Kommerzielle Anbieter reichen nicht
Benchmarking bei der Bahn
"Die IT ist ganz gut durchvermessen"
Böhmann hat bei Professor Krcmar habilitiert und beobachtet das Benchmarking auch an der Uni Hamburg. "Die IT ist ganz gut durchvermessen", sagt der junge Professor. Was allerdings als Forschungsfeld noch lange nicht ausgeschlachtet sei: "Da sind manchmal alle Zahlen auf Grün, aber der Kunde ist trotzdem unzufrieden." Also was tun? Böhmann findet, dass über Geschäftsprozess-Benchmarking mehr herauszufinden sei als durch das bloße Vermessen von Server-Leistungen. Genau in diese Richtung will er auch den Workshop auf der Inkop lenken: "Geschäftsprozesse - da sind zum Beispiel die Finanzdienstleister ganz vorne."
Kruse pflichtet dem bei: "Wir hatten sogar mal darüber nachgedacht, aus dem Hardware-Benchmark auszusteigen", ergänzt der Bahn-CIO: "Da können Sie nicht mehr viel dazulernen, wenn Sie einmal die Vergleichsdaten ausgewertet haben." Selbst beim Benchmarking von Services ist Kruse kritisch: "Das macht fürchterlich viel Arbeit, und wir kriegen nie mehr als 40 Seiten aus unserem Servicekatalog abgedeckt. Mehr geht nicht." Der Bahn-CIO klopft auf das 300 Seiten starke Werk, das die IT-Tochter DB Systel allen IT-Managern im Konzern angedeihen lässt. Alle Leistungspakete rund um die 1200 Anwendungen der Bahn sind darin aufgelistet. Rund 500 Anwendungen betreibt DB Systel selbst.
Die wesentlichen Pakete des Leistungskatalogs Benchmark-fähig zu machen sei schon eine Riesenanstrengung, sagt Kruse: "Wir picken uns die großen Elemente da raus. Das Kleinzeug schaffen wir nur stichprobenartig." Auf vier Mannmonate schätzt der CIO den Aufwand nur für den Voice-Benchmark. Zwei Mitarbeiter wirken direkt daran mit, zwei weitere im Hintergrund, wenn es darum geht, die Service Level Agreements und Preise mit denen der anderen 21 Firmen zu vergleichen. Viermal im Jahr treffen sich alle Beteiligten - alles ziemlich arbeitsintensiv, was die Bahn zum Voice-Benchmark beiträgt. Allerdings hat Kruse auch bisher bei allen Paketen mitmessen lassen.
Sei es da nicht sinnvoller, sich mit anderen Bahnbetreibern der Welt zu vergleichen, wo doch die Prozesse viel ähnlicher sind? Kruse verneint. Netzsteuerung in Frankreich sei zum Beispiel anders, weil alles in Pariser Kopfbahnhöfen zusammenlaufe. Japan und Kanada pflegten jeweils eine Stammstrecke mit lauter Stichstrecken. Andere Länder kommen dem deutschen Bahnnetz ebenfalls nur in Ansätzen nahe.
Böhmann hält Benchmarking innerhalb einer Branche auch überhaupt nicht für sinnvoll. Das führe nur dann zu Erkenntnissen, wenn alle Beteiligten mit offenen Karten spielen - was selten der Fall ist, wenn Mitbewerber aufeinandertreffen. Dann doch lieber bei Bekanntem bleiben: "Notes bei der MetroMetro ist schließlich das Gleiche wie Notes bei der Bahn." Das widerspricht zwar ein bisschen dem Ansatz, Prozesse zu benchmarken. Aber genau darum soll es ja gehen beim Workshop der Inkop. Böhmann und Kruse wollen von den Teilnehmern wissen, welche Bereiche sie für unterbelichtet halten. Und wo sie dann auch wirklich den Aufwand erbringen wollen, vergleichbare Daten zu erzeugen. Bei Prozessen wäre das natürlich am schönsten, macht aber verdammt viel Arbeit. Top-500-Firmenprofil für Metro