Internationale Projekte steuern
Graustufen im Wella-Standard
Um einen Konsens zu erzielen, schickt der CIO seine Mitarbeiter reichlich auf Reisen. Derzeit laufen zwischen 30 und 40 IT-Projekte weltweit, acht davon beschäftigen sich mit ERP. Eins heißt SWAP (SAP Wella in Asia Pacific) - Hoffmanns Modell für den internationalen Einsatz eines Template für Sales and Distribution. Acht Landesgesellschaften von Thailand bis Neuseeland führen gemeinsam einen Prototypen aus Deutschland ein. Ein externer Rechenzentrumsbetreiber in Singapur hostet das Projekt. Alle Landesgesellschaften sind über ein sicheres virtuelles Privatnetz (VPN) miteinander verbunden; Bangkok bildet die Projektzentrale. Nach dem Kick-off im Juni 2001 hat Thailand Anfang Januar als erste Landesgesellschaft live geschaltet. Neuseeland ist vor kurzem gefolgt; bis Ende Dezember sollen auch die anderen fertig sein. "Wir liegen in der Zeit und im Budget-Rahmen", sagt Projektleiter Ulrich Katte.
Keinen Stolz brechen
Ein wesentlicher Grund, warum SWAP die Zeitvorgaben einzuhalten scheint, liegt in der Phase vor dem Kick-off. Projektleiter Katte ist zu allen Geschäftsführern geflogen und hat erst sich und dann das Template vorgestellt. "Ich bin gewarnt worden", sagt der Mann aus Bangkok: "Je weiter weg, umso weniger wollen die Gesellschaften vom Headquarter wissen." Um keine Fronten aufzubauen, trat der Projektleiter deshalb zunächst als Berater auf und half seinen Gesprächspartnern bei der Provider-Wahl, beim Hardware-Kauf oder mit methodischem Wissen zum ProjektmanagementProjektmanagement. "Das sind Geschäftsführer mit Freiheitsgraden", ergänzt Hans-Jürgen Hoffmann: "Wir schreiben ihnen vor, bei einem Release-Wechsel unseren Standard einzuführen. Aber wann sie wechseln, bestimmen sie selbst." Wer eigene IT-Lösungen gefunden habe und sein Geschäft erfolgreich führt, sei nicht immer begeistert über Ideen aus der Zentrale. "Stolz sind sie alle", sagt Meinhard Hoffmann über die lateinamerikanischen Geschäftsführer. "Stolz sind die Asiaten auch, sie zeigen es nur nicht so", entgegnet Katte. Alles zu Projektmanagement auf CIO.de
Überzeugungsrundflüge wie der von Katte werden von der Amerikanerin Jaclyn Kostner, Autorin und Gründerin des Beratungshauses Bridge the Distance, deshalb auch als eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg von internationalen Projekten genannt. Bevor ein virtuelles Team die Arbeit über mehrere tausend Kilometer hinweg beginnt, müsse ein Vertrauensverhältnis aufgebaut sein.
Teams entstehen nicht am Telefon
Die Darmstädter und ihre Töchter haben das beherzigt. 16 Teilnehmer aus 13 verschiedenen Nationen kamen zum Kick-off nach Bangkok. Die Gesellschaften haben jeweils zwei Vertreter entsandt, in der Regel einen Mitarbeiter aus der IT und einen aus der Fachabteilung. Außer Australien und Neuseeland haben alle unterschiedliche Muttersprachen eingebracht. "Wir hatten Glück, dass wir in den anderen Ländern immer ein Pärchen gefunden haben, das Englisch konnte", sagt Projektleiter Katte. Meinhard Hoffmann aus Rio lehnt sich an dieser Stelle entspannt zurück. In dem Team, das er gerade zusammenschweißen soll, spielt Sprache nur eine untergeordnete Rolle.
Bei SWAP sind die Ländervertreter nach dem Kick-off-Meeting nicht wieder auseinander gelaufen. Sie arbeiten immer noch nach dem On-off-Prinzip. Das heißt, sie verbringen 14 Tage am zentralen Projektstandort Bangkok und dann eine Woche zu Hause, um die dort angefallene Arbeit zu erledigen. Die Kollegen aus Neuseeland müssen dafür jedes Mal fünf Zeitzonen überspringen. Das Feedback durch die Mitstreiter empfinden sie dennoch als hilfreich für das Customizing. "Die sind wirklich physisch ein Team", so Hans-Jürgen Hoffmann. "Die haben die gleiche Denke. Das schaffen Sie nicht am Telefon."