IBM-Deutschlandchef im Interview

"Ich will auch noch Günther Jauch knacken"

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
IBMs neuer Deutschlandchef Gregor Pillen musste sich zum Start in den Job einer absoluten Ausnahmesituation stellen.
IBM Deutschland hat nach dem Weggang von Matthias Hartmann mit Gregor Pillen einen neuen Deutschlandchef. Im COMPUTERWOCHE-Interview spricht der Manager über die Folgen der Pandemie, die neue Art zu arbeiten und die Zukunft der Cloud.
IBM Deutschland hat nach dem Weggang von Matthias Hartmann mit Gregor Pillen einen neuen Deutschlandchef. Im COMPUTERWOCHE-Interview spricht der Manager über die Folgen der Pandemie, die neue Art zu arbeiten und die Zukunft der Cloud.
Foto: Chr. Offenberg - shutterstock.com

Im COMPUTERWOCHE-Interview erklärt IBMs neuer Deutschlandchef Gregor Pillen unter anderem, wie er die Mammutaufgabe Corona bewältigt und wie er den Umbruch bei Big Blue weiter vorantreiben will.

Sie sind Anfang des Jahres als neuer IBM-Geschäftsführer in der DACH-Region gestartet und nach nur kurzer Zeit im Zuge der Coronakrise mit einer Ausnahmesituation konfrontiert worden. Wie haben Sie dieses Krisenszenario bei sich intern wahrgenommen und wie sind Sie damit umgegangen?

Gregor Pillen: Wir als Unternehmen und als Team konnten mit der Krise sehr gut umgehen. So etwas wie Arbeit von zu Hause aus propagieren wir seit langer Zeit. Viele Leute vergessen, dass die IBM schon vor über 25 Jahren den Telearbeitsplatz mit den Gewerkschaften ausgehandelt hat. Das betrifft die Ausstattung, die Software und die Tools, um die Mitarbeiter so zu stellen, dass sie jederzeit frei entscheiden können, ob sie zu Hause, beim Kunden, von unterwegs oder vom Büro aus arbeiten.

Sie waren also gut vorbereitet?

Pillen: Die gesamte IBM - und hier spreche ich nicht nur von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterwegs sind - auch unsere Support- und Delivery-Center bis nach Indien und China, sind zu 95 Prozent ins Homeoffice gewechselt. Wir haben nur die absolut Business-kritischen Support-Services vor Ort gehalten.

Wie kam das bei ihren Kunden an?

Pillen: Wir haben ein überwältigend positives Feedback unserer Kunden bekommen. Die waren sehr beeindruckt davon, wie wir das alles hinbekommen haben. Viele waren auch überrascht, was alles remote funktioniert, sogar Projektarbeit. All die Collaboration Tools werden von den Unternehmen jetzt viel stärker angenommen. Kunden haben mir auch immer wieder erzählt, sie seien überrascht gewesen, wie schnell bei den eigenen Mitarbeitern eine Verhaltensänderung eingetreten sei. Diese hätten schnell gemerkt, wie gut man mit all diesen Tools arbeiten kann.

Gregor Pillen, Deutschlandchef von IBM.
Gregor Pillen, Deutschlandchef von IBM.
Foto: IBM

Ich persönlich bin mitten im Welcome herausgerissen worden. Ich hatte gerade meine ersten Besuche in Köln, Düsseldorf, München, Zürich und Wien hinter mir, als der Lockdown kam. Da musste ich mir schnell überlegen, wie ich möglichst nah an die Mitarbeiter rankomme. Wir haben dann begleitend zu all unseren Aktivitäten in Bezug auf Kundenkontakte unsere interne Kommunikation intensiviert. Ich habe eine Gesprächsreihe mit unterschiedlichsten Personen begonnen, mit Mitarbeitern und mit Externen, zum Beispiel Politiker, Ärzte etc.

Hier hatte ich mittlerweile knapp 20 verschiedene Gesprächspartner, mit denen ich 15 bis 20 Minuten lange Interviews gemacht habe. Die Themen waren bunt gemischt: In einem Gespräch mit unserer Betriebspsychologin ging es darum, wie man persönlich mit der Situation umgeht oder wir hatten Themen zu unseren eigenen Angeboten, wie wir in der Krise unseren Kunden helfen können.

"Die anfängliche Begeisterung endete vielerorts in Erschöpfung"

Glauben Sie, dass die Veränderungen nachhaltig und dauerhaft sein werden?

