Mark Raskino im Interview
"CIOs müssen mehr Risiken eingehen"
Übrigens berichten mehr als 60 Prozent der Chief Data Officers derzeit nicht an den CIO, sondern häufig direkt an den CEO. Irgendwann l werden sie wohl an den Chief Information Officer berichten - aber erst dann, wenn diese Person wirklich für die Informationen zuständig ist. Der IT-Direktor, wie wir ihn heute kennen, hat nicht genug Macht, um sich gegen Torpedierungsversuche aus anderen Unternehmensbereichen durchzusetzen.
Bloße Befehlsempfänger
Chief Data Officer oder Chief Digital Officer - Wozu sind diese neuen Rollen nötig, die viele CIOs als Teil ihrer ureigensten Aufgaben sehen?
Mark Raskino: Tatsächlich glaubt die Mehrzahl der CIOs, sie könnten diese Aufgaben erledigen. Aber sie können es nicht. Denn in vielen Unternehmen sind sie bloße Befehlsempfänger. In den vergangenen zehn Jahren haben sie das gemacht, was andere ihnen aufgetragen haben, beispielsweise die IT-Kosten verringert. Zu wenige von ihnen haben wirklich starke Geschäftsideen.
Die CEOs suchen nach Möglichkeiten, wie sie mit Hilfe von Technik ihr Geschäft verändern können. Wenn ein CIO hier helfen kann, dann sollte sie das unbedingt und sofort unter Beweis stellen. Aber die meisten haben tatsächlich noch nicht darüber nachgedacht oder sich gar praktisch damit beschäftigt. Deshalb suchen die CEOs nach Chief Digital Officers, die unternehmerisch denken und die gern Risiken eingehen. Die IT ist ja vor allem gut darin, Risiken zu vermeiden.
Woher kommt die plötzliche Risikobereitschaft der Geschäftsführer und Vorstände, wenn es um den Einsatz neuer Techniken geht?
Mark Raskino: Das ist derzeit Mode. Blättern Sie durch das Wall Street Journal, und Sie finden: Tech, Tech, Tech… CEOs bewundern Unternehmen, die mit Hilfe von Technik richtig Geld machen: Google, Amazon, Facebook. Und egal, was das Unternehmen herstellt, jeder will so ein bisschen Apple-ness oder Google-ness für sich selbst. Im Augenblick ist Technologie einfach heiß, denn dort das Geld und die Macht - zumindest in unserer Gesellschaft.
- Der Investor
Mit einer Investition von 100.000 Dollar durch den Sun-Gründer Bechtolsheim beginnt die Geschichte von Google - der Investor verdient dadurch knapp zwei Milliarden. - Backrub
Die in Standford entwickelt Suchmaschine Back Rub ist Vorläufer von Googles Suche. Die Hand im Logo ist übrigens die von Larry Page - der das Foto mit einem Kopierer erstellte. - Hypermodern
Die heutigen Data Center sind weit moderner. Hier wurde eine finnische Papierfabrik an der Ostsee zum Rechenzentrum umgebaut, zur Kühlung kommt Meerwasser zum Einsatz. - Endloses Betastadium
Die erste Version der Google-Website bezeichnet Google noch als "Beta", was auch für viele weitere Projekte wie Google Mail übernommen wird. Die Suchmaschine ist aber bereits früh ein ausgereiftes Angebot. - Die Väter des Erfolgs
Serge Brin und Larry Page lernen sich in Standford kennen, sie gründen 1998 Google. Seit 4. April 2011 ist Page CEO von Google, ein Posten den er ab 2001 an Eric Schmidt abgegeben hatte. - Zwei weitere wichtige Köpfe: David Cheriton...
Der Stanford-Dozent David Cheriton vermittelt den beiden Firmengründern den Kon-takt zu Bechtolsheim und andern Investoren. Auch er ist durch die Investition in Google heute Milliardär. - ... und Eric Schmidt
Der Infomatiker und Manager Eric Schmidt kommt 2001 zu Google. Nach Stationen bei Sun als CTO und Novell als CEO übernimmt er den Posten des CEO bei Google. Am vierten April 2011 wechselt er in den Verwaltungsrat von Google. - Ab an die Börse
Der Börsengang am 19. August 2004 ist für Google ein großer Erfolg. Ende 2013 er-reicht sie erstmals einen Stand von 1000 Dollar, was einem Firmenwert von 327 Milli-arden entspricht. - Es geht nur in eine Richtung...
