Cybersoldaten im Krieg 4.0

Cyberarmee der Bundeswehr nimmt Gestalt an

29.06.2017
Die Cybersoldaten der Bundeswehr fahren die Rechner hoch. 13500 IT-Soldaten gehören der neuen Einheit ab Juli an. Sie kämpfen nicht gegen Panzer, Soldaten und Schiffe, sondern gegen unsichtbare Feinde.
Eine Armee zu Lande, zu Wasser, in der Luft - und nun auch im Internet.
Eine Armee zu Lande, zu Wasser, in der Luft - und nun auch im Internet.
Foto: Bundeswehr/Jane Schmidt

Die Cyberarmee der Bundeswehr erlangt ab Juli ihre vorläufige Schlagkraft. Mehr als 13000 Soldaten werden dann offiziell der neuen Truppe unterstellt. Die IT-Krieger sollen Deutschland im Schlachtfeld Internet verteidigen - sie können aber auch angreifen.

Was steckt hinter der neuen Cybertruppe?

Bei der Cyber-AbwehrCyber-Abwehr hinkt Deutschland den USA, China und Russland hinterher. Die Bundeswehr will sich damit für das Schlachtfeld der Zukunft rüsten. Die neue Organisationseinheit Cyber- und Informationsraum steht auf einer Ebene mit Heer, Marine und Luftwaffe. Das Heer aus Hackern soll künftig die Waffen- und IT-Systeme der Truppe schützen. Die Cyber-Streitkraft gilt als Lieblingsprojekt der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Sie reagiert damit auf zunehmende Attacken auf die Netze der Truppe. Alles zu Security auf CIO.de

Wie gefährlich sind die Bedrohungen auf dem Cyberschlachtfeld?

Cyberangriffe auf die Bundeswehr sind nach Einschätzung des Verteidigungsministeriums längst keine Fiktion mehr, sondern bittere Realität. Allein 280000 Attacken zählten die Streitkräfte in den ersten beiden Monaten dieses Jahres. Das Thema wird nach Ansicht von von der Leyen die nächste Dekade beherrschen. Das zeigt auch die hybride Kriegsführung in der Ostukraine oder Fake-News-Angriffe auf die deutschen Soldaten in Litauen. Aber auch die Systeme und die Infrastruktur der Truppe sind verwundbar: Der Eurofighter allein hat 80 Computer und 100 Kilometer Kabel an Bord. Die zunehmende Vernetzung macht die Truppe angreifbar. Die Abwehr von Angriffen wie die aktuelle Attacke mit einer Erpressungssoftware auf Firmen weltweit fallen aber weiter in die Zuständigkeit des Innenministeriums.

Sind die IT-Soldaten schon voll einsatzfähig?

Noch nicht ganz. Von der Leyen gab den Startschuss für das Cyber-Kommando bereits im April. Am 1. Juli werden der neuen Organisationseinheit offiziell 13500 Soldaten und zivile Kräfte unterstellt. Dafür werden verschiedene Bereiche zusammengelegt, etwa das Militärische Nachrichtenwesen oder das Geoinformationswesen. Die Bundeswehr bündelt einfach bereits vorhandene IT-Strukturen, für die Soldaten ändert sich erstmal wenig - außer, dass sie einem neuen Chef unterstellt sind: Generalleutnant Ludwig Leinhos ist der erste Inspekteur der Cyber-Streitkraft. Er gilt als Experte für elektronische Kampfführung. Voll einsatzbereit soll die Truppe aber erst 2021 sein - dann mit 15000 Soldaten und zivilen Kräften.

Darf die Truppe nur abwehren, oder auch angreifen?

Ja, auch wenn die Bundeswehr darüber nur ungern redet: Auch Cyber-Attacken gehören klar zu den Fähigkeiten der neuen Armee. Die Bundeswehr übt aber seit Jahren Cyber-Attacken in einer geheim agierenden Einheit in Rheinbach bei Bonn. Diese knapp 80 Mann starke Einheit soll bis 2021 auf 200 Mann aufgestockt werden. Die IT-Soldaten könnten etwa in einem Auslandseinsatz Kommunikationskanäle des Gegners stören, um ihn zu isolieren. Die Opposition kritisiert eine unklare Rechtslage, was die parlamentarische Kontrolle angeht. Denn das Eindringen ins Datennetz eines Gegners müsste - wie Einsätze mit Jets, Schiffen und Panzern auch - vom Bundestag genehmigt werden. "In dem Moment, wo wir aktiv eingreifen wollen, geht das nur unter parlamentarischem Vorbehalt", sagt ein Sprecher des Ministeriums.

IT-Experten sind heißt begeht. Wie kommt die Truppe an den Nachwuchs?

Die Bundeswehr konkurriert im Kampf um die Nerds mit der freien Wirtschaft. Bereits 2016 seien 60 Prozent mehr Informatiker eingestellt worden als im Vorjahr, heißt es aus dem Verteidigungsministerium. 1330 Bewerbungen gingen im IT-Bereich im ersten Quartal 2017 ein, im Gesamtjahr 2016 waren es gut 3000. Die Bundeswehr braucht trotzdem händeringend noch mehr IT-Fachkräfte. Deshalb will die Truppe auch selbst ausbilden. Von der Leyen eröffnete erst vor einer Woche ein neues Cyber-Zentrum auf dem Gelände der Bundeswehr-Universität in Neubiberg bei München - inklusive eines neuen Master-Studiengangs, der im Januar 2018 mit zunächst 70 Studierenden starten soll. (dpa/rs)

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