Neue Rechenmodelle über den Nutzen der IT
Dem wahren Wert auf der Spur
Sie zeichnen sich durch Klarheit und Transparenz aus und können nach bewährten Methoden vermessen werden: Diamanten und IT sind sich in einigem ähnlich. In einem Punkt nicht: Während es für die Edelsteine den Hohen Rat für Diamanten im niederländischen Amsterdam gibt, der den Wert jedes einzelnen Edelsteins exakt bestimmen kann, gibt es Vergleichbares für die IT noch nicht. An einer "superkomplexen Formel für die IT" hätte niemand ein Interesse - außer Mathematikprofessoren, unkt Ex-CIO Peter Sany.
Dennoch: Entsprechende Ansätze existieren bereits. Sie stammen aus Forschungseinrichtungen oder Beratungshäusern und tragen Namen wie IT Evaluation Management (Fraunhofer-Institut für Software und Systemtechnik), Netto-IT-Aufwand (Beratungshaus Accenture) und Business Impact Management of IT (Universität Gießen). "Die Praxis ruft danach", stellt Peter Kleinschmidt fest, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik an der Universität in Passau. "Wir müssen was tun - und zwar nicht orientiert an Modellen, die IT ausschließlich unter Effizienzgesichtspunkten wie etwa Kennzahlen oder der Balanced Scorecard beurteilen, sondern am qualitativen Wert." Das ist nicht trivial.
Das Beratungshaus Accenture hat unter Mitwirkung von Kleinschmidt als einer der Ersten ein Konzept entwickelt, das Unternehmen wie Siemens und BMW bereits eingehend diskutieren. Die Grundaussage: Unternehmen sollten sich von der Betrachtung der IT-Ausgaben als Anteil vom Umsatz des Gesamtunternehmens trennen und stattdessen den Netto-ITAufwand berechnen. Hier fließen sowohl die Kosten für den Betrieb als auch jene für die Investitionen in IT hinein. "In den Investitionen steckt das Innovationspotenzial des Unternehmens", sagt Kleinschmidt, der von operativer Anregung spricht - sogar für unternehmenskritische Anwendungen.
Mehr Investitionen schaffen Mehrwert
Das Accenture-Konzept, das aus den Ergebnissen der Studie "Unternehmenserfolg durch IT" (2003) entwickelt wurde, weist nach, dass ein Unternehmen mit einem guten 2:3-Verhältnis der IT-Investitionen zu den IT-Betriebsausgaben für das Geschäft mehr Wert schafft als ein Vergleichskandidat mit relativ magerem 1:4-Verhältnis - also einen höheren "Net Present Value" aufweist und somit mehr Wert für die IT schafft. Ein Unternehmen beispielsweise, das fünf Prozent des Umsatzes für die IT und vier von zehn Euro für Investitionen ausgab, hat derart viel neuen Wert geschaffen, dass sich der Prozentsatz für den Netto-IT-Aufwand auf 1,3 reduzierte. "Grundlage hierfür ist die Kombination aus verfügbarem Investitionsbudget und Anwendung von Best Practice in der Projektauswahl und -durchführung, so Accenture-Partner Bernhard Holtschke, der die Methode gemeinsam mit seinem Kollegen Andreas Pfeifer entwickelte. Der für die Firma neu geschaffene Wert reduziert das absolute Budget, das ein Unternehmen anteilig für die IT bereitstellen muss. Ein Vergleichsunternehmen, das 4,5 Prozent des Umsatzes für seine IT , aber nur zwei von zehn Euro für Investitionen ausgegeben hat, schuf deutlich weniger Neuwert, sodass sich ein erheblich höherer Netto-IT-Aufwand von 3,6 Prozent einstellte.
Trotz der überzeugenden Zahlen hält Jörg-Olaf Holmer, beim Münchener Autobauer BMW für IT-Strategie, Planung und Steuerung tätig, die Implementierbarkeit des Modells für sehr schwierig. "Für die Gesamt-IT ist es noch nicht so relevant", sagt Holmer, dem zwar wichtig ist, den Wertbeitrag der IT kommunizierbar zu machen, der aber im Accenture-Konzept den zweiten Schritt sieht. Der erste, so Holmer, sei zunächst, für alle Bereiche den Wertbeitrag der IT zu den Zielen des Unternehmens möglichst vollständig bewusst zu machen. Ein weiteres Hindernis: "Für viele IT-Vorhaben, etwa im CRM-Bereich, ist die direkte Auswirkung auf das Unternehmensergebnis nicht darstellbar", meint Holmer, "die Auswirkung der Vorhaben ist zwar beschreibbar, aber nicht immer monetär. Alltag in der IT-Steuerung von BMW ist bisher, in Busines Cases den Kapitalwert und die Rendite jedes neuen Projektes mit IT-Anteil zu beziffern. "Das lässt sich aber nicht isoliert für den IT-Anteil darstellen", so Holmer, "der Nutzen ist daher immer nur qualitativ darzustellen."