Digitaler Wandel
Feind Nummer 1 der Buchbranche: Amazon
Steile Zuwächse im Internet-Handel mit dem unaufhaltsamen Vormarsch des E-Books: Für den traditionellen Buchhändler in Deutschland wird seit geraumer Zeit schon das Totenglöcklein geläutet. Selbstbewusst hat der Börsenverein des Deutschen Buchhandels am Dienstag in Frankfurt Zahlen präsentiert, die diese Prophezeiung zu widerlegen scheinen.
So hat erstmals im vergangenen Jahr der traditionelle Buchhandel, auf den etwa die Hälfte des Gesamtgeschäfts entfällt, bei der Entwicklung des Umsatzes besser abgeschnitten als der Online-Markt. Dieser ging sogar leicht zurück. Insgesamt verzeichnete die Branche mit 9,54 Milliarden Euro Buchumsatz nach zwei Minus-Jahren wieder ein minimales Plus von 0,2 Prozent. Die Pleite der katholischen Weltbild-Gruppe wird zugleich als hausgemachtes Problem ohne größere Auswirkungen auf die Branche gesehen.
Der stationäre Buchhandel habe den digitalen Wandel gemeistert und bleibe mit seiner Vielfalt eben einzigartig, frohlockt der Börsenverein. Inzwischen verkaufen vier von fünf Buchhändlern auch E-Books. Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis sieht die traditionellen Buchhändler sogar als Vorbild für den Einzelhandel.
Zwar mögen individuelle Beratung und Lieferservice im Buchhandel vorbildlich sein. Die Buchbranche hat aber allen anderen einen unschätzbaren Vorteil voraus - der Preis ihres Produkts ist festgelegt.
Auch dank der Buchpreisbindung scheint der Online-Handel an die Grenzen des Wachstums gekommen zu sein. Dem US-Konzern AmazonAmazon, der etwa 40 Prozent des Internet-Buchhandels hierzulande beherrscht, scheinen auch die Negativschlagzeilen über die dortigen Arbeitsbedingungen zu schaden. Der Buchkäufer sei ein "reflektierter Mensch", meint dazu Skipis. Alles zu Amazon auf CIO.de
Seinem Lieblingsfeind Amazon wirft der Börsenverein noch an anderer Stelle "Erpressung" und "Marktmissbrauch" vor. Der Online-Konzern hat nach Medienberichten in den USA und Deutschland die Auslieferung von Büchern zweier großer Verlagsgruppen verzögert, um diese bei E-Books zu höheren Rabatten zu zwingen. Der Börsenverein will jetzt das Kartellamt einschalten.
In Deutschland geht es um den schwedischen Verlagskonzern Bonnier, zu dem bekannte deutsche Verlage wie Ullstein, Piper, Berlin und Carlsen gehören. Zu Verhandlungen mit Verlagspartnern gebe man generell keine Auskunft, sagte dazu ein Amazon-Sprecher auf Anfrage der dpa vor einigen Tagen. Die Titel der Bonnier-Gruppe - sowohl digital als auch physisch - seien weiterhin über Amazon direkt bestellbar.
Der Kampf um den digitalen Wachstumsmarkt wird also mit harten Bandagen geführt: Im vergangenen Jahr wurden 21,5 Millionen E-Books in Deutschland verkauft. Das waren immerhin 60 Prozent mehr als 2012. Allerdings bleibt der Umsatzanteil der E-Books am Gesamtmarkt mit 3,9 Prozent (2012: 2,4 Prozent) immer noch bescheiden. In den USA liegt der E-Book-Anteil inzwischen bei etwa 20 Prozent.
Bis es soweit in Deutschland ist, wird es noch dauern. Immer noch sagen 68 Prozent aller Käufer, dass sie ihr Geld am liebsten in gedruckte Bücher investieren. Zugleich scheint sich die Parallelnutzung durchzusetzen. Auch E-Book-Käufer wollen nicht aufs gedruckte Medium verzichten, wie aus einer aktuellen Untersuchung des Börsenvereins hervorgeht. Umgekehrt nimmt die Angst der Händler vor dem digitalen Buch ab. Derzeit rechnen nur noch 40 Prozent (2013: 57 Prozent) mit weiteren Einbrüchen im klassischen Buchgeschäft. (dpa/rs)