Konsolen-Zombie oder E-Mail-Spitzel
Die sieben dreckigsten IT-Jobs
Schickes iPhone am Ohr, stylisches Netbook auf den Knien und den Kopf voller hochkomplizierter Daten? IT geht auch ganz anders. Dan Tynan von unserer US-Schwesterpublikation InfoWorld hat sie aufgezählt, die sieben unbeliebtesten IT-Jobs. Diese sind:
1. Der Stöpsel-Spezialist: Garth Callaghan heißt der wackere Mann, der eine scheinbar ganz einfache Arbeit zu Geld machen wollte. Hardware-Kabel abziehen und wieder einstecken. Die einzige Bedingung: Körperliche Fitness und eine Affinität zu Adaptern, Plugs und Dongles.
Heute weiß er, was die Arbeit bei einer professionellen Umzugsfirma bedeutet. In den meisten Büros wurde vor fünf oder zehn Jahren das letzte Mal unter die Tische geguckt. Zum Stöpsel-Spezialisten eignet sich nur, wer auch eine Affinität zu Basketball-großen Staubknäueln hat.
Eine Herausforderung zeigt sich auch auf den Tischen. Mit den Essensresten in manchen Tastaturen könnte man ein kleines Entwicklungsland durchfüttern. Eine stilbewusste Dame fand ihre Arbeitsgeräte offenbar zu langweilig und strich das Keyboard mit Nagellack an. Andererseits: auch nicht schlechter als rußgeschwärzte Tastaturen.
Callaghan erinnert sich besonders gern an einen Fall, in dem sich die Kabel in dem Spalt zwischen Arbeitsplatz und Wand einfach nicht bewegen ließen. Keinen Zentimeter. Irgendwann riss er einfach grob an den Kabeln, und eine Flasche mit italienischer Salat-Sauce schoss in die Höhe.
Die Sauce regnete auf Wand, Computer und Stöpsel-Spezialisten herunter. Ein Blick auf das Flaschen-Etikett ergab, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum für das Dressing zwei Jahre zurücklag. Er esse aber trotzdem noch gern Salat mit Italy-Dressing, versichert Callaghan.
2. Der Datenkrisen-Berater: Erwachsene Menschen, die schlimmer weinen als Kinder, sind das Klientel von Kelly Chessen. Sie arbeitet bei einem Unternehmen, die verlorene Daten wiederherstellt. Dabei geht es nicht nur um die letzten und einzigen Videos der just verstorbenen Eltern, sondern auch um komplette Microsoft Exchange Server. Sie habe mit Managern gesprochen, die dachten, sie könnten RAID 5 selbst implementieren, erklärt Chessen. Sie konnten es aber doch nicht.
Telefonseelsorge für Datenschlamper
Wenn man 30 Minuten lang angebrüllt wird, berichtet die Frau mit dem offiziellen Titel Data Crisis Counselor, fällt es nach fünf bis zehn Minuten schwer, das Ganze nicht persönlich zu nehmen. Sie ist froh um ihre fünf Jahre Erfahrung in der Telefonseelsorge. Oft haben die Anrufer extrem große Angst, nicht nur geschäftkritische Daten, sondern auch den Job zu verlieren. Was bei Kelly Chessens Klienten auch schon vorgekommen ist. Ihr Fazit: "Ein normaler IT-ler kann diese Arbeit nicht machen!"
3. Der Konsolen-Zombie: Blasse Gestalten, die nie an die Sonne kommen, weil sie den ganzen Tag im Rechenzentrum hocken und auf Flachbildschirme starren, sind für viele Entscheider unverzichtbar. Also hockt ein Konsolen-Zombie herum und merkt auf, falls ein grünes Lämpchen plötzlich rot blinken sollte. Manchmal hofft er wohl auch, dass das endlich mal passiert, mutmaßt Dan Tynan.
Ein idealer Einsteiger-Job: Man braucht kein Hirn, muss sich nicht mit End-Usern herumschlagen und nichts entwickeln. Aber es ist wohl auch das Stupideste, was die IT zu bieten hat.
Zwar gibt es mittlerweile auch Event Correlation Software und Netzwerk-Kontroll-Applikationen. Dennoch: So, wie manche Menschen niemals in eine computergesteuerte, fahrerlose U-Bahn einsteigen würden, vertraut mancher CIO lieber seinen menschlichen Zombies. Sie sind wohl nicht totzukriegen.
