Satelliten-Entwicklung
Aeolus ante portas
Aller Anfang ist schwer: Kurz nachdem der Weltraumtechnikkonzern Astrium begonnen hatte, für den Entwicklungsbereich eine schicke Eingangstür zu schaffen, war schon wieder alles vorbei. „Kaum nutzten die ersten 100 Anwender das neue Projektportal, ging das dafür zuständige Unternehmen Mesa Systems Guild in die Insolvenz", sagt Manfred Hocher, verantwortlicher Portalspezialist bei Astrium in Friedrichshafen. Das war vor knapp drei Jahren - unmittelbar nach der Fusion des französisch-britischen Unternehmens Matra Marcioni Space mit Daimler Chrysler Aerospace zu Astrium. Der Lizenz-Code, der gebraucht wurde, um das System nach dem Jahreswechsel 2000/2001 betreiben zu können, war nicht mehr zu bekommen. "Nur über das Zurückdatieren des Server-Datums konnten die wichtigsten Daten ge-rettet werden", sagt der ins Management aufgestiegene Elektrotechnikingenieur Hocher.
Wende in der Portalpolitik
Mit Bernd Rieth, der vor zwei Jahren als CIO bei Astrium einstieg, kam die Wende in der Portalpolitik. Er löste Mesa Vista, das Portal für die Produktentwicklung, endgültig ab. Nur erfahrene Anbieter kamen jetzt noch als Nachfolgekandidaten infrage: "Für drei Systeme, darunter das von Hummingbird und das von Plumtree, haben wir Testinstallationen gemacht", sagt Hocher. „Die technischen Voraussetzung: Die Portallösung sollte zu den bereits vorhandenen Integrationswerkzeugen von Tibco passen. Zudem sollten MicrosoftMicrosoft Exchange, das SAP-Framework, das Content-Management-System Panagon von Filenet und das gesamte Community Board eingebunden werden können." Die Entscheidung fiel für das englische Unternehmen Plumtree, das Gartner-Analyst Nikos Drakos der Rubrik „Pure-Play Vendors" zuordnet, also jenen Anbietern, die sich vollständig auf Portale spezialisiert haben. Auch der Mutterkonzern von Astrium, der Luft- und Raumfahrtkonzern EADS, ist Plumtree-Kunde, eine engere Anbindung damit auf lange Sicht nicht ausgeschlossen. Plumtree grenzt sich sowohl von Konkurrenten wie Computer Associates und Hummingbird ab, die auch im Bereich Wissensmanagement- und Integrationslösungen vertreten sind, also auch von Bea oder IBMIBM, deren Spezialität Gartner eher im Bereich der Application Server sieht. Alles zu IBM auf CIO.de Alles zu Microsoft auf CIO.de
Hocher startete Collaborative Engineering Environment, ein Pilotprojekt für das 8400 Mitarbeiter starke Unternehmen Astrium, im Rahmen des 250 Millionen Euro teuren Weltraumunternehmens Aeolus. Das Portal dient den Ingenieuren als Entwicklungs- und Managementplattform. So soll die Bauzeit verkürzt, die Produktion effizienter gestaltet werden. Der nach dem griechischen Gott der Winde benannte Wissenschaftssatellit Aeolus wird durch Dopplermessungen die Strömung der Luft in der Atmosphäre erkunden; die Astrium-Forscher wollen diese dann in einem dreidimensionalen Modell darstellen.
400 Mitarbeiter bereits aktiv
Jeder der bislang 400 auf dem Portal aktiven Mitarbeiter ist seit Oktober berechtigt, sich seinen Bildschirm so zu gestalten, wie er es für nützlich hält. So lässt sich beispielsweise auf der linken Seite des Fensters Aktuelles aus dem Datenmanagement auflisten, während rechts die im Requirements Engineering anfallenden Aufgaben stehen. „Das Portal erlaubt es uns, den Mitarbeitern die für sie wichtigen Informationen zu geben. Das erleichtert jedem Einzelnen die Arbeit", sagt Hocher. Auf Budgetdaten etwa haben nur die Projektleiter Zugriff, System-konfiguration und Satellitendatenbank sind dagegen Sache der Entwickler. Besonders stolz ist Hocher auf den Community-Bereich: „Die Satellitenprojekte, die Management- und Matrixorganisation erhalten je eigene Communities. In den 20 englischsprachigen arbeiten Aeolus-Wissenschaftler und verantwortliche Manager aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien zusammen", sagt Hocher. „Die Vision der Entwicklung des Satelliten aus dem Internet-Cafe ist inzwischen ein Stück weit Realität“, so der Portalspezialist. Der weltweite Zugang ist sehr wichtig, da die Fachleute oft Monate auf den Weltraumbahnhöfen in Französisch Kourou oder im russischen Baikonur verbringen.