Bewerbermanagement
E-Recruiting: Die Erwartungen an Jobportale
- Zwei Drittel der HR-Manager fordern eine erfolgsbasierte Preisgestaltung
- Eine Mehrheit von 69 Prozent schaltet bis zu 75 Online-Annoncen pro Jahr
- Portal-Anbieter sollten einheitliche Schnittstellen nutzen, damit die Stellenanzeigen besser mit Unternehmenswebsites verlinkt werden können
Plattformen für Online-Stellenanzeigen "müssen ihren Kinderschuhen entwachsen". So lautet das Ergebnis der Studie "E-RecruitingE-Recruiting: Anforderungen und Präferenzen von HR-Professionals" des FraunhoferFraunhofer Instituts für Angewandte Informationstechnik (FIT) zusammen mit der Universität Bayreuth. Die Liste der Wünsche von Personalern ist lang. Top-500-Firmenprofil für Fraunhofer Alles zu Recruiting auf CIO.de
Die Studie basiert auf den Angaben von knapp 1.000 Entscheidern, und zwar sowohl aus Human Resources-Abteilungen (HR) in Unternehmen als auch aus Anbietern von E-Recruiting-Lösungen. Fast sieben von zehn Personalern (69 Prozent) schalten bis zu 75 Online-Stellenanzeigen pro Jahr. Bei fast dreien von zehn (29 Prozent) sind es mehr, in Einzelfällen bis zu 1.000 jährlich. Die Befragten inserieren typischerweise in klassischen Online-Stellenbörsen (84 Prozent). Hier liegen StepStone, Jobware und Stellenanzeigen.de vorn. Zusätzlich schalten viele Firmen (74 Prozent) in sozialen Netzwerken wie XingXing und LinkedInLinkedIn Jobanzeigen. Alles zu LinkedIn auf CIO.de Alles zu XING auf CIO.de
Die Forderungen der Personaler
Die Studienteilnehmer nennen folgende Verbesserungswünsche:
Preisgestaltung
29 Prozent der Entscheider geben zwischen 500 und 1.000 Euro monatlich für solche Anzeigen aus. Fast ebenso viele (28 Prozent) nennen Beträge zwischen 300 und 500 Euro. Die Preise sind einer der Punkte, die das FIT auf der To-Do-Liste der Anbieter sieht. Denn gut zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) sind mit fixen Preismodellen nicht zufrieden. Sie wünschen sich erfolgsbasierte Preismodelle. Solche Erfolgskriterien können etwa die Anzahl der Seitenaufrufe, der Bewerbungen, der Clicks oder auch die Anzahl der tatsächlich erfolgten Einstellungen sein.
- Der Fauch-Pas
Ein Bewerber nutzte sein Video-Job-Interview dazu, seinem potentiellen neuen Arbeitgeber die Familienkatze vorzustellen. Bei einem anderen trottete der vierbeinige Hausfreund seelenruhig während des Bewerbungsgesprächs durch das Bild. John Reed findet hierzu klare Worte: "Das ist keine Zeit, um sein Privatleben auszubreiten. Stellen Sie unbedingt sicher, dass Sie sich in einem Raum befinden, zu dem Haustiere keinen Zugang haben." - Der verkannte Gourmet
Einige IT-Entscheider bekamen zum Bewerbungsgespräch per Video nicht nur den Kandidaten, sondern auch seine Leibspeise zu sehen. In einem Fall konnte ein Bewerber einfach nicht ohne die wichtigste Mahlzeit des Tages und verspeiste sein Frühstück gänzlich während des Job-Interviews. "Tun sie das einfach nicht", empfiehlt Reed. "Essen sie stattdessen vor oder nach dem Vorstellungsgespräch. Akzeptabel ist höchstens ein Glas Wasser, von dem sie aber höchstens ab und an nippen." - "Es passt gerade nicht so gut, Schatz"