Seit der Gründung von Google sind Umsatz und Gewinn kontinuierlich gestiegen. Auf-fällig sind die Umsatzsteigerungen der beiden letzten Jahre, obwohl hier durch den Kauf von Motorola hohe Verlusten entstanden. - Alle wollen zu Google
Bei der Frage nach dem beliebtesten Arbeitgeber ist Google auch in Deutschland im-mer auf einem der ersten Plätze. Grund dafür ist ein Ruf als innovativer Markführer, der sich gut um seine Mitarbeiter kümmert. - Männerdomäne
Die Anzahl der Frauen bei Google ist eher gering, 70 Prozent der knapp 48.000 Ange-stellten (und 83 Prozent der Entwickler) sind männlich. Auch Minderheiten sind nur schwach vertreten, was von Google als Problem angesehen wird. - Wettbewerber Facebook
Facebook ist zwar keine Suchmaschine, die Plattform von Mark Zuckerberg hat aber eine Nutzerzahl von 1,23 Milliarden und ist als Anbieter von Werbeplatz eine echte Bedrohung für Google - sinkt doch der Stückpreis für Werbung und ist das Mobilge-schäft noch im Aufbau. - Kreativer Freiraum
Google macht immer wieder mit coolen Büro-Fotos auf sich aufmerksam, hier etwa mit einem als Iglu gestalteten Besprechungsraum. - Venedig-Feeling
Wahlweise kann eine Besprechung in einer Gondel abgehalten werden. - Die alles beherrschende Suchmaschine
Google ist als Suchmaschine Marktführer, Konkurrenten wie Bing, Yahoo und DuckDuckGo haben da wenig Chancen. Vor allem bei der Suche nach deutschen Seiten ist ihnen Google klar überlegen. - Spielchen für Zwischendurch
Die Suchmaschine bietet viele versteckte Funktionen wie „zerg rush“: Gibt man den Befehl in der Suchleiste ein, zerschießen kleine Buchstabe alle Suchtreffer auf der Website. - Immer ausgefeiltere Angebote
Eine Neuerung bei der Google-Suche ist der so genannte Knowledge Graph - sucht man beispielsweise Informationen zu einem Film, sind diese im rechten Seitenbereich zu sehen. Dabei greift Google auf fremde und eigene Quellen zurück. - Google Plus
Google Plus ist eine direkte Antwort auf Facebook, Google soll etwa tausend Angestellte auf dieses Projekt angesetzt haben. - Google Maps
Seit 2005 gibt es den Dienst Google Maps, der immer mehr Funktionen erhält. Beein-druckend sind die hoch aufgelösten Satellitenfotos, das Schwesterprodukt Google E-arth ist mittlerweile in Google Maps integriert. Interessant für Android-Nutzer: In einigen Städten werden auf Android-Geräten bereits Daten öffentlicher Verkehrsmittel angezeigt. - Das eigene Tablet
Googles Tablet Nexus 7 ist eines der erfolgreichsten Android-Tablet. Vor allem in Deutschland ist Android sehr erfolgreich und erreicht bei Smartphones bereits einen Marktanteil von über 75 Prozent. - Der ewige Kampf ums Straßenbild
Nur dank einer ganzen Flotte an Kamera-Fahrzeugen konnte Google Streetview anbieten. Das Angebot stieß aber unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes bald auf Kritik. In Österreich ist Streetview seit kurzem sogar verboten. - Google Glass
Wenig Begeisterung bei Datenschützern löst Google neues Produkt Google Glass aus. Die in den so genannten Google-X-Labs entwickelte Brille kann Informationen im Sichtfeld des Benutzers einblenden, die integrierte Kamera wird aber zum Hauptthema und sorgt für einige Verbote - unter anderem in britischen Kinos. - Die Zukunft: Ab auf die Straße
Selbstfahrende Autos sind schon länger ein Thema für Google, im Mai 2014 präsentiert das Unternehmen einen ersten Prototyp. Dank Laser-Scanner und vieler Sensoren soll es äußerst sicher sein. Laut Brin sei es schließlich Verschwendung, wenn Autos ungenutzt herumstünden. Selbstfahrende Autos könnten einfach neue Passagiere aufnehmen.