Pillen: Wir sprechen ja gerne vom New Normal. Ich sehe im Markt eine hohe Zustimmung, dass es eine Rückkehr zum alten Normalzustand auch in drei Jahren nicht geben wird. Die meisten sind überzeugt, dass der Schub, mehr mit digitalen Medien zu arbeiten und mehr zu digitalisieren, überwiegend positiv gesehen und eingeschätzt wird. Nichtsdestotrotz sind sich alle darüber im Klaren, dass wir noch lange nicht überblicken können, was die Veränderungen für den Arbeitsalltag, die Leistungsfähigkeit von Organisationen, die Führungsfähigkeit und die Motivation bedeutet.

Welche Phänomene beobachten Sie denn?

Pillen: Die Monate im Homeoffice, die wir jetzt erlebt haben, verursachen natürlich auch einen gewissen Disconnect und eine Ermüdung. Ein Kunde erzählte mir, dass er langsam merkt, seine Mitarbeiter verlieren die Orientierung. Es gibt kein richtiges Gefühl mehr fürs Wochenende. Der Arbeitsalltag zu Hause sorgt dafür, dass die Menschen teilweise gar nicht mehr wissen, welcher Wochentag eigentlich gerade ist.

Die anfängliche Begeisterung, man könne jetzt von morgens bis abends einen Video-Call nach dem anderen machen, endete vielerorts in Erschöpfung. Deswegen haben auch wir unsere Leute immer mal wieder daran erinnert, dass man eine Kamera auch einmal ausschalten kann.

Wo führt das hin?

Pillen: Ich glaube, dass wir in ein hybrides Modell wechseln werden. Wir praktizieren das teilweise jetzt schon in unserem Phasenkonzept, in dem wir definiert haben, wie eine Rückkehr ins Büro und das Zusammenspiel mit Homeoffice aussehen könnte. Dort, wo wir sehen, dass es einen höheren Mehrwert für unsere Kunden produziert, wenn die Mitarbeiter ins Büro gehen, haben wir unsere Lokationen entsprechend vorbereitet und Corona-compliant gemacht.

Ich habe auch wieder angefangen, Kunden zu besuchen, aber in einem hybriden Modell. Das heißt, die Kollegen oder Experten, die man mit dabei haben möchte, holt man via Videokonferenz dazu und beschränkt sich in dem physischen Meeting auf die vier oder fünf wirklich wichtigen Schlüsselpersonen - die Entscheider, die dann mit dem gehörigen Abstand zueinander sitzen. So habe ich wieder angefangen, mehr physische Präsenz zu zeigen. Das funktioniert erstaunlich gut. Vor Ort lässt sich besser erkennen, wie bestimmte Botschaften ankommen, wo Zwischentöne durchklingen - das lässt sich per Video nicht so einfach registrieren und verstehen.

Beschleunigt sich in der Krise die Digitalisierung? Und wie nehmen Sie die Situation in den Betrieben wahr, die ja auch vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen stehen und teilweise an allen Ecken und Enden sparen müssen - auch bei der IT?

Pillen: Der Schub hin zu einer stärkeren digitalen Transformation wird auf allen Ebenen gefordert und auch als notwendig erachtet. Das ist deutlich wahrzunehmen. Allerdings hat sich die Motivation in Sachen Digitalisierung etwas verändert. Es gibt zwei Entwicklungen, die ich an dieser Stelle interessant finde: Die Krise hat deutlich gemacht, dass die Digitalisierung stärker darauf abzielen muss, die Resilienz, die Widerstandsfähigkeit eines Unternehmens zu betonen.

Die entscheidende Frage lautet: Wo muss ich digitalisieren, um die Fähigkeit zu entwickeln, schneller umschalten zu können, um meinen Betrieb am Laufen zu halten und meine Leute remote arbeiten zu lassen. Das ändert die Prioritäten im Projektportfolio. Kunden hinterfragen die Projekte, die diese Aspekte momentan nicht in den Vordergrund stellen. Diese Vorhaben werden nach unten priorisiert oder sogar pausiert, und andere Dinge werden stärker nach vorne geholt.

Der zweite Punkt: Zur Resilienz gehört dazu, dass Medienbrüche verhindert werden. Was viele Betriebe und Behörden gerade jetzt feststellen ist, dass es immer noch jede Menge Medienbrüche in ihren Abläufen gibt und die Digitalisierung im Grunde genommen einen Flickenteppich darstellt. Sie merken, dass sie mehr für die Integration tun müssen.

Was heißt das für IBM?