Sie führen gerade ein Vorstellungsgespräch per Skype, als plötzlich Ihr Smartphone klingelt. Was tun Sie? Für einen Bewerber war der Fall klar: Rangehen und erst einmal während des Interviews mit der Freundin telefonieren. In einem anderen Fall bekam der Arbeitgeber die Ehefrau eines potentiellen Kandidaten zu sehen - im freizügigen Dusch-Outfit. Analyst John Reed gibt dazu folgenden Tipp: "Stellen Sie sicher, dass sie entweder alleine sind und Ihr Bewerbungsgespräch ungestört führen können, oder sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitbewohner, Familie oder Freunde wissen, dass Sie nicht gestört werden dürfen." - Die süßen Kleinen
"Mami, was machst du da?" - fragte das Kind einer Job-Kandidatin während des Vorstellungsgesprächs ganz unverblümt ins Kameraobjektiv. Das war bestimmt ganz süß - aber trotzdem mehr als unpassend. Auch hier empfiehlt Reed, potentielle "Störquellen" bereits im Vorfeld zu eliminieren. - Das Dezibel-Desaster
Ein anderer Job-Kandidat führte sein Video-Interview, während im Hintergrund die Grundsanierung seiner Wohnung abgeschlossen wurde. Was für einen Eindruck das hinterlassen haben muss, kann man sich lebhaft ausmalen. "Finden Sie unbedingt einen ruhigen, abgeschlossenen Raum, wo Sie Ihr Job-Interview ungestört absolvieren können. Wenn das nicht möglich ist, sollten Sie Ihrem potentiellen Arbeitgeber die Situation erklären und das Interview wenn möglich verschieben", empfiehlt Reed. - Wenn der Postmann ...
... mitten im Bewerbungsgespräch klingelt es an der Tür, der Kandidat springt auf und nimmt eine Paketsendung entgegen. "Das ist genauso geschehen - und zwar mir persönlich", erzählt John Reed. "Ich führte das Interview, als der Kandidat plötzlich sagte: 'Entschuldigen Sie mich einen Moment'. Er ging zur Tür und wir konnten hören, wie er die Sendung quittierte. Ein schwerwiegendes No-Go." - Kleider machen Leute
Auch dieser Punkt scheint für einige Bewerber im vermeintlich sicheren "Cyberspace" nicht zur Selbstverständlichkeit gehören. Die von Robert Half Technology befragten IT-Entscheider berichten von Bewerbern in Flip-Flops und Tanktop und Kandidaten, die sich erst während des Gesprächs ankleiden. Auch hier hat Experte Reed einen Tipp: "Behandeln Sie ein Job-Interview per Video wie ein echtes Bewerbungsgespräch. Heutzutage ist die allgemeine Unternehmenskultur zwar deutlich lockerer und offener - dennoch sollten Sie sicherstellen, dass Sie bei einem Vorstellungsgespräch angemessen gekleidet sind. Schließlich drückt ein seriöses Äußeres auch aus, dass Sie Ihre Bewerbung ernst nehmen."
Funktionalitäten
Das FIT hat HR-Manager gefragt, welche Funktionalitäten sie von einem modernen E-Recruiting erwarten. Dabei bekamen die Studienteilnehmer keine Vorgaben zum Ankreuzen, sondern antworteten frei. Die Liste ist lang. So wollen sie für ein effizienteres Bewerbermanagement ihre Online-Stellenanzeigen gerne nachträglich besser editieren können, sie wünschen sich Video- und PDF-Upload, Chats und Feedbackoptionen, Reichweiten-Spezialisierungen ("Umgebungssuche mit Karte") und mehr Möglichkeiten, das eigene Corporate Design in der Online-Stellenanzeige darzustellen.
Technologie
Geht es nach den Befragten, sollten sich die Portal-Anbieter besser aufeinander abstimmen, damit die eigene Website einfacher mit Social Media oder anderen Portalen verlinkt werden kann. Das erfordert einheitliche Schnittstellen. Außerdem kritisieren die Personaler eine zu geringe "Mobilfähigkeit" der Plattformen.
Analytics und Vereinfachungen
Vereinfachung: Die Studienteilnehmer wünschen sich Möglichkeiten von Kurzbewerbungen und "One-Klick-Bewerbungen".
Analytics: Die HR-Entscheider wollen eigene Analytics zu den erstellten Online-Jobannoncen, zu potenziellen Bewerbern und deren Nutzungsverhalten durchführen.
