CIO Michael Loechle
Hitachi Energy stellt IT auf eigene Beine
2018 kündigte der Schweizer Energie- und Automationstechnik-Konzern ABBABB an, seine Stromnetzsparte an Hitachi verkaufen zu wollen. Im Januar 2019 wechselte der damalige Interim-ABB-CIO Michael LoechleMichael Loechle in diese Division, die rund ein Viertel von ABB ausmachte. "Ich wollte diesen Deal mitmachen. Das ist eine 'once in a lifetime' Chance, die wir nur mit unserem exzellenten Team wahrnehmen konnten," sagt der IT-Chef. Damit begann die Planung für den so genannten Carve-out der kompletten Sparte. Top-500-Firmenprofil für ABB Profil von Michael Loechle im CIO-Netzwerk
Planung des Carve-outs
Im Sommer 2020 ging die Stromnetzsparte in ein Joint Venture namens Hitachi ABB Power Grids über. "Die große Überraschung für uns war, dass Hitachi unsere IT nicht integrieren, sondern eigenständig aufstellen wollte," so Loechle. Das sei unüblich bei einem Carve-out dieser Größe - er umfasste zirka 40.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Jedoch bliebe Hitachi so strategisch flexibel.
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Also musste das Team um Loechle für den Geschäftsbereich eine komplett neue, eigene IT "auf der grünen Wiese" aufbauen. Das betraf auch die IT-Infrastruktur für etwa 200 Fabriken in 70 Ländern.
Schneller als gedacht
Um in der Übergangsphase das Geschäft aufrecht zu erhalten, wurde ein Transitional Service Agreement (TSA) für den IT-Bereich zwischen den beiden Unternehmen vereinbart. Dabei wurde im Betrieb der Infrastruktur und der Applikationen unterstützt.
2022 kaufte Hitachi - früher als geplant - die Anteile der ABB an der Stromnetzsparte auf und machte das Unternehmen zu einer hundertprozentigen Tochter: Hitachi Energy. Das TSA lief noch bis zum Sommer 2023. Loechle: "Wir haben eine Punklandung hingelegt; am 1. Juli 2023 waren alle Nicht-ERP-Anwendungen und die gesamte IT-Infrastruktur in die neue Umgebung migriert."
Für das neue ERPERP hatte sich Hitachi Energy entschieden, die rund 30 lokal betriebenen SAP-Systeme der ehemaligen Power-Grids-Sparte in eine einzige globale S/4HANA-Instanz zu überführen. Das Projekt wird vom Business aus geführt. "Das TSA für das ERP läuft noch weiter," so der IT-Chef. Alles zu ERP auf CIO.de
Gleichzeitig wurden ein Großteil der HR-Systeme auf Workday verschoben, das weltweite Personal-System der Hitachi Group. Zudem wurde ServiceNow als Plattform für das IT-Service-Management implementiert.
Für die neue Infrastruktur wählte die Firma einen externen Servicepartner: "Wir habe keine eigenen Rechenzentren aufgebaut, sondern sind direkt in die Cloud, auch mit vielen Applikationen." So wird etwa S/4HANA auf Microsoft Azure gehostet. Die Strategie von Hitachi Energy ist, es keine eigene Infrastruktur, wie beispielsweise Data Center aufzubauen und zu betreiben.
Weg mit alten Zöpfen
Im Zuge dessen sollte auch die Anzahl der Anwendungen reduziert werden. "Wir hatten viele historisch gewachsene Applikationsportfolios in den Fabriken. Das wollten wir harmonisieren und verschlanken," so Loechle. Bisher habe sein Team etwa 1.000 Anwendungen abschalten können, rund 3.500 sind noch in Betrieb. Das weiter zu reduzieren, bleibe eine Kernaufgabe, erläutert der CIO.
Um neuen Wildwuchs zu vermeiden, organisiert Loechle zudem die IT-Verantwortlichkeiten um. Folgende Struktur soll im Frühjahr in Kraft treten: Die Cloud und die großen Plattformen wie Workday, Servicenow oder Salesforce bleiben zwar unter der Oberhoheit der zentralen IT. "Wir geben aber viel mehr Verantwortung in unsere vier Business Units ab im Sinne der Demokratisierung der IT." Wenn die Geschäftsbereiche selbst direkt für ihre IT bezahlten, hätten sie die nötige Transparenz und würden stärker darauf achten, ihre IT-Applikationslandschaft zu reduzieren.