Pillen: Wir können mit unserem hybriden Ansatz und unserer Open-Source-Philosophie die Integration heterogener IT-Landschaften viel glaubwürdiger und schneller voranbringen. Es gibt einen Push in Richtung Hybrid Cloud, aber auch in Richtung von Modellen, mit denen sich alte und neue Welten sowie Zwischenlösungen besser verbinden lassen. Auch um die Workflows mit all den digital verfügbaren Informationen so zu unterstützen, dass gerade die isoliert arbeitenden Mitarbeiter nicht abgekoppelt werden.

"Der Plattformbegriff ist mittlerweile stark strapaziert"

Stehen wir hier vor einem Paradigmenwechsel?

Pillen: Jeder muss sich überlegen: Was ist meine Kernkompetenz und wer sind meine Kunden? Wie sichere ich meinen Revenue ab? Was muss ich überhaupt tun, um Umsatz zu machen? An dieser Stelle wächst die Bereitschaft, über neue Partnerschaften, Sourcing-Modelle und Plattformen nachzudenken.

Das spiegelt sich wider in einem deutlich forscheren und mutigeren Ansatz - aggressiv wäre vermutlich das falsche Wort - Paradigmenwechsel zuzulassen und auf große Partner wie uns oder unsere Wettbewerber zuzugehen mit der Frage: Habt ihr eine Idee, wie wir bestimmte Dinge ganz anders machen können? Es geht dabei nicht so sehr um das Outsourcing, sondern vielmehr um das Outtasking. Es ist der Plattformgedanke, der hier auf einmal reüssiert und skaliert.

Mit dem Plattformansatz verbunden ist ja auch eine Veränderung im Mindset der Anwenderunternehmen. Daten-Sharing und die Öffnung nach außen sind wesentliche Bestandteile der Plattformökonomie. Wie weit sind die deutschen Unternehmen an dieser Stelle aus Ihrer Sicht?

Pillen: Der Plattformbegriff ist mittlerweile stark strapaziert und wird scheinbar auch widersprüchlich aufgefasst. Wenn Volkswagen von einer Plattformstrategie spricht, dann geht es darum, innerhalb des Konzerns eine Plattform aufzubauen. Das ähnelt dem, wie man Plattformen vor zehn Jahren als Enterprise Service Bus gesehen hat - es geht um Integration und wie man unterschiedliche Bereiche miteinander verbindet.

Es gibt aber auch noch eine zweite Perspektive, wie man Plattformen betrachten kann. Damit lassen sich ganze Branchen und Industrien transformieren. Wir haben dafür heute schon gute Beispiele wie Blockchain: Auch bei der Logistik-Plattform TradeLens waren am Anfang alle skeptisch. Zuerst haben wir mit unserm Partner Maersk im Tandem angefangen und die Plattform dann geöffnet, so dass sich auch ihre Wettbewerber an der Plattform beteiligen können. Heute ist TradeLens eine der mächtigsten Blockchain-Plattformen in der Logistik. Jetzt merken auf einmal alle, dass es Sinn gibt, hier eine Art Standard zu etablieren.

Ähnlich funktioniert es im Banking mit dem we.trade-Konsortium. Damit ist es gelungen, über ganz Europa hinweg via Blockchain ganz unterschiedliche Wettbewerbsmodelle zu integrieren. Auch Asien ist mittlerweile mit an Bord. Alle Beteiligten an so einer Plattform, Finanzdienstleister wie auch die großen Geschäftskunden der Banken stellen mit einem Mal fest, dass zum Beispiel der Handel mit China oder Indien deutlich sicherer, verlässlicher und transparenter wird.

Drittes Beispiel: Gesundheitswesen. Hier gibt es in Deutschland eine Plattform, die noch von vielen unterschätzt wird. Das Image der digitalen Gesundheitsakte war über viele Jahre schlecht. Was hier aber in der Zusammenarbeit der IBM mit der Techniker Krankenkasse und mittlerweile vielen anderen entstanden ist, ist eine Plattform, die in Deutschland läuft, BSI-zertifiziert ist und die höchsten Sicherheitsstandards erfüllt. Gesetzliche und private Kassen agieren hier auf derselben Plattform. Der Unterschied liegt letzten Endes in dem Service, den sie darauf on Top bauen.

Das heißt im Grunde also, Plattformen neu zu denken?

Pillen: Der Plattformgedanke manifestiert sich zunächst als Enterprise Plattform - sicher ein wichtiges Thema innerhalb eines Betriebes, um flexibel die Integration sicherzustellen und Medienbrüche zu vermeiden. Meistens verbunden mit einer Multi- und oder Hybrid-Cloud-Strategie. Die anderen Plattformen zielen darauf ab, ganze Industrien zu transformieren. Ich könnte hier noch viele weitere Beispiele bringen. Wir bauen mit der Ergo hier in Deutschland eine Plattform für Versicherungen. Auch Aegon aus den Niederlanden hat die Idee repliziert.