4. Der Malware-Jäger: Wenn Patrick Morganelli seine Arbeit positiv formuliert, sagt er, ihm sei nichts Menschliches fremd. Wenn er Klartext redet, gibt er zu, dass sich ihm manchmal der Magen umdreht. Morganelli arbeitet für einen Anti-Malware-Anbieter. Er ist derjenige, der sich auf die Suche nach der Malware macht.
Wenn jeden Tag das Konto abgeräumt wird
Morganelli spricht von "bestialischer Pornografie", die man sich reinziehen muss, und die nicht jeder packt. Einmal habe ein Mitarbeiter gekündigt, obwohl er diese Arbeit gar nicht machen musste. Er musste nur an den Monitoren der Malware-Hunter vorbeigehen. Das hat ihm gereicht.
Was die Malware außerhalb der Porno-Seiten betrifft, so ist die Arbeit einfach zermürbend. Niemand will mit Leuten zu tun haben, die Kontodaten klauen, andere mit Werbung zuballern oder fremde Rechner knacken. Malware-Jäger haben jeden Tag mit ihnen zu tun. Und: Ihre Arbeit wird nie abgeschlossen sein.
5. Der Daten-Saubermann: Pakete kommen nicht rechtzeitig an, weil irgendwo ein Buchstabendreher im Namen ist, ganze Lieferketten brechen ab, weil die Adresse mal Steinstraße 3c und mal 3d lautet. Also muss der Daten-Saubermann für Ordnung sorgen.
Der Saubermann ist ein kontaktscheuer Mensch, der nicht gern redet, sich aber stundenlang auf endlose Datenreihen konzentrieren kann. Ein Perfektionist auf der ewigen Suche nach Doppelungen, Unkorrektheiten, Diskrepanzen und anderen Daten-Dramen. Jeden Tag von vorn.
Die Jagd nach den perfekten Daten
Wer aber nun meint, Tools könnten das ersetzen, der irrt. Das weiß Stefanos Damiankis, der solche Software anbietet. Selbst wenn Buchstaben- und Zahlendreher rausgefiltert werden können - die Menschen, die die Informationen bewerten, braucht man trotzdem noch.
Dazu ein Beispiel: Das Wort Customer. Wenn Herr Meier für seine Frau ein Buch bei Amazon bestellt, wer und was ist dann der Customer? Für die Buchhaltung ist es Herr Meier, für das Marketing seine Frau und für den Ausfahrer die Adresse. So etwas kann nur der Daten-Saubermann in Ordnung bringen.
6. Der Hardwareleichenwäscher: In jeder Firma gibt es Infrastruktur-Teile, die nicht mehr gebraucht werden, und Geräte, die zwar nicht tot, aber alt sind. Einer muss sie abholen und auf den Alt-Geräte-Friedhof bringen.
Branchenkenner Lawrence Imeish berichtet, dass diese Menschen oft mit Bergleuten verwechselt werden. Die Gesichter unter dicken Schichten von Staub, die Arme bandagiert, weil Geräte instabil auf einem Regal balancierten und im falschen Moment herunterfielen - IT kann ein Drecksjob sein.
7. Der E-Mail-Spitzel: Zwar macht sich der E-Mail-Spitzel den weißen Kragen nicht dreckig, wohl aber die weiße Weste. Sicherheitsspezialist Roger Grimes geht davon aus, dass jedem dieser Job angedient werden kann, der genug IT-Erfahrung hat und verschwiegen wirkt.
Der Job besteht darin, die E-Mails der Belegschaft zu lesen oder ihre Browser-Historie zu dokumentieren. Manchmal ist auch der eigene Vorgesetzte die Zielperson.
Fremde E-Mails lesen und den Mund halten
Wer sich darauf einlässt, sollte sich nicht einreden, er wende Schaden von dem Unternehmen ab, so Grimes. Entdeckt der Spitzel zum Beispiel Kinderpornos auf dem Rechner eines Vorstandmitglieds und informiert seinen Auftraggeber darüber, wird längst nicht immer die Polizei eingeschaltet. Im Klartext: Der Spitzel soll keine Verbrechen aufdecken oder so etwas, sondern brisante Informationen finden und ansonsten den Mund halten.
Technik-Journalist Dan Tynan hat diese Karriere-Varianten auf unserer US-Schwesterpublikation cio.com unter dem Titel "Even dirtier IT-jobs - the muck stops here" ausgeführt.