Flughafen-BER-CIO Uta Knöchel

Der lange Weg zu mehr Diversität

18.11.2021
Von Uta Knöchel
CIO Uta Knöchel wettet, dass im CIO-Jahrbuch 2027 keine 25 Prozent Autorinnen vertreten sein werden. Die Wette würde sie gerne verlieren.
"Ich wette, dass im Jahr 2027 die Abteilungs- und Bereichsleitungen sowie die CIO-Positionen der hier vertretenen Unternehmen nicht zu 25 Prozent mit Frauen besetzt sind", schreibt Uta Knöchel, CIO des BER / der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, in ihrem Beitrag für das CIO-Jahrbuch 2022.
"Ich wette, dass im Jahr 2027 die Abteilungs- und Bereichsleitungen sowie die CIO-Positionen der hier vertretenen Unternehmen nicht zu 25 Prozent mit Frauen besetzt sind", schreibt Uta Knöchel, CIO des BER / der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, in ihrem Beitrag für das CIO-Jahrbuch 2022.
Foto: Flughafen Berlin Brandenburg / Günter Wicker

Unser Vokabular ist geprägt von Extremen. Es darf nur noch disruptiv, agil und die Cloud sein, dezentral oder zentral, In- oder OutsourcingOutsourcing, am besten StartupStartup, und bloß keine Kompromisse! Aber warum? Alles zu Outsourcing auf CIO.de Alles zu Startup auf CIO.de

In der Arbeitsrealität bewegt sich doch jedes IST schrittweise auf einen Wunschzustand hin. Projektarbeit ist konzentriertes Tun aller Mitarbeitenden. Und diese wollen überzeugt, eingearbeitet und mitgenommen werden. Insofern begeben wir uns mit jeder Vision auf eine neue Mission und arbeiten auf den Projekterfolg hin, der uns dem Ziel und damit dem Wunschzustand näherbringt.

Eines der Themen, mit denen seit langem Mitarbeitende überzeugt werden können, ist Gleichberechtigung. Eigentlich ein altbackenes Thema, nicht erwähnenswert, wenn wir in einer gleichberechtigt diversen Welt leben würden. Dennoch wird an dem Thema schon seit vielen Jahrzehnten gekämpft und gerungen. Somit ist das Thema 2021 aktueller denn je.

Selbst in unseren IT-Abteilungen, in denen in der Regel 20 bis 25 Prozent Frauen agieren, sind die Teamleitungen, die Abteilungs- und Bereichsleitungen immer noch nicht im selben Anteil mit Frauen besetzt. Ich würde daher gern eine Wette eingehen in der Hoffnung, diese zu verlieren, und formuliere sie wie folgt:

  • Im Jahr 2027 sind in diesem Buch "CIO 2027" keine 25 Prozent Autorinnen vertreten.

  • Im Jahr 2027 sind die Abteilungs- und Bereichsleitungen sowie die CIO-Positionen der hier vertretenen Unternehmen nicht zu 25 Prozent mit Frauen besetzt.

Der richtige Mix ist gefragt

Wie heißt es in einem Sprichwort? "Der Erfolg heiligt die Mittel". Kann es nicht sein, dass verschiedene Anforderungen, verschiedene Menschen auch jeweils ihrer spezifischen Herangehensweise bis zur Lösungsfindung bedürfen? Dass also eine gesunde und fundierte Methodenvielfalt in der Praxis situativ am besten weiterhelfen dürfte? Dass uns dezentral oder zen­tral nicht zur Lösung führt, sondern vielmehr das begründete richtige Verhältnis? Anstelle von Out- oder Insourcing-Diskussionen sollten sich die Debatten um den sinnvollen Mix im Einsatz der Mittel drehen. Warum also nicht hybrid?