Daran sieht man, was derzeit im Markt passiert. So eine Plattform bietet Offenheit, Kontinuität und die Möglichkeit, dass sich andere dort flexibel andocken. Sie muss ein Geschäftsmodell bieten, das langlebig ist. Sie muss vertrauenswürdig sein, damit die Beteiligten in die Entwicklung der Plattform investieren. Dabei investieren sie im Grunde nicht direkt in die Plattform, sondern darin, wie sie auf der Plattform ihren added value aufsetzen.

Sie sprechen die unterschiedlichen Konsortien an, die Entwicklung von Standards. Wie sehen Sie an dieser Stelle die Rolle der IBM? Als reiner Technologiepartner oder reicht das weiter?

Pillen: Wir als IBM sind traditionell international wie auch in Deutschland in vielen Standardisierungsgremien vertreten. Beispielsweise beteiligen wir uns bei Gaia-X. Dabei gilt es für uns sicherzustellen, dass es keine protektionistische europäische Cloud wird, sondern eine Cloud, die dem europäischen Geist entspricht, die auch offen ist und sich mit dem Rest der Welt verbinden lässt.

Darüber hinaus haben wir begonnen, uns bei gewissen Plattformen selbst zu engagieren, nicht nur als Technologiepartner, sondern als Investor oder Teil des Business Cases - nach dem Motto "skin in the Game". Ein Beispiel dafür ist die schon angesprochene Versicherungsplattform: Hier gibt es ein gehöriges Co-Invest von uns und unserem Partner msg systems. Man braucht zwar immer einen "Anchor Client", aber mit dem ersten Kunden trägt sich der Business Case noch nicht.

Es braucht also erst einmal einen langen Atem?

Pillen: Wenn ich am Anfang gesagt habe, Plattformen müssen offen, langlebig und robust sein, passt das natürlich zu unserem Image. Trotz unseres Alters von 110 Jahren wirken wir nicht verstaubt - eher als Hybrid zwischen ständiger Innovation und Erneuerung, aber gleichzeitig Verlässlichkeit, Langlebigkeit sowie dem Versprechen von Glaubwürdigkeit und Kontinuität. Unsere Philosophie ist es, im Business immer der Connector zu sein, der Brückenbauer und auch immer die Bereitschaft und den Willen zu zeigen, zu investieren. Das wird bei den Kunden, so registriere ich es zumindest, sehr positiv aufgenommen.

"KI nicht nur transparenter machen, sondern schützen"

Stichwort Innovation - IBM hat frühzeitig neue Themen ins Rollen gebracht, wie zum Beispiel KI mit Watson. Heute geben allerdings andere wie AWS oder Google mit ihren Cloud-Services den Ton an. Muss IBM nicht befürchten, hier ins Hintertreffen zu geraten?

Pillen: Ich stelle immer wieder mit Stolz fest, dass IBM nach wie vor die Fähigkeit hat, etwas am Markt zu bewegen und zu verändern. Sie sprachen es an: Wir waren einer der ersten, als es um das Thema KI ging. Es war in der Vergangenheit oft so, dass wir Märkte als erste beschritten haben, und dann kamen die Wettbewerber nach. Wir stecken jedes Jahr fünf bis sechs Milliarden in Forschung und Entwicklung. Daraus entstehen nicht nur Patente, sondern auch Muster und Ideen.

Ich stelle aber auch fest, gerade wenn Sie die Hyperscaler ansprechen, dass wir uns dort, wo wir unsere Kernkompetenz sehen, nämlich im Enterprise-Business, wenn es um den geschäftskritischen Workload geht, gut behaupten, sowohl im KI- wie auch im Cloud-Bereich.

Wir können glücklich sein, dass es Wettbewerb gibt, zum Beispiel bei der Quantentechnologie. Google will den schnelleren Rechner haben, wir haben das größere Ecosystem. Es wird sich zeigen, wer am Ende gewinnt. Letzten Endes profitiert die IT, wenn es mehrere Player gibt.

Wie wird sich das Cloud-Business entwickeln?

Pillen: Es wird nicht alles in die Cloud gehen, viele bleiben in hybriden Modellen. Mit Edge Computing und 5G kommen zudem neue Anforderungen auf uns zu. Die Unternehmen werden sich überlegen müssen, wie sie ihre Compute-Ressourcen allokieren. Ich glaube, nah an die Daten. Denn mit 5G und Edge Computing gilt es, die Latency herunterzufahren. Damit kommt wieder neue Bewegung in die Architekturfrage.

