Cloud-Ausbau in Europa
Google verspricht Kunden mehr Souveränität
"Wie bei fast jedem Aspekt unseres Lebens laufen die Dinge in diesem Jahr ein wenig anders", sagte Chris Ciauri, verantwortlich für Googles Cloud-Geschäfte in Europa zum Auftakt der GoogleGoogle Cloud Next OnAir EMEA. Der Manager geht davon aus, dass die Pandemie die Welt langfristig verändern wird. Darauf müssten sich die Firmen global in ihren Geschäftsstrategien einstellen. Ciauri beteuerte zum Auftakt des bis in den Oktober hinein angesetzten virtuellen Kunden- und Entwickler-Events: "Wir unterstützen Unternehmen und ihre Mitarbeiter sowie Regierungen und Schulen dabei, in diesen herausfordernden Zeiten zusammenzuarbeiten und zu lernen." Alles zu Google auf CIO.de
Dreh- und Angelpunkt dieser Bemühungen ist die Cloud. Erst kürzlich hatte Google vier neue Cloud-Regionen in Europa avisiert: Frankreich, Italien, Polen und Spanien. Darüber hinaus verlegt der Internet-Konzern eigene Tiefseekabel, um seine globale Cloud-Infrastruktur performant zu vernetzen. Nachdem das "Dunant"-Kabel vom amerikanischen Kontinent ausgehend (Virginia Beach) vor kurzem an der französischen Atlantikküste landete, soll ein weiterer Datenstrang, das "Grace-Hopper"-Kabel, die USA mit Großbritannien und Spanien verbinden. "All diese Projekte werden unserem Cloud-Netz weitere Kapazitäten und mehr Widerstandsfähigkeit verleihen", sagte Ciauri.
Der Manager betonte darüber hinaus die ambitionierten Nachhaltigkeitsziele Googles. Ab 2030 soll der gesamte Betrieb mit Kohlenstoff-frei erzeugter Energie laufen. "Wir sind der erste Cloud-Provider, der sich dazu verpflichtet", konstatierte Ciauri und bezeichnete die eigene Cloud als die "grünste" der Welt.
Google Cloud stellt sich in Europa neu auf
Google will sein Unternehmensgeschäft mit Cloud-Services weiter forcieren, um näher an die Marktführer Amazon Web Services (AWS) und Microsoft heranzurücken. Der europäische Markt spielt in dieser Strategie offenbar eine wichtige Rolle. Das spiegelt sich unter anderem in einer neuen Organisationsstruktur wider. In den zurückliegenden Monaten hat Google sein Geschäft diesseits des Atlantiks neu geordnet und eine Reihe von Managern angeheuert. Laurence Lafont soll sich um Industriekunden in Europa kümmern, Ex-SAP-Deutschland-Chef Daniel Holz hat Nordeuropa und die DACH-Region im Visier, Samuel Bonamigo Südeuropa. Pip White wurde zum Managing Director für die Länder Großbritannien und Irland ernannt.
Neben dem Ausbau der Infrastruktur und der Organisation nannte Googles globaler Cloud-Chef Thomas Kurian einen neuen Go-to-Market-Ansatz sowie einen erweiterten Enterprise-Support als zusätzliche Hebel, um das Cloud-Geschäft voranzutreiben. Namhafte Kunden wie der französische Handelsriese Carrefour, die Deutsche Bank, Lloyds Banking Group, Lufthansa, Renault sowie die Telco-Riesen Orange, Telecom Italia und Telefonica seien ein Beleg dafür, dass die Strategie aufgehe. Kurian zeigte sich zuversichtlich, dass diese Liste bald länger werde.
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Als Schlüssel für erfolgreiche Geschäfte mit Unternehmenskunden haben die Verantwortlichen ein offenes Ökosystem sowie den Faktor Sicherheit ausgemacht. Kurian räumte ein, dass es gerade in Europa etliche Bedenken hinsichtlich des Zugriffs von Regierungen und Geheimdiensten auf sensible Daten von Behörden und Unternehmen sowie der Abhängigkeit von global agierenden Cloud-Hyperscalern gebe. "Wir nehmen diese Fragen, die oft unter dem Oberbegriff der digitalen Souveränität diskutiert werden, sehr ernst", beteuerte der Google-Manager. Aus vielen Gesprächen wisse man, das europäische Kunden und politische Entscheidungsträger mehr Sicherheit und mehr Autonomie forderten. Google werde dieses Feedback bestmöglich in seiner Cloud-Strategie berücksichtigen.
