Deutsche IT
Brauchen wir ein deutsches Microsoft?
Bislang sind keine handfesten Beweise an die Öffentlichkeit gedrungen, dass fremde Staatsschnüffler deutsche Firmen ausspionieren. Allerdings ist die Zuordnung digitaler Angriffe schwierig. In einer Umfrage des Sicherheitsdienstleisters Corporate Trust unter 600 Unternehmen gaben rund 21 Prozent an, durch Spionage bereits Schäden erlitten zu haben. Immerhin 14 Prozent der Opfer gehen davon aus, dass ausländische Nachrichtendienste die Finger im Spiel hatten.
Die Forderungen nach einer deutschen IT klingen gut, gerade im Wahlkampf, und lenkt davon ab, wie wenig die Politiker derzeit gegen die Bespitzelung tun können oder wollen. Doch so einfach ist das nicht. Dagegen sprechen grundsätzliche Zweifel an der Industriepolitik, deren Erfolgsquote niedrig ist. Für jede erfolgreiche Förderung stehen mehrere misslungene ProjekteProjekte. Auch in der IT-Branche. Alles zu Projekte auf CIO.de
Keine Förderung kommt gegen Google an
In der IT-Branche gibt es bereits ein Beispiel für gescheiterte europäische Industriepolitik: 2005 kündigten Frankreich und Deutschland ein Forschungsprojekt für Suchmaschinen-Technologie namens Quaero an. Deutschland zog sich später zurück und machte unter dem Namen Theseus weiter. Bei aller sinnvollen Grundlagenforschung: "Ein deutsches GoogleGoogle war allerdings nicht dabei", kommentiert das "Wall Street Journal Deutschland" sarkastisch. Alles zu Google auf CIO.de
Ob Hardware, Software oder Internet-Dienste: Riesen wie Intel, MicrosoftMicrosoft und Google investieren riesige Summen in Forschung und Entwicklung, und sie locken die besten Ingenieure und Programmierer an. Ihr Vorsprung ist riesig - mit Steuergeld lässt er sich nicht aufholen. Alles zu Microsoft auf CIO.de
- Standards und Förderung
Die Bundesregierung achte beim Kauf von sicherheitsrelevanten IT-Produkten darauf, wer sie herstellt, erklärt Rogall-Grothe. Zudem fördere der Bund Forschungsprojekte der hiesigen Industrie zur IT-Sicherheit. Seit 2008 seien bislang insgesamt 30 Millionen Euro geflossen, dieses Programm werde fortgesetzt. Aber auch die Entwicklung von Standards und Richtlinien durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik trage dazu bei, das Innovationspotential zu stärken. - Freihändige Vergabe als Ausnahme
Es gibt Ausnahmen: Falls die Sicherheitsanforderungen es gebieten, könnten Beschaffungen über "freihändige Vergaben" erfolgen, erklärt Rogall-Grothe. "Hier wird dann vorrangig auf vertrauenswürdige und leistungsfähige nationale Hersteller zurückgegriffen." - Nichts geht ohne Ausschreibung
Einfach Produkte deutscher IT-Unternehmen kaufen - so einfach ist das allerdings nicht. Behörden und Ministerien müssen Beschaffungen ab einem bestimmten Auftragsvolumen europaweit ausschreiben. "Für die Beschaffung von Produkten im Sicherheitsbereich gelten jedoch besondere Anforderungen (Zertifizierungen oder Zulassungen), die von ausländischen Anbietern vielfach nicht erfüllt werden", teilt Cornelia Rogall-Grothe, Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik, auf Anfrage von Handelsblatt Online mit. - "Know-how bewahren"
"Wir benötigen in unserem Land eigenes IT-Know-how", sagt Cornelia Rogall-Grothe, Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik. Das gelte besonders für sensible und schutzwürdige Daten - "ganz gleich ob in Behörden, Unternehmen oder in lebenswichtigen Infrastrukturen wie Strom- und Telekommunikationsnetzen." Behörden und Unternehmen sollten daher "verstärkt vertrauenswürdige Produkte von Herstellern aus Deutschland und Europa einsetzen."
Auch vom Internet kann sich Deutschland nur schwerlich abkoppeln. "Wenn man die Forderung nach Autonomie ernst meint, müsste man ein deutsches Internet aufbauen", sagt Claudia Eckert, Professorin für IT-Sicherheit an der Technischen Universität München. Auch hier ist der Abstand riesig. Eckert hält es zwar für sinnvoll, für Bundesregierung und Behörden ein Hochsicherheitsnetz einzurichten. Aber eine komplett eigene Vernetzungsinfrastruktur zu fordern, sei "etwas blauäugig".