IT-Governance
Bei Cloud Computing droht Kontrollverlust
Unternehmen scheinen Cloud-Angebote gerne als Rettungsanker zu benutzen, wenn die hauseigene IT nur schlecht auf die Bedürfnisse des Business eingeht. So liest sich eine Untersuchung von Hauke Heier, der bei Accenture für Strategie und Transformation zuständig ist, sowie seinen Co-Autoren Hans P. Borgmann und Bouchaib Bali (beide von der ESC-Wirtschaftshochschule Rennes). Ihr Aufsatz heißt: "Cloudrise: Opportunities and Challenges for IT-Governance at the Dawn of Cloud ComputingCloud Computing." Alles zu Cloud Computing auf CIO.de
Die Autoren waren zuerst überrascht. Anders als erwartet gingen die Unternehmen eher seltener in die Cloud, bei denen die Zusammenarbeit zwischen IT und Business schon gut harmonierte. "Auf den zweiten Blick ist dies gar nicht so verwunderlich", schreiben sie dazu. Diese Firmen könnten sich eigene IT-Experimente vielleicht eher leisten.
IT-Abteilungen haben Kontrolle schon verloren
- CloudVendor Benchmark 2011
Im Folgenden liefert Experton eine Marktübersicht anhand von Kurzporträts zehn ausgewählter Anbieter. Diese basieren auf den Ergebnissen einer im Frühjahr 2011 vorgenommenen Anbieterbewertung, in der insgesamt 58 Cloud-Anbieter detailliert untersucht wurden (Studie „CloudVendor Benchmark 2011“): - Cisco
Cisco verfügt über ein breit ausgebautes Portfolio an Infrastrukturkomponenten für den Bau und Betrieb von Cloud-Rechenzentren und seit der Übernahme von WebEx über eine führende SaaS-Collaboration-Lösung. Das Joint Venture „Virtual Computing Environment Coalition (VCE)“ zusammen mit EMC und VMware bietet interessante Sourcing-Alternativen im Bereich Cloud Infrastructure. Eine Schwäche ist das fehlende IaaS-Angebot von Cisco. - Citrix
Citrix zählt mit der XenServer-Produktfamilie zu den technologisch führenden Anbietern im Cloud-Middleware-Umfeld, wenn auch auf der Marktseite die Transformation vom klassischen Virtualisierungsanbieter hin zum Cloud-Anbieter lange nicht so schnell vorangeht wie beim Konkurrenten VMware. Ein positiver Aspekt hinsichtlich der Web-Conferencing-Lösung Netviewer ist die auf deutschem Recht basierende Geschäftsbeziehung mit deutschem Gerichtsstand. - Google
Google verfolgt eine absolut klare Cloud-Strategie. So werden fast alle Produkte als Web- beziehungsweise Cloud-Service (IaaS, SaaS, PaaS) frei zugänglich angeboten und nutzungs- beziehungsweise nutzerbasiert abgerechnet. Google bietet mit seinen umgetauften„Google Apps for Business“ eine attraktive Alternative zu gängigen Collaboration- und Office-Lösungen an, die aber unter anderem aufgrund des Images von Google, des Vertriebsansatzes und des fehlenden deutschen Rechenzentrums bei (mittel-)großen Firmen noch nicht sehr erfolgreich ist. Die „App Engine“ genannte Plattform von Google richtet sich – auch aufgrund der geringen An¬passbarkeit – an einzelne Entwickler beziehungsweise kleine Unternehmen, bei denen geringe Kosten und einfache Nutzung im Vordergrund stehen. - Hewlett Packard (HP)
Als weltweiter Marktführer im Segment der x86-Industriestandard-Server behauptet HP auch im Markt für Cloud Infrastructure seine führende Rolle. Hinsichtlich HPs Utility Services, die Enterprise-Applikationen (zum Beispiel SAP) auf einer virtualisierten Plattform flexibel bereitstellen und abrechnen, hat das Unternehmen gegenüber dem vergangenen Jahr große Anstrengungen unternommen, sodass diese deutlich an Attraktivität gewonnen haben und als ausgereiftes Angebot gewertet werden können. - IBM
IBM bietet derzeit das kompletteste Cloud-Infrastrukturportfolio im Markt. Darüber hinaus steht Big Blue seit Anfang 2011 mit seiner Version einer PaaS-Plattform (IBM Smart Business Development and Test on the IBM Cloud) bereit, die aus dem Rechenzentrum in Ehningen geliefert wird. Beim Segment Großkunden ist IBM mit seinem breiten, durchgängigen Angebot aus Hardware, Middleware und Cloud-Management-Komponenten derzeit als marktführend zu betrachten, und die Cloud Services gelten als die derzeit attraktivsten Angebote am Markt. - Salesforce.com
Salesforce offeriert neben seiner ausgereiften SaaS-CRM-Lösung und der attraktiven PaaS-Plattform „Force.com“ mit „database.com“ auch ein reines IaaS-Angebot. Unter anderem arbeitet Salesforce darüber hinaus mit „Chatter“ und der Übernahme der Konferenzplattform „Dimdim“ inzwischen an der Ausweitung des Portfolios in Richtung Collaboration. Neben dem Fehlen eines deutschen/EU-Rechenzentrums ließe sich das unvollständige Portfolio kritisieren. Außerdem stellt sich die Frage, wann die vor über einem Jahr mit VMware angekündigte Enterprise Java Cloud „VMforce“ in Deutschland verfügbar sein wird. - T-Systems
Die von T-Systems „Dynamic Services“ genannten Private Cloud Services für Großunternehmen können im Umfeld des Betriebs geschäftskritischer Applikationen als eine der Pionierleistungen in diesem Umfeld gelten. Zusätzlich bietet T-Systems seinen Kunden seit Anfang 2011 auch eine IaaS-Plattform an, die in Kooperation mit dem Cloud-Management-Anbieter Zimory vorgestellt wurde. - VMware
VMware ist aufgrund seines breiten und ausgereiften Portfolios an Virtualisierungslösungen der klar dominierende Anbieter für Cloud Middleware. VMware bietet mit der „vCloudProduct Family“ nicht nur das breiteste Cloud-Management-Produktportfolio, sondern setzt hinsichtlich der Integration der einzelnen Module sowie deren technologischer Reife auch den derzeitigen Standard.
Knirscht es zwischen Business und IT schon, lassen Firmen die Experimente wohl lieber andere machen - eben Cloud-Anbieter. Zudem zeigte sich: Cloud-Anwender klagen über eine schlechte Partnerschaft von IT und Fachabteilung. Es geht sogar so weit, dass dort die Fachabteilungen gerne mal Cloud-Angebote an der IT vorbei einschalten.
Zwar belegen die Ergebnisse keinen Kontrollverlust der IT, wenn die eigene Firma IT-Services in die Wolke outsourced. Vergleicht man aber den Stand von 2009 und 2012, wie die Autoren es getan haben, wird deutlich: Damals hatte die IT oft schon längst die Kontrolle verloren. Hier handele es sich längst um ausgehölte IT-Abteilungen, so die Autoren, die vor allem die grundlegende Infrastruktur aufrecht erhielten. Es lasse sich kein verstärkter Kontrollverlust messen, wenn es kaum noch Kontrolle zu verlieren gebe.