Die Business Units sind damit für den gesamten Applikation-Stack zuständig. Das umfasst das Anwendungs-Management, die Service-Auslieferung und das Patchen der Apps. Guidelines und Policies - Security-, Architecture, und Governance-Framework - gibt die zentrale IT vor, umsetzen müssen sie die Geschäftseinheiten.
"Das ist ein großer Change, in dem wir auch viel IT-Personal in die Geschäftsbereiche verlagern, damit sie diese Aufgaben stemmen können," erklärt Loechle. In der alten Welt habe es drei IT-Standbeine gegeben: die Corporate-, die Business- und die regionale IT. Letztere werde aufgelöst und die IT-Belegschaft aus diesem Bereich in die Business Units integriert. Zudem werden IT/OT-Spezialisten aus den Standorten und Fabriken, die bisher nicht unter der Business-IT liefen, dort angesiedelt. Nun gibt es nur noch Konzern- und Geschäftsbereich-IT. Letztere bleiben jedoch Teil der Gesamt-IT.
Die verschiedenen IT-Domänen teilen sich in Core, Common und Distinct. Core beschreibt die Plattformen, die alle Geschäftsbereiche benutzen. Distinct bezieht sich auf Applikationen, die nur in einem Bereich eingesetzt werden, diese machen den größten Anteil aus. Common bezeichnet IT, die in mehreren, aber nicht allen Geschäftsbereichen vorhanden ist, wie etwa Product-Lifecycle-Management.
So sollen die unterschiedlichen Geschäftsmodelle der Business Units besser bedient werden können - etwa das Zusammenspiel von IT und OT. "Da die Geschäftsmodelle so verschieden sind wie bei unseren Geschäftsbereichen, muss das im Business direkt passieren," urteilt der IT-Chef.
Timeline der Migration
Bis Ende Juni 2023 wurden alle 40.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Laptops ausgestattet. "Mit den Lieferkettenproblemen während und nach Corona war das eine große Herausforderung," erinnert sich Loechle. Diese Herkulesaufgabe stemmte die IT in 12 sehr kurzen Phasen nach Ländern gestaffelt.
Der Wechsel auf die neue Infrastruktur erfolgte in einem Big Bang. Dazu baute Hitachi Energy ein großes internes Team für Change-Management auf und holte sich externe Unterstützung dazu. Es habe viele Schulungen und Trainings gegeben, so Loechle.
Die Applikationen wurden ab 2020 über drei Jahre hinweg verschoben. Dazu gab es eine "Migrations-Factory", in der die IT mit einem externen Partner gemeinsam die Anwendungen schrittweise in die neue Infrastruktur hob.
"Das war auch eine große Chance für uns, da wir jede einzelne App anfassen und migrieren mussten und so zum ersten Mal wirklich gesehen haben, wie viele und welche Applikationen wir überhaupt haben," so der CIO. So kämen auch mögliche Schatten-IT-Anwendungen in den Geschäftsbereichen zutage, die es für die Teams in der Folge abzubauen gelte. "Es darf keine IT in Business Units mehr geben, für die die Business-Unit-IT nicht zuständig ist," formuliert Loechle das Ziel.
Durch den TSA wurden Großteile der alten Umgebung gespiegelt. Nun gilt es zu evaluieren, was wirklich dem Business zuträglich ist. Unter dem Motto "Fit for Purpose" analysiert das Team um Loechle Teile der IT, die unter- oder überversorgt sind und will sie entsprechend anpassen.
Unerwartete Kosten
Es lief jedoch nicht alles rund. "Die Group-Services, die wir aus der vorherigen Konzernstruktur bezogen haben, mussten wir ebenfalls in der neuen Umgebung abbilden," berichtet Loechle. Das schließt etwa ComplianceCompliance, Regularien-Management, Finanz-Controlling, People-Management und Risikomanagement mit ein. Alles zu Compliance auf CIO.de
"Diese Non-Core-IT-Services aus dem TSA habe ich unterschätzt," gibt Loechle zu. Solche Dienste selbst neu aufzubauen war teurer und aufwändiger als gedacht. "Im Nachhinein hätte ich mir also einen großzügigeren finanziellen Puffer heraushandeln sollen," resümiert der CIO.
