Personalarbeit im IT-Startup

"Erfolgreiches Recruiting funktioniert nur mit viel Aufwand"

Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Verena Lanzinger ist Personalchefin des IoT-Startups Tado, das vernetzte Heizungssteuerungen herstellt. Mittlerweile beschäftigt das Münchner Unternehmen über 170 Mitarbeiter, was die Personalchefin in vielerlei Hinsicht fordert.
Verena Lanzinger ist Personalchefin des Münchner IoT-Startups Tado: "In München gibt es kaum Arbeitslosigkeit und die Unternehmen stellen laufend ein, da ist es für ein jüngeres Unternehmen nicht leicht, die starken Leute für sich zu gewinnen."
Verena Lanzinger ist Personalchefin des Münchner IoT-Startups Tado: "In München gibt es kaum Arbeitslosigkeit und die Unternehmen stellen laufend ein, da ist es für ein jüngeres Unternehmen nicht leicht, die starken Leute für sich zu gewinnen."
Foto: Tado

Wie muss man sich Personalarbeit in einem IoT-Startup vorstellen?

Verena Lanzinger: Zu Beginn meiner Zeit bei tado war ich Mädchen für alles im HR. Ob Administration, Recruiting oder neue Software-Lösungen implementieren, ich hatte gefühlt alles gleichzeitig gemacht. Da ich alleine war, konnten wir leider erst später anfangen, über Mitarbeiterentwicklung und Retention Management nachzudenken. In den ersten beiden Jahren meiner Arbeit lag daher der Fokus eindeutig auf Recruiting.

Softwarelösungen für Recruiting finden

Was war Ihre größte Herausforderung als Personalerin?

Verena Lanzinger: Ich musste aus verschiedensten Excel-Listen mit Personaldaten und Mail-Ordnen voll mit CVs und Recruiting-Unterlagen ein prozessgesteuertes System mit Softwarelösungen schaffen, das uns die Arbeit erleichtert sowie Daten sicher und DSGVO konform speichert. Wir hatten uns nach einiger Recherche für workable als Recruiting-Lösung und personio als HR-Lösung entschieden.

Auch die Expansion von Tado ins Ausland forderte Sie als Personalerin.

Verena Lanzinger: Mit der Anstellung diverser Mitarbeiter im Ausland hatte ich noch kaum Erfahrung. Es war eine sehr große Herausforderung, eine Payroll im Ausland ohne Know How aufzusetzen und nebenbei das Tagesgeschäft nicht aus den Augen zu verlieren. Wir haben seither auch häufig die Dienstleister gewechselt und sind jetzt in fast allen Ländern zufriedener Kunde des Lohnabrechnungsservices der AHK.

Wie funktioniert das Recruiting für ein Startup in so einem umkämpften Markt wie München?

Verena Lanzinger: Da es in München kaum Arbeitslosigkeit gibt, und die Unternehmen laufend einstellen, ist es für ein jüngeres Unternehmen nicht leicht, die starken Leute für sich zu gewinnen. tado punktet zum Glück mit einem attraktiven und grünen Produkt, aber damit allein erreicht man die Recruiting-Ziele nicht. Ambitioniert und erfolgreich einzustellen funktioniert nur mit viel Aufwand.

Anforderungen an den Recruiter

Was heißt das für den Recruiter?

Verena Lanzinger: Man darf nie lockerlassen und braucht einen motivierten Recruiter, der hinter dem Unternehmen steht und als "Verkäufer" für das Unternehmen agiert, gleichzeitig aber die Stärken und Schwächen des Bewerbers erkennt. Man muss sehr viel in den Trichter reinwerfen, damit unten ein bis zwei gute Kandidaten rauspurzeln, die man anstellen möchte. Und dann müssen diese Kandidaten erst einmal zusagen.

Man muss auf verschiedensten Ebenen rekrutieren. Neben einer attraktiven Karrierewebsite benötigt man eine gute Recruiting-Software, die die Jobs auf verschiedensten Portalen streut. Man muss sich gute Personalberater "heranziehen" - sozusagen vertrauensvolle Partner, die das Unternehmen kennen und verstehen. Neben Active Search schalten wir auch mal bezahlte Jobanzeigen auf Stackoverflow oder LinkedIn. Man muss sich ebenso mit neuen Recruiting-IdeenRecruiting-Ideen wie Google for jobs oder KI-Lösungen auseinandersetzen. Alles zu Recruiting auf CIO.de

Wie gehen Sie mit den Bewerbern und Ihren Erwartungen um?

Verena Lanzinger: Ich kann den Kandidaten nicht das Blaue vom Himmel versprechen und dann merken sie nach der ersten Woche bei uns, dass alles ganz anders ist. Wir machen deshalb immer einen Experience Day als letzte Runde im Einstellungsprozess: Der Kandidat verbringt einen ganzen Tag bei uns, bekommt ein paar Aufgaben, lernt das Team kennen und sieht, wie ein Tag bei tado abläuft.

Und wir lernen den Kandidaten natürlich auch nochmal besser kennen. Danach können beide Parteien besser einschätzen, ob es passt oder nicht. Grundsätzlich sollte man Zeit für einen qualitativ hochwertigen Recruitingprozess investieren, denn nur so kann man "hiring fails" zum Großteil vermeiden und das zahlt sich auf die lange Sicht auf jeden Fall aus!

In welchen Gebieten mussten Sie anfangs improvisieren?

Verena Lanzinger: Wir mussten auf jeden Fall im Bereich Personalstammdatenpflege und Urlaubsapprovals improvisieren. Wir konnten dann aber relativ schnell nach meinem Start alles auf einen Nenner bringen und mit Hilfe von personio einheitliche Prozesse aufsetzen. Im Grunde ist am Anfang aber alles Improvisation, weil man einfach noch wenig Erfahrungswerte hat.

In welchen Bereichen setzen sie auf digitale Tools, um ihre HR-Arbeit zu vereinfachen?

Verena Lanzinger: Auf jeden Fall im Bereich Recruiting und Personalstammdatenpflege. Als sehr junges Unternehmen kann man auch sehr gut mit verschiedenen Google-Tools arbeiten, wie Google Forms anstelle von einer teuren Softwarelösung für Mitarbeiterbefragungen und Engagement Scores. Ich würde auch sagen, dass man nicht unbedingt eine teure Softwarelösung für Mitarbeiterfeedback oder Goaltracking braucht.

Wichtiger ist es, die Mitarbeiter und Führungskräfte dafür zu sensibilisieren, dass Feedback und Ziele wichtig sind. Wenn hier die nötige Awareness da ist und die Führungskräfte wissen, wie "Feedback" funktioniert, kann man sich auch ein Google Spreadsheet zur Hilfe nehmen um 1o1 Meetings oder Feedback Meetings zu tracken.

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