Lebensart
Die Gartenlust kehrt zurück
Die Farbe macht die Wirkung
Die Gründerin der Königlichen Gartenakademie in Berlin Dahlem Gabriella Pape beschreibt in ihrem Buch "Meine Philosophie lebendiger Gärten", wie "in den buntesten Wochen", im Mai und Anfang Juni, die Farben den Garten zum Schwingen bringen, wenn man sie nur richtig anordnet: Monochrom funktioniere bei schlechter Witterung oder in kleineren Gärten so gut wie gar nicht; Rot und Blau sollten "immer im Vordergrund" stehen, an der Terrasse in der Nähe des Hauses: "Wer sein rot-blaues Beet hinten im Garten anlegt, verschenkt die ganze Pracht."
Die Landschaftsarchitektin Christine Orel rät dazu, weiße oder gelbe Pflanzen in den verschatteten Hintergrund zu setzen, um dort Licht hineinzutragen, dann "erscheint alles viel weiter". Auch im kleinen Garten gehe es darum, Horizonte zu schaffen: durch kniehohe Pflanzen, die vom Auge als Grenze kaum wahrgenommen werden, durch Sträucher auf Brusthöhe, die das Körpergefühl ansprechen, durch den "dritten Horizont", den Blick in die umgebende Landschaft, die mit dem Garten im besten Fall eine "Blick-Einheit" bildet.
Der Garten darf nicht überdekoriert sein
Das Büro "Landschaftsarchitekten Orel + Heidrich" aus Herzogenaurach sucht für den "Geist des Ortes" eine eigene, charakteristische Sprache. "Je kleiner der Garten", so Christine Orel, "desto genauer muss er auf das Haus abgestimmt sein, dessen verlängerter Wohnbereich er ist." Der Blick vom Schlafzimmer im ersten Stock ist da so wichtig wie der Blick von der Terrasse - und kann, so Orel, zu gegensätzlichen Lösungen führen: zu einem "eleganten, schwebenden Garten mit hohen, zartblauvioletten Blütenstängeln" oder zu einer rustikalen Gartenvariante mit "runden, knubbeligen Pflanzen in Orange, Gelb und Rot".
Dem "Gemütlichkeits-Fan" mit Keramikpüppchen in der Glasvitrine könne man nicht mit Muschelkalkplatten kommen, den Bauhaus-Freund mit Vitra-Stühlen auf der Veranda dagegen mache sogar Stahl glücklich. Die größten Fehler im kleinen Garten: ihn überzudekorieren mit Glasfackeln, Spiegeln und rostigen Tischchen oder alles an den Rand zu drängen - "damit macht man ihn noch kleiner".
Natürlich kann man sich beim Gärtnern statt auf Expertisen auch auf seine Intuition verlassen, auf Versuch und Irrtum. Anja Maubach, die in vierter Generation eine der ältesten Staudengärtnereien Deutschlands auf der Blumigen Höh’ in Wuppertal leitet, hält nicht viel von Ratschlägen. Sie versteht sich als Begleiterin ihrer Kunden, als Geburtshelferin von Ideen, die im Gespräch und auf dem Skizzenblock entwickelt werden. Sie lädt die Gärtner dazu ein, die Tipps der Gartenmagazine zu vergessen und sich von ihrem Gefühl, ihrer inneren Stimme treiben zu lassen: "Es einfach machen!"
(Quelle: Wirtschaftswoche)