Außerdem wissen alle, dass diese Unternehmen auch eine Bedrohung darstellen. Google kann der Automobilindustrie vorschreiben, was die machen soll, und Amazon kontrolliert die Buchindustrie. Und das bringt die CEO dazu, ebenfalls etwas tun zu wollen - genau jetzt. Vor der Rezession haben sie Geld mit billigen Krediten gemacht, in der Rezession waren sie mit Überleben beschäftigt, und jetzt ist der Zeitpunkt, an dem sie ihr Geschäft grundsätzlich neu überdenken.
Risiken eingehen? - "Das ist ihr Job"
Der CIO ist also der Bedenkenträger. Aber was ist mit den tatsächlichen Risiken? Inwiefern wissen CEOs überhaupt darüber Bescheid, was da passieren könnte?
Mark Raskino: CEOs gehen jeden Tag Risiken ein. Das ist ihr Job. Und diese Risiken sind meist viel größer als diejenigen, die die IT mit sich bringt. Wenn ich der CEO einer Fluggesellschaft bin und einen Konkurrenten übernehme, lege ich Hunderte von Millionen von Dollars oder Euros auf den Tisch - bei üblicherweise geringen Margen und großen Beschäftigtenzahlen, wie sie in der Luftfahrtindustrie gang und gäbe sind. Baue ich hier Mist, zerstöre ich Hunderte oder Tausende von Lebensentwürfen meiner Mitmenschen. Das nenne ich ein Risiko.
Wenn der CIO von Gefahren spricht, sind die aus seiner Perspektive sicher schwerwiegend, aber das muss man in Relation zum Gesamtunternehmen sehen. Und was der CIO ein Risiko nennt, registriert der CEO oft nicht einmal. Deshalb gilt der CIO als überängstlich, risikoscheu und perfektionistisch. Gut, um die Ordnung zu erhalten, nicht gut, um neues Geschäft zu gewinnen.
Die Investitionen in Technologie steigen, die IT-Budgets stagnieren. Wie passt das zusammen?
Mark Raskino: Im Durchschnitt berichten 60 Prozent der CIOs nicht direkt an den CEO - und zwar schon seit Jahren. Das heißt: Geschäftsführer oder Vorstände finden es offenbar nicht wichtig, dass sie sich direkt mit dem CIO austauschen können.
Die Technologie-Investitionen nehmen zwar rapide zu - aber meist außerhalb des IT-Bereichs. Und an dieser Situation tragen die CIOs teilweise selbst die Schuld: Jedes Mal, wenn ein CIO sagen: Diese Embedded-Technologie oder diese Website liegt nicht in der Verantwortung der IT, schwächt er sich selbst. Er weist genau das von sich, was für das Unternehmen den größten Unterschied macht.
- Die Top 10 Trends 2015 von Gartner
Traditionelle Business-Jobs werden durch Digital Worker ersetzt. Gartner stellt zehn Prognosen für IT-Organisationen und Anwender für die kommenden Jahre vor. Die zehn Punkte sind folgende: - 1. Punkt
2018 braucht die digitalisierte Arbeitswelt 50 Prozent weniger klassische Geschäftsprozess-Experten und dafür 500 Prozent mehr Kandidaten für digitale Schlüsselpositionen. - 3. Punkt
Intelligente Maschinen und industrialisierte Services werden die Total Costs of Ownership geschäftlicher Abläufe bis 2018 um 30 Prozent senken. - 4. Punkt
Bis 2020 steigern Wearable Devices zu Gesundheitsfragen die Lebenserwartung in den Industrienationen um weitere sechs Monate. - 5. Punkt
Ende 2016 kaufen mobile digitale Assistenten für mehr als zwei Milliarden US-Dollar online ein. - 6. Punkt
Die Hälfte des digitalen Handels wird in den USA 2017 mobil ablaufen. - 7. Punkt
Erfolgreiche digitale Geschäftsmodelle basieren 2017 zu 70 Prozent auf vorsätzlich instabilen Prozessen. - 8. Punkt
Die Hälfte der Investitionen in Produkte bezieht sich 2017 auf Kundenerfahrungen mit bisherigen Produkten. - 9. Punkt
Fast jeder fünfte Anbieter dauerhafter Güter stellt 2017 mit 3D-Druck personalisierte Waren her. - 10. Punkt
2020 steigern Händler, die ihre Zielgruppenansprache mittels IPS (Internal Positioning Systems) verbessern, ihre Absätze um fünf Prozent.