Strategien


IT-Strategien für das Unternehmen 2009

Weitsicht wagen

Die wirtschaftlich mageren Zeiten haben IT-Entscheider zu Kurzschlussreaktionen verführt. Kurzlebige Quick-Wins dominierten den Alltag, Unternehmen vernachlässigten ihre IT-Strategien. "Nach dem wirtschaftlichen Turnaround revitalisieren Firmen jetzt ihren strategischen Fokus", erkennt Gartner-Analyst Robert Mack. Die Vernunft kehrt in die Unternehmen zurück - und ein wenig Zufriedenheit.

Manchmal ist Rainer Janssens Blick getrübt. Von den Alpen ist dann keine Spur zu sehen, sie verbergen sich in dunstigem Nebel. Das Anfang Februar neu bezogene Büro des CIOs beim Versicherungskonzern Münchener Rück im obersten Stock des höchsten Hochhauses im Münchener Stadtteil Schwabing könnte bei guter Witterung als Aussichtsplattform dienen. Dann scheinen die 50 Kilometer entfernten Gipfel zum Greifen nahe, bis der nächste Nebel aufzieht.

Mit IT-Strategien verhält es sich manchmal ähnlich. Sie sind nicht immer zu sehen und sind doch da. Janßen etwa entwickelte vor sieben Jahre eine globale IT-Strategie für den Rückversicherer aus München. "Strategieentwicklung heißt: Wo will ich hin? Wie komme ich da hin?", sagt der CIO. "Wir hatten zwar die Vorstellung von einer globalen IT und Anwendungslandschaft, doch war die ferne Zukunft ungenauer und ist erst im Laufe der Jahre konkretisiert worden."

Der 50-jährige Mathematiker setzt auf Kontinuität und strahlt Zuversicht aus. Zwar befand sich die Versicherungsbranche in den vergangenen Jahren in wirtschaftlichen Turbulenzen, was zu drastischen Sparprogrammen in der IT führte. "Doch das betraf viel mehr BankenBanken und Erstversicherer als die Rückversicherer, die mit relativ wenigen Mitarbeitern einen hohen Umsatz schaffen", so Janßen. Deshalb sei auch das Thema IT-Kosten mit etwa einem Prozent vom Umsatz nicht so kriegsentscheidend gewesen wie in anderen Branchen. Glück für ihn. Denn er musste seine StrategienStrategien nicht einer Kostendirektive völlig unterordnen und lang- und gar mittelfristige Ziele opfern. Alles zu Strategien auf CIO.de Top-Firmen der Branche Banken

Nachhaltige Erfolge: Mangelware

Das ist bei vielen Unternehmen allerdings noch heute die tägliche und existenzgefährdende Praxis. In einer Online-Umfrage von CIO antworteten etwa 40 Prozent der Teilnehmer auf die Frage, wie lang ihre IT-Strategie ausgerichtet sei, mit "Weniger als ein Jahr". Und Analysten des Beratungshauses Gartner konstatieren in ihrem Jahresausblick für das Jahr 2004, dass IT-Entscheider ausschließlich ProjekteProjekte angehen, die innerhalb von sechs Monaten einen Return on Investment versprechen. "Zwar bringt das kurzfristigen Fortschritt, doch fallen einfache Ziele ganz aus dem Portfolio. Jetzt sollten Unternehmen wieder zu substanziellen Investitionen zurückkehren. Denn nur so lassen sich nachhaltigere Erfolge verbuchen", heißt es in dem Gartner-Papier. Das sieht auch der Berater der Münchener Metagroup Axel Jacobs so: "Nur mit Quick Wins ist der CIO schnell am Ende der Fahnenstange angelangt. Damit kann er sich nicht dauerhaft profilieren; ferner lässt sich so keine nachhaltige IT-Wertposition etablieren." Und Dirk Buchta, Vice President bei der Beratungsgesellschaft A.T. Kearney, setzt noch eins drauf: "Business-bezogene Anwendungen und Projekte wurden nicht mehr verfolgt, es wurden lediglich noch technische Migrationen gemacht - das Mindestmaß erhalten. Der Stellenwert der IT ist dadurch wieder gesunken. Nun herrscht wieder der Mindset: IT ist kompliziert und kostet Geld." Ist das die Praxis oder bloß eine Beraterwahrheit? Alles zu Projekte auf CIO.de

Auch wenn Paul Schwefer sich darüber im Klaren ist, dass die IT "einen wesentlichen Beitrag zur Kostenreduzierung (auch der Prozesskosten) leisten kann", stellte der CIO beim Reifen- und Bremsspezialisten Continental riskante und strategische Projekte nach hinten oder strich sie ganz. Eine neue Produktdokumentation für das 64 000-Mann-Unternehmen, die die Abwicklung in der Reifenproduktion verbessern könnte, hätte 100 Millionen Euro gekostet, und die Implementierung hätte fünf Jahre gedauert. Kostenreduktion und Effekt für das Business waren nicht bezifferbar", sagt der Reifen-CIO und stellte das Projekt zurück. "Enterprise Application Integration (EAI) lässt sich bislang nicht rechnen. Also machen wir es nicht." Schwefer strich EAI von der To-do-List.

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