Hennig Kagermann, acatec
Industrie 4.0 schafft ein unvorhersehbares Umfeld
Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Vorsicht vor den amerikanischen Plattformbetreibern
Die Plattformen sind heute amerikanisch dominiert.
Henning Kagermann: Das ist eine Sorge, die relevant wird, wenn man das Thema Industrie 4.0 zu Smart Services weiterführt, wenn sich also das Geschäftsmodell mehr und mehr zu Dienstleistungen verlagert.
In einer Industrie 4.0 ist der Hardware-Markt durch deutsche Anbieter gut besetzt, denn hier werden die Maschinen gefertigt. Die Software, mit der diese Maschinen intelligent werden, entsteht in den Labors von Unternehmen wie BoschBosch und Siemens. Top-500-Firmenprofil für Bosch
Wenn sich aber zwischen diese Polen Intermediäre setzen, die auf der Dienstleistungsebene den Konsumenten versorgen, weil sie die Daten und den Kundenzugang haben, dann kann ein guter Hersteller oder OEM zu einem Lieferanten degradiert werden. Er verliert den Kundenkontakt und die Möglichkeit, die Preise zu setzen, so wie es die OEM heute mit ihren Zulieferern machen. Wer die Daten hat, hat den Kunden. Die Gefahr besteht. Leugnen hilft nichts.
Eine eigene deutsche oder europäische Plattform á la Android zu entwickeln erscheint mir undenkbar, zumal hiesige Hersteller, etwa aus der Autoindustrie, schon das Google-Betriebssystem integrieren.
Henning Kagermann: Nein, aber es wird zum Beispiel Software-defined-Plattformen für Themen wie GesundheitGesundheit und Mobilität geben. Da wäre es möglich, eigene Lösungen zu entwickeln. Das muss nicht alles neu sein, man kann vorhandene Techniken wie Suchmaschinen verwenden. Die Systemkompetenz, diese Plattformen zu entwerfen und zu betreiben, sollte lokal verankert sein. Top-Firmen der Branche Gesundheit
Gibt es konkrete Arbeiten?
Henning Kagermann: Es gibt den Arbeitskreis Smart Service Welt. Wir haben auf der diesjährigen CeBIT erste Umsetzungsempfehlungen an die Bundeskanzlerin übergeben. Diese präzisieren wir nun und erarbeiten weitere Umsetzungsbeispiele, um das zu veranschaulichen. Da ist noch einiges zu tun.
- Schichtenmodell Smart Service Welt
Das Modell für digitale Geschäftsmodelle sieht vier Schichten vor. In den drei oberen Ebenen werden neue Lösungen entstehen, die weitreichende Veränderungen in der globalen Wirtschaft bewirken, erwartet die Wissenschaftsakademie Acatech. - Reifegrad digitaler Geschäftsmodelle
In den Branchen Handel und Medien ist die Digitalisierung weit fortgeschritten und der Markt oftmals von US-Anbieter besetzt. In den anderen Segmenten ist das Rennen noch offen. - Smart Service
Grundlage für Smart Services sind intelligente, vernetzte Produkte und Anlagen. Sie stellen über digitale Infrastrukturen die Daten zur Verfügung, mit denen sich neue Geschäftsmodelle für Kunden kreieren und betreiben lassen.