungen und Schnittstellen mit Partnern teilen und kombinieren zu können. Edge Computing ist dafür aus Sicht von IDC aktuell die vielversprechendste Technologie. Eine Meinung, die die Befragten teilen, denn rund 42 Prozent der Befragten haben Edge Computing produktiv oder in Pilotprojekten im Einsatz. Weitere 29 Prozent haben Pilotprojekte geplant.
Edge Computing ermöglicht es Unternehmen aller Branchen, relevante Daten nicht nur direkt an Endpunkten zu erfassen, sondern auch an diesen zu empfangen und zu verarbeiten. Beliebt sind beispielweise Tracking und Monitoring zur Optimierung des Asset-Einsatzes unter den befragten Fertigungsunternehmen, die Kommunikation unter Fahrzeugen im Bereich Automotive oder der Einsatz von autonomen Robotern in der Prozessfertigung bei für Menschen gefährlichen Prozessschritten, um nur einige Beispiele zu nennen.
Obwohl die Befragten mit 43 Prozent zum größten Teil kabelgebundene Verbindungen für ihre IIoT-Projekte nutzen, ist 5G der Technologiebaustein, der IIoT und insbesondere die Weiterentwicklung von Edge Computing am stärksten fördert. Insgesamt setzen momentan bereits 13 Prozent der befragten Unternehmen 5G in Projekten und Pilotprojekten ein, weitere 46 Prozent planen es. 5G kann zudem von Unternehmen lizenziert oderdank Standards wie 5G NR-U unlizenziert (außerhalb Deutschlands) genutzt werden, um ein privates Campus-Netzwerk zu realisieren. Viele Unternehmen, darunter einige DAX-Konzerne, haben bereits 5G-Frequenzen für ihre Standorte lizenziert und auch viele der Studienteilnehmer - insgesamt 66 Prozent derjenigen, die 5G einsetzen oder in der Planung sind - wollen ein privates 5G-Netz aufbauen.
Aus IoT und AI werden AIoT
Künstliche Intelligenz (KI/AI) und maschinelles Lernen (ML) sind momentan bei 49 Prozent der Befragten produktiv oder in Pilotprojekten im Einsatz. AI/ML profitiert von den Massen erzeugter Daten und leitet aus ihnen Maßnahmen und Vorhersagen ab. Für viele Anwendungsszenarien wird vor allem die Verschiebung der AI/ML-Algorithmen in die Endgeräte mithilfe von Edge Computing interessant - beispielsweise in Fahrzeuge oder Kameras und Computer-Vision-Systeme.
Rund elf Prozent der Befragten planen, in Zukunft ihre Betriebsdaten hauptsächlich direkt am Edge in AI/ML-Algorithmen zu verarbeiten. Das Internet of ThingsInternet of Things wird dadurch zum Artifical Internet of Things (AIoT), das die unternehmensweiten Entscheidungen im zentralen Rechenzentrum um dezentrale Entscheidungen in den Endgeräten ergänzt. Alles zu Internet of Things auf CIO.de