Gerade wenn es kritische Infrastrukturen im Bereich Edge oder IoT geht, braucht es Vertrauen und vor allem Sicherheit.

Pillen: Bei uns ist Sicherheit "embedded" in allen Bereichen. Wenn wir über Multi- oder Hybrid-Cloud sprechen, dann ist Sicherheit von Haus aus ein elementarer Bestandteil. Ich hatte schon erwähnt: Wir sind BSI-zertifiziert in Deutschland. In den USA haben wir gemeinsam mit der Bank of America eine Hochsicherheits-Cloud nach den aktuellsten Sicherheitsrichtlinien hochgezogen, die über 800 regulatorische Anforderungen erfüllt. Und wir bieten mit "Keep your own key" unseren Kunden neue Möglichkeiten in Sachen Verschlüsselung. Das alles ist in sämtlichen Plattformen mitintegriert ob das "Power" ist oder die z-Mainframes. Gleiches gilt für unsere Software.

Auch für die Zukunftsthemen?

Pillen: Bei KI ist für mich der Sicherheitsaspekt entscheidend: Wie gelingt es, Kontrolle und Transparenz zu behalten? Unsere Ex-CEO Ginni Rometty hat es auch unter ethischen Aspekten betrachtet: Wie stelle ich sicher, dass ich keine Fehler in die KI hineintrainiere? Es gibt aber noch einen anderen Aspekt: Wie sorge ich dafür, dass meine KI nicht gehackt wird? Es geht darum, KI nicht nur transparent zu machen, sondern auch zu schützen. Es gibt bereits viele Beispiele, wie man KI austricksen kann.

Das kann drastische Auswirkungen haben, zum Beispiel bei der Erkennung von Verkehrsschildern beim autonomen Fahren. Unser neuer CEO Arvind Krishna hat angekündigt, dass wir uns aus dem Bereich Gesichtserkennung zurückziehen, weil wir glauben, dass es da ein ethisches Problem gibt, wie diese Technologie letztlich eingesetzt werden kann.

Sicherheit hat also viele Facetten: Dass mein Betrieb läuft, dass meine Daten sicher sind. Aber es geht auch um Ethik und das Vertreten der eigenen Werte. Und darum, die Kontrolle darüber zu behalten, was ich mit KI und Machine Learning mache. Das zieht sich bei uns durch. Sicherheit ist überall enthalten und unsere oberste Maxime.

IBM-Technik ist eher im Backend angesiedelt - und damit nach außen wenig sichtbar. Ist das aus ihrer Sicht ein Problem?

Pillen: Das ist eine ständige und wiederkehrende Herausforderung, seit wir das PC-Geschäft abgestoßen haben. Damit wurden wir gerade für Endanwender immer weniger sichtbar. Günther Jauch hat kürzlich in seiner Show über uns gescherzt: "IBMIBM - was machen die eigentlich?" Das gab einen heftigen Aufschrei in meiner Belegschaft. "Gregor, du musst etwas tun, damit auch Herr Jauch weiß, was wir tun." Aber die Experten draußen im Markt wissen um unseren Fokus: Der liegt auf B2B und das ändert sich auch nicht. Alles zu IBM auf CIO.de

Es ist ein Zusammenspiel mehrerer Dinge: Es geht um die eigenen Mitarbeiter, deren Engagement und deren Verständnis, wer sie sind und was der Wertbeitrag ist, den sie leisten. Hier entsteht schließlich der Output für die Kunden. Deshalb arbeiten wir in der DACH-Region daran: Wie wollen wir wahrgenommen werden? In diesem Jahr, in drei Jahren, in fünf Jahren. Wir hatten eine sehr fruchtbare Diskussion. Wenn Mitarbeitende das richtige Bewusstsein haben, sind sie die besten Influencer.

Zum zweiten geht es um den Kundendialog. Zufriedene Kunden sind das beste Marketing, das Sie haben können. Wir wollen deshalb unsere Kundenreferenzen stärker ausbauen, damit klarer wird, was die IBM ausmacht, was unsere Plattformen und unsere Technologie können. Warum wir Red Hat akquiriert haben, was unsere Philosophie dahinter ist. Sie müssen Mitarbeiter zu Influencern machen, Kunden zu Promotern.

Wir werden sicher nie so eine Marktwahrnehmung haben wie Marken, die ein Endkundengeschäft haben. Wir glauben aber sehr wohl daran, dass wir uns gut positionieren können bei den Entwicklern im Enterprise Business und in den digitalen Medien. Und ich will auch noch Günter Jauch knacken, so dass auch er weiß, was die IBM tut. (fm)

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