UNTERNEHMENSBEWERTUNG

IT steigert den Firmenwert

03.12.2001
Analysten ziehen bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit und des Aktienwerts eines Unternehmens auch die IT ins Kalkül. Deren Gewinne und Einsparungen überzeugend darzulegen rechnet sich - vor allem für Finanzdienstleister.

DIE NAHEZU KONKURRENZFREIE Situation für VersicherungenVersicherungen in Deutschland endete 1994. Bis dahin genehmigte das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen alle Tarife und Versicherungsbedingungen - was dazu führte, dass alle Versicherer ähnliche Produkte, Preise und Prämien anboten. Doch durch eine Richtlinie der EU entfiel damals die Genehmigungspflicht. Seither ringen die Versicherungen mit knapp kalkulierten Preisen um die Kunden. Fast zeitgleich boten sich mit einer neuen Generation von IT-Lösungen Möglichkeiten, die Kosten zu senken. Internet-basierte Dienste erschlossen vollkommen neue Wege zum Kunden. Die E-Business-Strategie entwickelte sich für Versicherungen zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Die zunehmende Bedeutung der IT für diese Branche zeigt sich mittlerweile auch, wenn es darum geht, die Kreditwürdigkeit eines Vesicherungsunternehmens zu beurteilen. So schrieb die US-Rating-Agentur Moody's in der im Mai herausgegeben Studie "E-Business and the U.S. Insurance Industry", dass ab sofort die IT-Strategie eine große Rolle in der Bewertung von Versicherungen spielen werde. Als Beleg für eine glaubwürdige Firmenpolitik zählt dabei für Moody's unter anderem die Stelle eines CIOs sowie die Unterstützung der IT-Strategie durch Vorstand und Management. Außerdem sei die Fähigkeit des Unternehmens wichtig, sich auf neue Geschäftsmodelle und Haftungsrisiken einzustellen, da durch innovative Techniken auch neue Risiken entstünden. Wachsende Bedeutung für alle Branchen Ähnlich verfährt auch der Konkurrent Standard & Poor's. Die Rating-Agentur berücksichtigt die IT-Strategie etwa im Speditionsgewerbe, bei Gesundheitsdienstleistern und Hardware-Herstellern. Maria Bissinger, Bereichsleiterin Corporate Rating bei Standard & Poor's in Frankfurt am Main und zuständig für Maschinen- und Automobilbau, sieht denn auch noch Potenzial beim Stellenwert der IT: "Der Zenit ist noch lange nicht erreicht." Sie achtet bei Firmen vor allem auf StrategienStrategien beim E-Commerce und bei elektronischen Markplätzen sowie auf den Einsatz von Controlling-Systemen. "Zwar ist die Unternehmens-IT kein eigenes Kriterium in unserem acht Punkte umfassenden Bewertungskatalog für Versicherungen, doch fließt sie in alle Punkte ein", sagt Kollege Wolfgang Rief, Director Insurance im Deutschland-Büro von Standard & Poor's. Der Katalog enthält unter anderem die Kriterien Strategie, Wettbewerbsposition, Investments, Industrierisiko. Für Moody's schlägt sich die IT-Strategie vor allem in der Bewertung von Unternehmen nieder, zu deren Kernkompetenz sie zählt. "Die Frage muss doch lauten: Inwieweit hängt das Unternehmensziel von der IT ab?", sagt Heiko Neumann, Vice President Senior Analyst von Moody's. "Die IT ist für mich zunächst nur ein Hilfsmittel. Wenn allerdings das Hilfsmittel das Kerngeschäft in entscheidendem Maße beeinflusst, fließt es natürlich in die Beurteilung ein." IT muss Kerngeschäft unterstützen Neumann betreut von seinem Frankfurter Büro aus die Branchen Baustoffe und Pharma, zwei Bereiche, in denen die IT für ihn eine Nebenrolle spielt. "Bisher verkaufen Heidelberger Zement oder Dyckerhoff keine Zementsäcke über das Internet an Endverbraucher. Sie liefern vor allem an Großabnehmer wie Betonhersteller oder Zwischenhändler", sagt er. "Im unwahrscheinlichen Fall, dass Zementhersteller eines Tages auch ins Massenkundengeschäft über das Web einsteigen, werde ich das natürlich in meiner Analyse berücksichtigen." Rief hat festgestellt, dass Versicherungskonzerne ihre Wertschöpfungskette überarbeiten, indem sie unter anderem stärker in Internet-Services