CIO-Jahrbuch 2022
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Foto: cio.de

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Gerne füge ich das agileagile ProjektmanagementProjektmanagement zu meinem Repertoire hinzu, gerne die verschiedenen Formen der Cloud, gerne führen wir neugierig neue Technologien ein, unterstützen die nächsten Jahre Schritte in Richtung starker KI, freuen uns auf die Aussagen der AnalyticsAnalytics und die Use Cases für 5G5G. Alles zu 5G auf CIO.de Alles zu Agile auf CIO.de Alles zu Analytics auf CIO.de Alles zu Projektmanagement auf CIO.de

Starke gemischte Teams

Im Personalbereich, aber auch im Change- oder Projektmanagement kursiert die These, dass gemischte Teams mit den unterschiedlichsten Charakteren am leistungsstärksten sind. Auf der Leitungsebene jedoch wird oft recht eintönig gemischt und es könnte bunter sein. Ich erkenne viel Potenzial und Luft nach oben. Bunt, adaptiv und flexibel, transparent, situativ, lösungsorientiert und konstruktiv, aber auf jeden Fall: fachlich versiert.

Lassen Sie uns als IT digitale Optionen schaffen, so wie auch von Prof. Helmut KrcmarHelmut Krcmar auf den 2021-er Hamburger IT-Strategietagen formuliert. Wir sind durch unsere ständige Auseinandersetzung mit neuen Technologien, den steten Anforderungen unserer Fachbereiche und unserer Nutzer flexibel aufgestellt, um neue Herausforderungen zu suchen und anzunehmen. Aber auch wir ITler sind Menschen und benötigen Zeit für den Weg. Lassen Sie uns Klischees vermeiden und die Fakten beleuchten: Nur eins von zehn Startups ist auch erfolgreich, vermutlich dieselbe Quote wie bei den früheren Unter­nehmensgründungen, die noch in Technologiezentren und nicht in Hubs oder digitalen Innovationszentren eine Chance bekamen. Profil von Helmut Krcmar im CIO-Netzwerk

Was hat uns die bisherige "DigitalisierungDigitalisierung" - Vorsicht: Buzzword - in Deutschland gebracht, über die wir bereits seit langem reden? Gerne betrachte ich dieses Glas als halb voll, aber leider zeigt sich recht deutlich, dass das Glas in anderen Ländern deutlich voller ist: Alles zu Digitalisierung auf CIO.de

"Deutschland liegt bei einem EU-weiten ­Vergleich zum Stand der Digitalisierung weiter nur im Mittelfeld", war am 11. Juni 2020 auf ­handelsblatt.com zu lesen. "Die Bundesrepublik belegt 2020 wie schon im Vorjahr Platz 12 unter 27 EU-Mitgliedsstaaten und Großbritannien, wie die EU-Kommission am Donnerstag bei Vorlage ihres Index' für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) mitteilte. Spitzenreiter sind Finnland, Schweden und Dänemark vor den Niederlanden. Die größten Fortschritte erzielte zuletzt Irland, das auf Rang 6 liegt."

Deutschland hinkt hinterher

Viele CIOs leisten ihren Beitrag in ihrem Verantwortungsbereich, aber die Leistung kommt nicht auf die nationale Straße, da die Bündelung der Kräfte und das digitale Ökosystem offensichtlich suboptimal sind. Ein anderes Beispiel aus dem Jahr 2020:

"Die Bundesrepublik ist trotz aller politischen Bekenntnisse zur Digitalisierung weit entfernt vom Sprung in eine neue digitale Realität", berichtete n-tv.de am 7. September 2020: "Dem aktuellen "Digital Riser Report" zufolge schneidet Deutschland im Vergleich zu anderen Industrienationen sogar besonders schlecht ab. Die Studie betrachtet, wie sich die digitale Wettbewerbsfähigkeit von 140 Ländern weltweit in den vergangenen drei Jahren entwickelt hat. Das Ergebnis: Unter den G7-Staaten liegt Deutschland auf dem vorletzten Platz (- 52 Ränge) - nur Italien schneidet noch schlechter ab (- 77 Ränge). Düster sieht es auch im Vergleich der G20 aus. In dieser Gruppe gehört Deutschland neben Italien und Indien (-173 Ränge) ebenfalls zu den Schlusslichtern."