Kurian zufolge arbeitet Google in drei Bereichen - Datensouveränität, operative Souveränität und Softwaresouveränität -, um insgesamt die digitale Souveränität im Zusammenhang mit Cloud ComputingCloud Computing zu fördern: Alles zu Cloud Computing auf CIO.de
Im Rahmen der Datenhoheit sollen Anwender den Zugriff auf die eigenen Daten in der Cloud komplett kontrollieren können. Auch der Provider soll nur in bestimmten vom Kunden genehmigten Szenarien auf die Daten zugreifen können. Ermöglicht werde dies beispielsweise mit Hilfe von Verschlüsselungsmethoden, in deren Rahmen die Schlüssel außerhalb der Cloud aufbewahrt werden.
Operative Souveränität bedeutet, dass Google-Mitarbeiter keine Möglichkeit haben, Einfluss auf die Workloads der Kunden und deren Verteilung in der Cloud zu nehmen. Damit hätten Anwender die gleichen Kontrollmöglichkeiten wie in ihren On-premises-Rechenzentren, verspricht der Cloud-Anbieter. Das bedeute beispielwiese, dass Cloud-Ressourcen in bestimmten Regionen allokiert werden könnten und sich die Zugriffsmöglichkeiten des Support-Personals je nach Kundenwunsch zuschneiden ließen.
Softwaresouveränität schließlich soll Kunden die Sicherheit bieten, dass sie ihre Workloads so kontrollieren und ausführen können, dass sie sich nicht an einen einzelnen Cloud-Anbieter binden müssen. Dazu müssen Anwender Google zufolge Zugang zu Plattformen haben, die offene APIs und Dienste umfassen, sowie über Technologien verfügen, die es ihnen erlauben, Applikationen über verschiedene Plattformen zu betreiben, sei es on premises oder in der Cloud.
"Bestimmte Kunden und politische Entscheidungsträger wollen beim Schutz sensibler Informationen und der Bereitstellung kritischer Dienste nicht von einem einzigen Cloud-Provider abhängig sein", stellte Googles Cloud-Chef Kurian fest. Dies sei eine wichtige Anforderung hinsichtlich ihrer eigenen Überlebensfähigkeit - für den Fall, dass ein Provider Cloud-Dienste beendet oder Software-Lizenzen abkündigt.
Aus Sicht des Managers lassen sich die Anforderungen nicht mit proprietären Lösungen erfüllen. Vielmehr brauche es dafür Open-Source-Tools sowie offene Standards und Schnittstellen. Nur so erhielten Kunden die Flexibilität, kritische Workloads über verschiedene Public Clouds hinweg einzusetzen und, falls erforderlich, aus der Cloud heraus zu migrieren.
Open Source für mehr Interoperabilität
Ein solcher Open-Source-Ansatz unterscheide sich stark von Lösungen, mit denen die Kunden an den proprietären Technologie-Stack eines Cloud-Dienstanbieters gebunden seien, ließ Kurian verlauten ohne konkrete Namen zu nennen. "Bei Google Cloud arbeiten wir mit der Open-Source-Community zusammen, um viele unserer Dienste auf Open-Source-Technologie zu entwickeln und Lösungen voranzubringen, die die Interoperabilität fördern", konstatierte der Google-Manager.
Als Beispiel für die eigene Open-Source-Orientierung führte Kurian "Anthos" an, eine Orchestrierungs-Plattfom, mit deren Hilfe Anwender Programme und Workloads über unterschiedliche Plattformen hinweg entwickeln und steuern könnten. Kunden erhielten damit die Sicherheit, ihre Anwendungen zurück in lokale Umgebungen zu migrieren und dort ohne Unterstützung des Providers weiterzumachen.