Gefloppte Smartphone-Innovationen

Die 12 schlimmsten Android-Handy-Gimmicks

22.03.2019
Von  und Ryan Whitwam


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Gekommen, um zu scheitern: Diese Gimmicks wurden einst als die heißesten Features, die man auf Android-Smartphones unbedingt braucht, angekündigt. Im Nachhinein erwiesen sie sich aber als ziemlich nutzlos.

Es ist nicht leicht für ein Smartphone, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wenn es wie all die anderen schwarzen Klötze aussieht. Diese Erkenntnis hat manche Hersteller dazu gebracht, besonders verrückte Dinge auszuprobieren - Gimmicks, um seine Produkte aus der Masse hervorzuheben. Doch nur weil ein Feature noch nie da war, bedeutet das nicht unbedingt, dass es auch toll ist. Tatsächlich gibt es eine Menge von Gimmicks, die auf einer Messe cool wirken, sich im wahren Leben aber als ganz schreckliche Einfälle herausstellen. Hier einige der schlimmsten Ideen im Android-Lager, die es auf den Markt schafften.

Samsung Air View

Nur anschauen, nicht anfassen: Samsung Air View
Nur anschauen, nicht anfassen: Samsung Air View
Foto: Samsung

Eine der vielen Features, bei denen Samsung's Ingenieure ihrem Spieltrieb freien Lauf ließen, ist Air View. Die Funktion erlaubt es Informationen auf dem Smartphone anzusehen, ohne es zu berühren. Das klingt zunächst toll, tatsächlich aber muss man für die Vorschaufunktion den Finger (oder Stift beim Galaxy Note) direkt über das Display halten. Damit ging es nicht unbedingt schneller und man konnte nie wissen, welche Apps oder Funktionen AirView unterstützen. Außerdem beschränkte sich die Auswahl auf Samsung-Apps und selbst da nicht auf alle. AirView ist immer noch in den Einstellungen von einigen Geräten versteckt, wird aber (aus gutem Grund) nicht promoted.

Das Projektor-Handy Galaxy Beam

Samsung Galaxy Beam mit integriertem Beamer
Samsung Galaxy Beam mit integriertem Beamer
Foto: Samsung

Samsung hat eine Menge herumexperimentiert, aber der in Galaxy Beam und Beam 2 eingebaute Projektor gehört zu den schrägsten Dingen. Die SmartphonesSmartphones waren in jeder Hinsicht mittelmäßig - vom Beamer einmal abgesehen. Zumal es das einzige Handy am Markt mit einem integrierten Beamer war. Der Projektor machte das Gerät deutlich massiver, das Bild war matte und pixelig und die Batterielaufzeit erbärmlich. Man konnte nicht einmal das Smartphone berühren, ohne dass das projizierte Bild wackelte. Der Moto Mod Projektor ist ähnlich lahm, aber zumindest ist er nicht fest an das Smartphone angebracht. Alles zu Smartphones auf CIO.de

HTC's Handy-Stative

HTC Evo 4G mit ausklappbaren Stativ.
HTC Evo 4G mit ausklappbaren Stativ.
Foto: HTC

HTC liebte einst Handy-Stative und wir sind vermutlich selbst schuld daran. Als das Evo 4 G und andere Geräte herauskamen, schien jeder die ausklappbaren Stative toll zu finden. Die Käufer dachten es sei cool und praktisch, doch in Wahrheit nutzte niemand die Dinger. Der zusätzliche Ballast war einfach unnötig, weil man ein Handy auch in der Hand halten kann oder sich ein Gestell sucht - für die seltenen Zeiten, in denen man es wirklich nicht halten kann.

Fire Phone mit Dynamic Perspective

Die Dynamic Perspective orientierte sich am Blickwinkel des Betrachters.
Die Dynamic Perspective orientierte sich am Blickwinkel des Betrachters.
Foto: Amazon

Bereits seit Jahren hatte man gemunkelt, dass Amazon an einem eigenen Smartphone arbeite. Als es dann endlich vorgestellt wurde, war es ein überteuerter Pflasterstein, den es (zunächst) nur mit einem Telekom-Vertrag gab. Oh, aber es hatte doch diese Head-Tracking-Technik. War die nicht großartig? Das sogenannte "Dynamic Perspective" System nutzte Infrarotkameras auf der Vorderseite des Smartphones um die Position des Nutzers zu erkennen und aufgrund dieser Daten die Darstellung auf dem Bildschirm zu verändern. Es machte Spass, damit ein paar Minuten zu spielen, ansonsten war das Feature aber absolut uninteressant. Und obwohl sich Amazon größte Mühe gab, konnten sie auch Entwickler nicht von Dynamic Perspective begeistern.

