Untypische Leiharbeiter

Ingenieure machen Job auf Zeit

26.08.2013
Die Zeitarbeitsbranche ist in der Diskussion – vor allem, weil in der Vergangenheit auch Missbrauch betrieben wurde. Noch eine Sonderstellung nimmt der Verleih von Ingenieuren und Hochqualifizierten ein.

Oft wissen die Kollegen gar nicht, dass der Mann oder die Frau am Schreibtisch nebenan nur ausgeliehen ist. Zeitarbeiter halten oftmals still, fürchten um das Arbeitsklima – selbst in Branchen, in denen man Zeitarbeit gar nicht vermuten würde. Ralph Mikolaschek verleiht Ingenieure, und er scheut die Öffentlichkeit keineswegs. Der Geschäftsführer von Ce-Sys Engineering im thüringischen Ilmenau hält das Verleihen von Ingenieuren überhaupt nicht für verwerflich. Die Zeitarbeit in Deutschland, sagt er, habe völlig zu Unrecht ein schlechtes Image.

"Für viele Geringqualifizierte ist Leiharbeit einerseits die einzige Möglichkeit, überhaupt wieder einen Job zu bekommen", betont Mikolaschek. Und für viele Unternehmen sei das Leihen von spezialisierten Ingenieuren andererseits die einfachste Möglichkeit, ganz spezielle ProjekteProjekte umzusetzen. Das Prinzip sei dabei immer das gleiche: Ein Kunde hat ein befristet laufendes Vorhaben, für das ihm unter seiner Belegschaft das Know-how fehlt – also leiht er sich für dieses Vorhaben einen Fachmann aus. Alles zu Projekte auf CIO.de

Seit 2007 verleiht Ce-Sys Ingenieure. Sie sind auf mechanische Konstruktionen spezialisiert und werden durch das Unternehmen vor dem Einsatz bei den Kunden – darunter einige der großen deutschen Industrieunternehmen – weitergebildet. Die Mehrzahl von Mikolascheks 65 Leihingenieuren ist zwischen 25 und 40 Jahre alt und stammt aus allen Ecken Deutschlands. Viele kämen direkt nach dem Studium zu Ce-Sys, sagt der Chef. Bis zu 100 Bewerbungen gingen beim Unternehmen monatlich ein.

Die "Hochqualifizierten" sind die Ausnahme

Der Verleih von Ingenieuren und anderen Hochqualifizierten ist trotzdem noch immer die Ausnahme in Deutschland. Nur etwa zehn Prozent der Zeitarbeiter hierzulande hätten einen akademischen Abschluss, sagt Wolfram Linke, Sprecher des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen. 60 Prozent verfügten über einen Facharbeiterabschluss oder eine vergleichbare Qualifikation, 30 Prozent seien ungelernte Hilfskräfte.

Dass Leiharbeit seit Jahren vor allen von Gewerkschaften mit dafür verantwortlich gemacht wird, dass mehr Menschen in prekären Verhältnissen leben, hat vor allem mit der sozialen Situation der ungelernten Zeitarbeiter zu tun. Sie sind häufig zu deutlich schlechteren Konditionen als die Stammbelegschaften beschäftigt worden. Erst 2012 ist dieses Problem durch Vereinbarungen zwischen den Tarifparteien für Teile der Zeitarbeitsbranche entschärft worden. Danach erhalten die Leiharbeiter zum Beispiel in der Metall- und Elektroindustrie nun Zuschläge.

Mikolaschek sagt, seine Beschäftigten seien schon immer mindestens so gut bezahlt worden wie die vergleichbaren Ingenieure der Kunden. Zusätzlich zum Bruttolohn bekämen sie noch die Unterkunft an ihrem Einsatzort in voller Höhe bezahlt. "Etwas anderes ist auf diesem Qualifikations-Level gar nicht machbar", sagt er. "Wenn wir unsere Mitarbeiter schlechter als die Stammbelegschaften bezahlen würden, wären sie sofort weg." Schon so verließen die Leihingenieure im Durchschnitt nach nur 15 Monaten Ce-Sys wieder – oft, um fest zu einem Kunden zu wechseln. So sei nun mal das Geschäft, sagt Mikolaschek. Nach Angaben von Linke liegt die Übernahmequote von Zeitarbeitern mit Hochschulabschluss bei gut 80 Prozent. (dpa/tö)

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