Der NTV-Artikel formuliert die Gemeinsamkeiten bei den Spitzenreitern: ein klarer strategischer Plan, das Geld und der Wille, diesen auch umzusetzen. In Europa dürfte Deutschland nicht als das Land ohne Geld gelten. Mangelt es somit am Willen und einem Plan?

Lehren aus der Coronakrise

Was hat uns die Corona-Pandemie gelehrt? Wo ein Wille (Unterstützung der Geschäftsführung) und ein Plan sind, lassen sich innerhalb kürzester Zeit ganze Berge bewegen. Wo dies nicht gegeben ist, wirkt auch ein gutes Krisenmanagement nicht optimal.

Die Welt funktioniert nicht ohne Havarie-Varianten, mit monopolistischen Vereinnahmungen. Auch dort könnte das in der IT übliche Notfallmanagement - was sind meine Alternativen für den Ausfall? - helfen. Diese Redundanzen sind zukünftig allgemeiner und globaler zu denken.

Für die Luftfahrtbranche und viele andere internationale Bereiche sind Pandemien eine Katastrophe! Es ergibt sich eine enorme Abhängigkeit vom Krisenmanagement des eigenen Landes, von Europa bis hin zur ganzen Welt. Die wirtschaftliche Existenz vieler Unternehmen hängt komplett vom Notfallmanagement weniger handelnder Personen ab. Im Guten wie im Schlechten.

Am BER parkten Flugzeuge auf den Vorfeldern, es wurden Test- und Impfcenter in den Terminals eingerichtet. Die Geschäfte des Flughafens öffneten im Wesentlichen für die Mitarbeiter, da zu wenige Passagiere reisten. Eine seltsame Stille herrschte in den sonst so belebten und eher hektischen Terminals.

Aber es wird auch ein Nach-Corona geben, die Fluggastzahlen werden in der Urlaubszeit und zum Ende des Jahres 2021 mit dem zunehmenden Erfolg der Impfkampagne wieder steigen. Auch in solch schwierigen Zeiten und beim Wappnen für eine Welt, die in Zukunft nicht mehr pandemiefrei sein wird, kann und muss die IT unterstützen: kontaktlose Passagier-Prozesse und die Früherkennung von Gesundheitszuständen sind keine Utopie und gehören zukünftig in den Regelprozess implementiert.

Die Airlines suchen auch beim Klimaschutz nach Lösungen. Auch die Flughäfen werden ihren Anteil einbringen. Effizientere Gebäude, E-Mobilität, Nutzung von Ökostrom, Photovoltaik und Windenergie, Unterstützung von Ausgleichsflächen, Lärm- und Schallschutz, Bienenmonitoring zur Messung der Schadstoffbelastung sind nur einige Themen, die derzeit bearbeitet werden. Der BER hat 2021 ein innovatives Verfahren zur ereignisbezogenen Lärmentgeltbestimmung der Flugzeuge implementiert und die pauschale Einordnung der Fluggeräte in Lärmgruppen durch individuelle Messungen damit überwunden. Im Ergebnis sinkt der Dauerschallpegel um etwa zwei Dezibel.

Neue Verkehrskonzepte gesucht

Es wäre angemessen, ein Verkehrskonzept über alle Formen der Fortbewegung zu entwickeln und dies gesamtgesellschaftlich (global) auszusteuern. Die Politik ist aufgefordert, eine intelligente Orchestrierung der verschiedenen Reiseformen und Interessen vorzunehmen.

Einem Hauptstadt- und Regierungsflughafen BER kommt dennoch weiterhin die Aufgabe zu, Reisende wie Regierende, medizinische Güter und andere Waren zu transportieren, solange keine besseren Alternativen existieren. Die IT ist dabei unabdingbar, wenn es um die Analyse bis hin zur Steuerung aller Parameter geht. Ob für das Landen und Starten der Flugzeuge oder auch für die Technik am Boden. Prozessparameter helfen den Piloten, vernetzte Türen öffnen und schließen sich automatisch auf einem ganzen Weg, vernetzte Elektrozähler unterstützen das Monitoring, IoT halt.