investieren. Doch um Ausgaben durch den Einsatz von IT zu senken, müssen Versicherungen erst einmal sehr viel Geld in die Hand nehmen. So sind die enormen Investitionen in die Technik auch ein Grund für die zahlreichen Fusionen von Versicherungshäusern, denn hier machen sich Synergien bemerkbar. Ergo und Generali zum Beispiel vertreiben ihre Versicherungen zwar unter verschiedenen Marken, ihre Technik beziehen sie jedoch ausschließlich vom konzerneigenen IT-Dienstleister. "Versicherungen treiben vor allem Information und Beratung sowie die Optimierung von Prozessen über das Internet voran", so Rief. "Informationen, die sich der Kunde über das Web beschafft, sparen einen Vertreterbesuch." Der Verkauf von Policen über das Web (B2C) habe sich aber bislang nicht durchgesetzt. Dennoch würden B2B-Marktplätze und E-Commerce im Wettbewerb um eine vordere Marktposition immer wichtiger, so Rief. Er schaue sich deshalb auch an, wie sich ein Unternehmen mit neuen Technologien und MedienMedien beschäftigt, wie und wie viel in Technik investiert wird und wie eine Firma technische Probleme löst. Gewinne und Nutzen klar darlegen Doch Neumann und seine Kollegen sind Finanzexperten, keine IT-Spezialisten. Welche Hard- und Software ein Unternehmen einsetzt und über welche technischen Ressourcen es genau verfügt, das beurteilt kein Analyst. Im Zweifelsfall holt er sich zwar Rat bei Consultants; entscheidend ist aber letztlich, welche Kosten-Nutzen-Effekte die Firma erzielt. Um das darzulegen, muss ein Unternehmen gut dokumentierte Zahlen vorlegen können: Welche Kosten werden durch die IT eingespart, welche Gewinne auf diese Weise erzielt? Praktisch heißt das: CIOs und IT-Manager müssen dem Geschäftsführer, dem Vorstand, ihrem Finanzchef und den Analysten vorrechnen können, welche strategischen Ziele und finanziellen Vorteile die IT dem Unternehmen bringt. Carsten Jansing, Aktienanalyst beim Frankfurter Bankhaus Hornblower Fischer, fragt seine Gesprächspartner schlicht: "Wie groß ist der Return on Investment, und wann wird er erreicht?" Mit zehn bis zwanzig Prozent gehe die IT in seine Firmenbewertungen ein. "Allerdings tun Unternehmen sich oft schwer, eine überzeugende Rechnung aufzumachen", sagt Frank Rothauge, Telekommunikations- und IT-Analyst bei der Kölner Privatbank Sal. Oppenheim. Das liege zum Teil daran, dass ProjekteProjekte zu komplex seien und sich kaum in Zahlen darstellen ließen. "Die finanziellen Vorteile eines Intranets oder eines Knowledge-Management-Systems lassen sich schlecht in Mark und Pfennig ausdrücken." In vielen Fällen reicht es Rothauge jedoch schon, wenn das Unternehmen anhand von Pilotprojekten und Tests Kostenersparnisse oder Gewinne aufzeigt und deren Zustandekommen plausibel begründet. Schon einfache Projekte überzeugen "Wenn die Mitarbeiter in einem Callcenter dank neuer Software oder einer verbesserten Datenbank nur noch drei statt fünf Anrufe benötigen, um ein Geschäft abzuschließen, überzeugt mich das", sagt Rothauge. Für ausreichend brauchbar hält er aber auch gestiegene Kundenzahlen, Ergebnisse von Kundenbefragungen oder einfach nur eine überzeugende Story. Dabei zählt für Rothauge in erster Linie, welche substanziellen Marktvorteile das Unternehmen durch die IT gegenüber Wettbewerbern erreicht. Wenn alle Firmen einer Branche ähnliche Techniken einsetzten und ähnliche Gewinne erwirtschafteten, habe niemand mehr einen Vorteil. Der IT-Einsatz müsse deshalb ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber den Konkurrenten generieren, um die Bewertung zu verbessern. Große Bedeutung misst Rothauge auch der Kultur des IT-Bereichs zu. "Die Mitarbeiter sollten sich nicht nur darum kümmern, dass die IT irgendwie läuft. Es muss eine Atmosphäre geschaffen werden, in der es auch Spielräume zum Experimentieren gibt, um die Effizienz weiter zu erhöhen", empfiehlt Rothauge. Eine Forderung, die sich nicht nur auf große Unternehmen wie Versicherungen bezieht. