René Obermann
Cloud Computing braucht offene Standards
Telekom-Chef René Obermann hat einheitliche offene Standards für den Wachstumsmarkt Cloud Computing gefordert. Die Richtlinien zum Datenschutz müssten international angeglichen werden, sagte Obermann bei einer Branchenkonferenz am Mittwoch in Köln. Die Dienste müssten offene Schnittstellen haben, damit Kunden problemlos einen Anbieter wechseln könnten.
Unter Cloud Computing versteht man die Bereitstellung von Software und Rechenleistung aus dem Netz (der "Wolke"). "Gewünscht sind flexible Systeme, einzusetzen je nach Auftragslage, zu bezahlen je nach Bedarf - fast so einfach wie der Strom aus der Steckdose", beschrieb es Obermann. Das Geschäft wächst schnell und hat enormes Potenzial: Schätzungen zufolge könnten die Umsätze mit Cloud-Diensten in vier Jahren 55 Milliarden Dollar erreichen.
Microsoft-Chef Steve Ballmer betonte, aus seiner Sicht führe am Wechsel der IT-Infrastruktur zum Cloud Computing kein Weg mehr vorbei. "Die Cloud ist unausweichlich", verkündete er in Köln. "Cloud Computing wird den IT-Markt grundsätzlich verändern." Die Frage sei nur noch, wie schnell das passieren werde.
"Wir stehen erst am Anfang", betonte Ballmer. Er sage aber den Kunden: "Jetzt ist die Zeit, auf den Zug aufzuspringen." Ab 2012 würden mehr als 90 Prozent der Microsoft-Entwickler an Anwendungen und Technologien für die Cloud arbeiten. Zugleich bereite er seine Kunden darauf vor, dass beim Cloud Computing nicht immer alles reibungslos laufen werde: "Solange es da draußen böse Jungs gibt, wird es auch Probleme geben."
Tatsächlich gibt es viele Fragen und Unsicherheiten bei den potenziellen Nutzern. Eine Schlüssel-Voraussetzung für Cloud Computing sei eine robuste Infrastruktur, betonte Telekom-Chef Obermann. "Am Ende ist für den Erfolg von Cloud Computing vor allem entscheidend, ob und dass die IT in der Wolke funktioniert. Und zwar rund um die Uhr."
Vor allem Firmen, die geschäftskritische Anwendungen aus der Cloud beziehen wollen, verlangten nach Rechtsicherheit und garantierten Standards für Qualität und Stabilität, sagte Obermann. Das gelte gerade für die Datensicherheit: "Den 'Worst Case' haben alle schnell vor Augen: Kompletter Datenverlust oder vertrauliche Informationen, die in falsche Hände geraten."
Die strengen deutschen Bestimmungen zum Datenschutz seien ein Standortvorteil für die "Cloud Made in Germany", warb Obermann. Auch Microsoft glaube, dass Deutschland eine der führenden Nationen bei der Entwicklung und Anwendung von Cloud Computing sein werde, schmeichelte Ballmer den Gastgebern.
IBM-Deutschlandchef Martin Jetter betonte in der anschließenden Podiumsdiskussion, die speziellen deutschen Regelungen dürften nicht dazu führen, dass sich Deutschland vom globalen Markt für Cloud-Dienstleistungen abkopple. Dem IT-Verband BITKOM zufolge, der die Kölner Konferenz veranstaltete, wird das Geschäft mit Cloud-Diensten in Deutschland von 1,14 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 6,5 Milliarden Euro 2014 wachsen.
Ein wichtiger Faktor für den Erfolg der Netz-Dienste sei die Integration in bestehende Systeme, sagte Obermann. Die Cloud-Applikationen seien zunächst ein Fremdkörper in zum Teil über Jahrzehnte gewachsenen IT-Landschaften. Daher müssten sie zu den bestehenden Systemen kompatibel sein oder zumindest einfach integriert werden können - "damit die versprochenen Kostenvorteile nicht durch die Einbindung in die heimische IT aufgefressen werden." (dpa/tc)