- Damian Bunyan
Damian Bunyan ist seit Januar 2016 CIO der E.ON-Abspaltung Uniper in Düsseldorf. In dem Unternehmen werden die E.ON-Bereiche konventionelle Stromerzeugung, Energiehandel und Exploration & Produktion gebündelt. Von 2006 bis 2013 war Bunyan Mitglied der Geschäftsführung des E.on Business Services. - Sebastian Weber
Seit 1. Juli verantwortet Sebastian Weber als CTO bei Eon den IT-Betrieb. Er soll auch die digitalen Plattformen des Konzerns ausbauen. Zudem hat er gemeinsam mit Christopher d'Arcy in einer Doppelspitze die Geschäftsführung der IT-Tochter Eon Digital Technology GmbH übernommen. Beide berichten direkt an Digitalvorständin Victoria Ossadnik. - Martin Hölz
Ab 1. April 2020 wird Martin Hölz CIO der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) mit Sitz in Karlsruhe. Er löst Frank Krickel ab, der seit Juni 2017 die Position des Leiter der Funktionaleinheit Informationstechnologie (C-TI) innehatte und das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlässt. - Philip Lübcke
Philip Lübcke ist seit September 2019 Geschäftsbereichsleiter IT der TEAG Thüringer Energie. Er berichtet an den Vorstand Personal und IT Wolfgang Rampf. Zuvor war Lübcke sechseinhalb Jahre lang CIO der Frankfurter Mainova AG. Insgesamt brint er 15 Jahre Erfahrung aus der Energiebranche mit. - Jan-Wilm Buschkamp
Jan-Wilm Buschkamp ist seit August 2019 Bereichsleiter IT der Mainova AG. Seitdem hat das Team um den CIO mit „hybrIT2023“ ein IT-Transformationsprogramm erarbeitet, um den Frankfurter Energieversorger zukunftsfähig zu machen. Ziel des Programms ist es unter anderem, mehr Wert zu generieren, das Unternehmen lean und agil aufzustellen sowie Prozesse end-to-end zu gestalten. - Oliver Herzog
Zum 1. September 2023 übernimmt Oliver Herzog den CIO-Posten bei der Thüga. Seine Vorgängerin Annette Suckert scheidet altersbedingt aus dem Unternehmen aus. - Thorsten Steiling
Thorsten Steiling ist seit Februar 2019 CIO Oerlikon Group & Managing Director Oerlikon IT Solutions AG. Er berichtet an Boris von Bieberstein, Head of Group Business Services. Zuvor war Steiling von September 2017 bis Januar 2019 CIO/Head of Corporate IT beim Automobilzulieferer Veritas AG in Gelnhausen. - Marcus Schaper
Marcus Schaper ist CIO bei der neuen RWE-Tochter Innogy. Er kommt von der Mutter RWE. Er war zuvor Head of IT bei der RWE Supply & Trading. Schaper hat an der WWU Münster Wirtschaftsinformatik studiert und war seit dem Jahr 2000 bei McKinsey. Zu RWE kam er im April 2010. Bis zum Börsengang der neuen RWE-Tochter fungierte Schaper als CIO für beide Konzernteile, seitdem ist er CIO der neuen Tochtergesellschaft. Übergreifende IT-Aufgaben in der RWE AG werden derzeit von Winfried Bröring wahrgenommen. - Jan Leitermann
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Jürgen Skirde ist CIO der RAG. Gleichzeitig hat er die operativ ausgerichtete Funktion des IT-Leiters inne. Im Konzern arbeitet der Diplom-Ingenieur schon seit 1985 - zunächst zehn Jahre auf Bergwerken, seither im IT-Management. Unter anderem leitete er SAP-Einführungsprojekte, von 2004 bis 2011 war er für die Infrastruktur verantwortlich. - Jan-Hendrik Semkat
Seit November 2017 ist Jan-Hendrik Semkat neuer Bereichsleiter Innovations- & IT-Management bei Natgas. Der gebürtige Oldenburger war mehrere Jahre in den Bereichen Softwareentwicklung, Projektmanagement und Beratung in der Energiewirtschaft tätig. Zuletzt war er Geschäftsführer der SIV Utility Services. - Jörg Ochs
Jörg Ochs (51) hat am 2. September die Leitung der Informationstechnologie der Stadtwerke München (SWM) übernommen. Er berichtet an den technischen Geschäftsführer der SWM Helge-Uve Braun. Ochs ist bereits seit 2017 Geschäftsführer der SWM Infrastruktur GmbH, der SWM Infrastruktur Region GmbH und der RegioNetzMünchen GmbH. Insgesamt ist er bei der SWM seit 2003 beschäftigt, unter anderem als Senior-Manager IT-Security, Leiter IT-Security und Datacenter/Infrastruktur und als Leiter Telekommunikation bei der SWM Services GmbH. - Michael Seiferth
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