IT schafft Optionen für ein Unternehmen, wir schaffen Optionen für den BER und die FBB. Dabei werden die Themen Analytics, KI und 5G Schlüsseltechnologien sein. Zum Beispiel bei der Einführung eines adaptiven Passagierleitsystems, bei vorbereitenden Projekten im Hinblick auf die Dohnenabwehr und bei durchgehenden digitalen Prozessen. Darüber hinaus sind Analytics-Plattformen die Drehscheibe für die Prozess- und Erlösoptimierung, ein echter "Digital Core" mit Qualitäten zum "Digital Hub". Durch Digital Twins kann die Prozessoptimierung noch besser und auch die Loslösung von Ort und Raum in Schulung und Live-Betrieb, etwa mit einem 3D-Mission-Room, gelingen. Natürlich sicher und unter Obhut eines Security Operations Center.

Fazit

Nicht das Entweder-Oder führt zum Ziel, sondern das sinnvolle zielorientierte, orchestrierte Miteinander der Vielfalt an Menschen, Technologien und Methoden. Und jeder Schritt in eine abgestimmte Richtung ist wichtig und kann gefeiert werden. Dabei ist das Reden über Sprints nicht hilfreich. Unser Weg in eine bessere Welt - ob im digitalen oder im Umweltbereich - gleicht einem Marathon. Wir benötigen dazu Energie, Enthusiasmus und Freude am Tun ein Leben lang.

Und wir haben hierzulande wahrhaft gute Lehrbeispiele und wichtige Lessons Learned zu bieten: die Einführungsdauer von SAPSAP HANA etwa, die Entwicklungs- und Rollout-Zeit der Elektromobilität nebst Ladesäuleninfrastruktur, die Entwicklungsstufen zur künstlichen Intelligenz, auch die Bauzeit des Flughafens BER, die lange Leidensstory zur elektronischen Gesundheitskarte, das bisher nicht sichtbare Verkehrskonzept oder die Zeitpläne des Klimagesetzes für Deutschland - nutzen wir diese! Machen wir es besser. Bleiben wir mutig, aber realistisch und nehmen wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, unsere Nutzerinnen und Nutzer, unsere Unternehmen und das Land mit auf den Weg bei klaren Zielen und Prioritäten. Und fordern wir diejenigen heraus, die für unabdingbare Rahmenbedingungen verantwortlich sind. Alles zu SAP auf CIO.de

Unternehmen FBB und BER

Unser Unternehmen, die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) und unser Flughafen mit seinem internationalen Drei-Letter-Code "BER" dürfte nahezu jedem bekannt sein. Vom neuen Hauptstadt- und Regierungsflughafen BER wird seit dem 31.10.2020 geflogen.

Vor der Inbetriebnahme des BER wurden durch die FBB die aktiven Flughäfen Tegel und Schönefeld mit im Jahr 2019 zirka 35 Millionen Passagieren betreut und parallel das Großprojekt "BER" fertig gebaut, ein Riesenprojekt mit letztlich zirka 6,98 Milliarden Euro Budgetbedarf. Beide Flughäfen (TXL und SXF) wurden in engem zeitlichen Zusammenhang mit der BER-Eröffnung außer Betrieb genommen.

Die aktuelle Herausforderung lautet, neben der Orchestrierung der wirtschaftlichen Auswirkungen durch die Corona-Pandemie und der Zukunftssicherung den wiederabzusehenden Flugverkehr vorzubereiten: bis 2025 sollen die 2019-er Zahlen erreicht werden. Hinzu kommt die Aufgabe, Klimaschutzkonzepte im Sinne der avisierten Klimaneutralität zu erarbeiten.

Der Berliner Flughafen möchte sich digital und ökologisch nachhaltig zu einem internationalen HUB entwickeln, der zunehmend auch für die Langstrecke und mit dem eigens entwickelten Konzept "VIA BER" für Transfer-Reisende attraktiv ist.

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