Duo Camera im HTC One M8

Seiner Zeit damals voraus: HTC One M8 mit Duo Camera
Seiner Zeit damals voraus: HTC One M8 mit Duo Camera
Foto: HTC

2014 stellte HTC das One M8 vor, den Nachfolger des einigermaßen erfolgreichen One M7. Das neue Gerät hatte ein interessantes Gimmick, die Duo-Kamera. Die beiden Kameras arbeiten zusammen, eine davon speichert jedoch nur Tiefeninformationen, um ein nachträgliches Fokussieren des Bildes zu ermöglichen. Das Problem: Die Technik war noch nicht ganz ausgereift, die damit geschossenen Fotos waren allgemein nicht so toll und der Tiefenschärfeneffekt inkonsistent. Wie das Apple iPhone 7 Plus oder das Huawei Mate 9 belegen, sind Dual-Kameras inzwischen wieder im Trend, HTC war nur seiner Zeit voraus und die Technik war noch nicht so weit.

Samsungs Smart Scroll

Zur Steuerung via Samsung Smart Scroll braucht es heftige Kopfbewegungen.
Zur Steuerung via Samsung Smart Scroll braucht es heftige Kopfbewegungen.
Foto: Greenbot

Ein weiteres Beispiel aus Samsungs Sammlung an wenig überragenden Gimmicks war die Funktion Smart Scroll. Dieses Feature sollte es dem Nutzer via Head Tracking ermöglichen, eine Seite (etwa im Browser) nur durch eine Bewegung des Kopfes nach oben oder unten zu scrollen. Zur Wahrnehmung der Bewegungen wurde dabei die Frontkamera genutzt - aber es funktionierte nicht wirklich gut. So genügte nicht eine Bewegung der Augen, sondern man musste dazu schon deutlich mit dem Kopf nicken - und an dieser Stelle ist es deutlich einfacher, den Finger zu verwenden.

Motorolas Skip

Bei der Bedienungsfreundlichkeit von Motorola Skip gingen Theorie und Praxis weit auseinander.
Bei der Bedienungsfreundlichkeit von Motorola Skip gingen Theorie und Praxis weit auseinander.
Foto: Motorola

Mit dem originalen Moto X gingen einige coole Features an den Start wie Moto Display und Moto Voice. Allgemein machten die meisten Funktionen, die Motorola zu AndroidAndroid hinzufügte, Sinn. Motorola Skip gehörte leider nicht dazu. Skip war ein schmaler Magnet-Clip, in dem sich ein nicht-beschreibbarer NFC-Tag befand. Nachdem man ihn mit seinem Smartphone verbunden hatte, konnte man den Bildschirm entsperren, indem man ihn mit dem Smartphone berührte. Alles zu Android auf CIO.de

Die Idee dabei war, dass man den Clip in seiner Tasche fest machte und mit dem Smartphone beim Herausziehen kurz berührt. Das Hauptproblem dabei: Es dauerte. Man musste das Handy eine oder zwei Sekunden an den Skip halten, damit es funktionierte. Damit war natürlich der ganze Vorteil dahin. Wenig überraschend verkaufte Motorola auch nicht sehr viele Skips, sondern legte sie nach und nach auch anderen Bestellungen als kostenloses Extra bei, um sie loszuwerden. Ab Android 5.0 kann man zum automatischen Entsperren auch Smart Lock verwenden, aber auch dieses Feature ist nicht besonders populär.

Motorola Atrix mit dem WebDock Laptop

Zeit und Technik waren für das WebTop Laptop des Motorola Atrix 2011 noch nicht reif.
Zeit und Technik waren für das WebTop Laptop des Motorola Atrix 2011 noch nicht reif.
Foto: Motorola

Als das Motorola das Atrix 2011 auf der CES in Las Vegas vorgestellt wurde, zog es dank seines verrückten Laptop-Docks jede Menge Medien-Aufmerksamkeit auf sich. Wurde das Smartphone mit der "Dockingstation" verbunden, wechselte es in den "Webtop Mode" und fungierte als Antrieb einer Linux-basierten Computerumgebung. Das war ein cooler Trick, aber in der Praxis nicht wirklich praktisch. Das Smartphone war schlichtweg nicht schnell genug, um das Notebook richtig nutzen zu können und das Dock kostete knapp 500 Euro. Selbst 2011 bekam man für das Geld bereits einen (halbwegs) anständigen Rechner.

