Neue Rechenmodelle über den Nutzen der IT

Dem wahren Wert auf der Spur

Das Ende kam vor dem Feinschliff

Wie kompliziert ein gangbares Modell für die Praxis ist, musste Axel Schwickert gerade schmerzhaft erfahren. Kurz bevor der Leiter des BWL- und Wirtschaftsinformatik-Lehrstuhls der Uni Gießen seinem Whitepaper zum "Business Impact Management of IT" den Feinschliff geben wollte, traf er sich mit Praktikern auf einem Euroforum-Seminar. Einen Tag später stampfte Schwickert sein Konzept wieder ein. Schwickert, der im ersten Schritt unter anderem über das Systemmanagement-Tool IBMIBM Tivoli die IT-Komponenten im Unternehmen überwachen wollte, kam zu dem Schluss, dass "Monitoring den CIO in Hinsicht auf den IT-Wertbeitrag keinen Millimeter weiterbringt". Anstatt den Wert "bottom up" zu bestimmen, ist sich Schwickert nun sicher, dass der "Top down"-Ansatz richtig ist. "Uns ist also zunächst egal, welche Zugriffszeiten und Downtimes ein Hardwareteil hat", so Schwickert, "jetzt steht die Frage 'Was brauchen wir an IT-Ressourcen - auf der Basis welcher Geschäftsprozesse?' im Mittelpunkt." Nur so stelle sich schnell heraus, welche Ressourcen falsch gewichtet und nie optimiert worden seien. Alles zu IBM auf CIO.de

Schwickerts Ziel ist, ein Gesamt-Wert-Urteil für die IT zu bestimmen - einen Qualitätsmaßstab zu entwickeln. "Das monetäre Plus ist nicht bezifferbar", sagt Schwickert. Das Problem sieht er darin, dass Messmethoden wie Performance Measurement über das Instrument Balanced Scorecard nur Sinn machen, wenn gleiche Geschäftprozesse im selben Umfeld betrachtet würden, was praktisch nie der Fall ist. "Es gibt keinen fixen Punkt, nur Variablen", so Schwickert. Zudem ließen sich diese über Performance ManagementPerformance Management (Measurement) nicht steuern. Schwickerts neuer Ansatz: Er ermittelt den Erfüllungsgrad von IT-gestützten Prozessen und die Abhängigkeit von IT. Im Erfüllungsgrad fließen Werturteile zu einzelnen Prozessen ein, aus denen zuletzt das Gesamt-Wert-Urteil gefällt wird. Klar ist ihm: In Euro und Cent lässt sich der IT-Business-Wert nicht bestimmen, ähnlich wie im Personalbereich: "Beim Sachbearbeiter Müller lässt sich der qualitative Geschäftsbeitrag ja auch schwer bestimmen". Alles zu Performance Management auf CIO.de

Auch Herbert Weber, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Software- und Systemtechnik in Berlin, feilt an einem Konzept, das Schwickerts Ansicht vom Gesamtwert teilt - das IT Evaluation Management (ITEM). Doch er ist bereits einen Schritt weiter: Das Gerüst ITEM soll schon bald in die Praxis entlassen werden. Es nutzt vorhandene Methoden wie die Balanced Scorecard oder die IT Infrastructure Library und hat darauf Bewertungsverfahren aufgesetzt. Anhand des daraus zu ermittelnden Geschäftswerts soll sich so die Unternehmens-IT steuern lassen. "Während das klassische IT-Controlling bezüglich der verwendeten Kennzahlen tendenziell finanzlastig ist und sich an der Vergangenheit orientiert, sollen in den Geschäftswert auch Kennzahlen einfließen, die auf zukünftige Zeitperioden ausgerichtet sind, zudem nicht-finanzielle Leistungstreiber identifiziert werden", so steht es im Konzeptpapier der Fraunhofer-Wissenschaftler.

Neben Kennzahlen wie TCOTCO oder ROIROI, einer branchen- und unternehmensspezifischen Komponente, hat ISST-Mann Weber auch zwei Werte in sein rosettenartiges Modell mit aufgenommen, die klar auf die Zukunft ausgerichtet sind: den prospektiven Wert und den relativen Geschäftswert. "Über den prospektiven Wert wollen wir nicht genutzte Potenziale aufdecken", so Weber. "Das ist in etwa so, als würden Sie einen Mercedes fahren, aber nur einen Lupo nutzen." Mit dem realtiven Geschäftswert bestimmt Weber über den Erfüllungsgrad die Business-Unterstützung durch die IT ("Ein Wert, den man nicht in Euro oder Dollar ausdrücken kann"). Firmen gewichten ihre Geschäftsteile wie Prozesse, Produkte, Organisations- oder Infrastruktur unterschiedlich", erläutert Weber, "daraus lässt sich dann eine Wertmerkmalshierarchie ableiten." Die einzelnen Blätter der Rosette stehen für sich. Alles zu ROI auf CIO.de Alles zu TCO auf CIO.de

Einige Millionen Euro für den Geschäftswert

Fünf Manntage setzt Weber für den Quick-Check eines Unternehmens an: "Für einen Mittelständler, der 50 000 Euro für seine IT ausgibt, ist das ausreichend." Ein Großunternehmen allerdings, das "eine Milliarde im Jahr ausgibt, sollte für den Geschäftswert ein paar Millionen locker machen können". Weber sieht in seiner Rosette inklusive relativem Geschäftswert eine Weiterentwicklung des IT-Controlling - und fordert deshalb eine dauerhafte Installation des Geschäftswerts im Controlling. Nicht auszuschließen ist, dass Weber eines Tages zum Hohen Rat des IT-Geschäftswerts gehören wird - oder Holtschke, Schwickert oder Kleinschmidt. Noch tasten sich Unternehemen zaghaft in diese neue Werte-Welt, die gerade einen radikalen Wandel durchläuft: weg vom harten Dollar und Euro hin zu qualitativen Werten.

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