Qualität vor Quantität
Wichtigstes Ziel des E-Recruiting ist das Erhalten von "hochwertigen Bewerbungen", wie 60 Prozent der Personaler angeben. Dass möglichst viele Bewerbungen eingehen, priorisieren 27 Prozent. Knapp die Hälfte der Befragten (46 Prozent) lässt eine Anzeige laufen, bis die Stelle besetzt ist. 41 Prozent legen sich auf eine bestimmte Frist, beispielsweise einen Monat, fest. Elf Prozent schalten so lange, bis ihnen eine bestimmte Anzahl an Bewerbungen vorliegt.
Neben der Kandidatensuche über Online-Jobbörsen und soziale NetzwerkeNetzwerke nutzen HR-Manager das eigene Intranet (57 Prozent), die selbstständige aktive Ansprache (54 Prozent), die Bundesagentur für Arbeit sowie Karriere-Messen (jeweils 53 Prozent) und die Zusammenarbeit mit Headhuntern (52 Prozent). Weitere Wege wie Hochschulmarketing, Mitarbeiterempfehlungs-Programme und Printanzeigen bleiben unter 50 Prozent. Alles zu Netzwerke auf CIO.de
Die Vorteile und Nachteile von E-Recruiting
In der Gesamtbetrachtung kommentiert das FIT, E-Recruiting berge Vorteile gegenüber dem klassischen Verfahren. Diese liegen in einer leichteren Verfügbarkeit für die Bewerber, schneller und einfacher Kommunikation, der Ansprache einer viel breiteren Zielgruppe (auch überregional) und systematischen Suchmöglichkeiten.
- Erfolgreiches Recruitment
Fachkräfte sind insbesondere in der IT schwer zu finden. Personalbteilungen müssen deshalb in einem umfassenden Recruiting-Prozess alles tun, um gute Bewerber zu finden und zu überzeugen. Folgende Tipps sollten Personal- und Fachabteilungen befolgen. - Stellenanzeige
Recruiter sind in gewissem Sinne auch Profiler. Je exakter Stellenbeschreibung, Tätigkeits- und Bewerberprofil ausfallen, desto höher sind die Chancen, den richtigen Kandidaten zu finden. - Bewerbersuche
Für den Erfolg des Recruitings ist nicht nur der Inhalt der Stellenanzeige wichtig, sondern auch wo diese veröffentlicht wird. Laut der Studie nutzen Kandidaten in der Regel bis zu 22 unterschiedliche Quellen für ihre Jobsuche. - Mitarbeiterempfehlungen
Nutzen Sie smarte Software, um Mitarbeitern das Empfehlen von Freunden und Bekannten zu versüßen. Wer die Stellenanzeigen in sozialen Netzwerken teilt und so zu einer Neueinstellung beiträgt, kann zum Beispiel einen Bonus bekommen. - Online-Bewerbungsprozess
Die Candidate Experience, also die Erfahrungswerte der Kandidaten, die sie im Laufe des Bewerbungsprozesses sammeln, ist ein nicht zu vernachlässigender Faktor hinsichtlich des Erfolgs Ihrer Recruiting-Maßnahmen. Besonders High Potentials legen Wert auf einen reibungslosen Bewerbungsprozess. - Onboarding
Mit der Vertragsunterzeichnung ist der Recruiting-Prozess nicht abgeschlossen. Ein Onboarding, bei dem der Mitarbeiter systematisch in das neue Arbeitsumfeld mit seinen Strukturen und Regeln eingeführt wird, ist zwingend notwendig, um nach kurzer Zeit nicht eine Kündigung zu riskieren.
Die Forscher nennen auch Nachteile. So melden sich bei E-Recruiting mehr und damit auch mehr ungeeignete Bewerber. Die Kandidaten hegen höhere Erwartungen, zum Beispiel erwarten sie, dass ihnen das Unternehmen schnell antwortet. Werden Vor- und Nachteile abgewogen, zeigt sich E-Recruiting nach Auffassung des FIT als effizienter im Hinblick auf Zeit und Kosten.