Smart Storage im Nextbit Robin

Cloud-Speicher und Mobilfunk vertragen sich nicht immer: Nextbit Smart Storage
Cloud-Speicher und Mobilfunk vertragen sich nicht immer: Nextbit Smart Storage
Foto: Nextbit

Nextbit startete als Cloud-Dienstleister, entschied sich dann aber dafür, mit "Robin" ein eigenes Smartphone herauszubringen. Die Software basierte auf dem Konzept der smarten Cloud-Speicherung. Das klingt ziemlich futuristisch, doch leider ist diese Zukunft bislang noch nicht eingetreten. Die "Smart Storage" wurde so konzipiert, dass Apps, Bilder etc. automatisch in eine private Cloud-Umgebung geschoben wurden, wenn der Speicherplatz knapp wurde. Brauchte man eine Datei oder Anwendung, wurde sie wieder auf das Gerät geladen.

Unglücklicherweise war das System fehlerhaft und es nervte, alle Apps auf dem Handy verwalten zu müssen. Manchmal befanden sich Dinge, auf die man zugreifen wollte, bereits in der Cloud und nicht mehr auf dem Smartphone - eine ungute Situation, wenn die Mobilfunkverbindung mal wieder schlecht ist.

Sony Ericsson Xperia Play mit Gamepad

Das Zockerhandy Sony Ericsson Xperia Play war weder Fisch noch Fleisch.
Das Zockerhandy Sony Ericsson Xperia Play war weder Fisch noch Fleisch.
Foto: Sony

Zocken auf dem Smartphone ist eine großartige Sache, allerdings ist die Steuerung per Touchscreen nicht immer optimal. Sony Lösung für dieses Problem war das Xperia Play, eine Art Kreuzung aus Gamepad und Smartphone. Das Device hatte ein ausziehbares Gamepad und sollte alle PlayStation-Spiele unterstützen. Letztes trat leider nie ein, es blieb bei nur wenigen Spiele-Titeln. Viele Spiele von Drittanbietern unterstützten aber auch den Controller nicht. Unabhängig davon: Muss man immer und überall einen Controller an seinem Handy haben?

YotaPhone mit E-Paper-Display

Das E-Paper-Display des Yotaphone ist eine nette Idee, die man aber schnell wieder verwerfen sollte.
Das E-Paper-Display des Yotaphone ist eine nette Idee, die man aber schnell wieder verwerfen sollte.
Foto: Yota Devices

Das YotaPhone-Gimmick ist ein weiteres Beispiel für ein Feature, das cool klingt und sicher auch auf Demos etwas hermacht. Das Smartphone war auf der Rückseite mit einem E-Paper-Display ausgestattet, das Informationen und Mitteilungen anzeigen konnte. Ziel war es, dem Nutzer das Anschalten des Handys so häufig wie möglich zu ersparen. Der Effekt war leider das genaue Gegenteil: Weil das E-Paper-Display es dem Nutzer noch schwerer machte, Neuigkeiten zu ignorieren, ist er ständig versucht, das Smartphone zu benutzen. Außerdem ist es für die Verwendung einer Schutzhülle komplett ungeeignet.

Samsung Continuum mit Nachrichten-Ticker

Eine weitere Schnapsidee der Koreaner: Das Samsung Continuum mit Zusatzdisplay.
Eine weitere Schnapsidee der Koreaner: Das Samsung Continuum mit Zusatzdisplay.
Foto: Samsung

Ein Zusatzdisplay auf dem Smartphone - was heute wieder im Kommen ist, hatte Samsung schon vor Jahren gemacht. Allerdings auf eine üble Weise. Das kurzlebige Samsung Continuum hatte nämlich unterhalb des Bildschirms ein zweites kleines Display, auf dem Nachrichten angezeigt wurden. Es handelte sich allerdings nicht um ein separates Display, der damals üblicherweise von Samsung verbaute 4-Zoll-AMOLED besaß nur eine Einfassung, die Haupt- und Ticker-Display voneinander trennten. Und als ob das nicht seltsam genug war, konnte der Ticker nur Inhalte von Samsungs vorinstallierten Apps anzeigen. Unnötig zu sagen, dass es nach dem kurzen Intermezzo kein Continuum 2 mehr gab.

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