Umfrage: Wie Firmen mit Führungskräften in der Krise umgehen
Arbeitgeber missachten Fairness
Das Ergebnis vor Steuern für das Jahr 2008 brach um rund 75 Prozent auf 942 Millionen Euro ein, 93.000 Mitarbeiter arbeiten bereits kürzer, außerhalb Deutschlands gab es Kündigungen. Doch Großprojekte wie das Entwicklungszentrum in Abstatt oder die Chipfabrik in Reutlingen stehen nicht zur Debatte. "Natürlich lässt sich Fairness nicht in Euro beziffern", sagt Professor Scholz, "aber wer sich in schwierigen Zeiten anständig verhält, ist langfristig erfolgreicher, weil die Motivation der Mitarbeiter stimmt."
Das geht allerdings nur, wenn alle mitziehen. Bei Bosch nennen sie das "Dialogkultur": Mitarbeiterbefragungen alle zwei Jahre, Bewertung von Führungskräften durch Untergebene, Gehälter werden im Markt gebenchmarkt und im Sprecherausschuss diskutiert, abweichende Meinungen sind bei Entscheidungen als "dissenting votes" ausdrücklich gewünscht. "Wir wollen nicht gängeln, die Leute sollen inhaltlich führen."
Der Wert des Anstandes
Vormache, nachmache, Akkord schaffe - die Zeiten seien auch am Band vorbei, meint Betriebsratschef Alfred Löckle. "Die Mitarbeiter sind viel besser über den Geschäftsverlauf informiert und in Entscheidungen eingebunden." Das zahlt sich aus, für beide Seiten. Als es um den Standort der neuen Fabrik für Windenergieanlagen ging, war Nürnberg im Gespräch - und das billigere Rumänien. Die Kostendifferenz reduzierten Betriebsrat und Management gemeinsam, sie ist noch da, aber viel kleiner, und Bosch hat in Nürnberg einige hundert Jobs erhalten. "Beide Seiten machten Zugeständnisse", sagt Löckle, "das war keine Pistole-auf-die Brust-Masche."
Seit Mitte 2008 ist der oberste Betriebsrat, grauer Vollbart, rote Krawatte, schwäbelnd, mit Malchow im ständigen Austausch über die Krise. Der Chefpersonaler wollte die reduzierten Arbeitszeiten gemäß Tarifvertrag, ohne Lohnausgleich. Löckle wollte möglichst früh Kurzarbeit, weil Arbeitsagentur und Konzern dann einen Großteil des entgangenen Nettos kompensieren. Harte Nachtverhandlungen, doch in "gegenseitiger Wertschätzung". Jetzt gibt es eine Rahmenvereinbarung, aber letztlich entscheidet jeder Standort selbst.
Und wo es Kurzarbeit gibt, gehen oft auch die Führungskräfte in der Fertigung früher heim, mit weniger Geld. Das Festgehalt der Manager bleibt gleich - doch geringere Boni können auch bei ihnen die Einkünfte um gut ein Viertel drücken. Das Murren darüber ist sehr verhalten, der Korpsgeist greift. "Das ist schlicht eine Frage von Solidarität und Anstand", sagt Malchow.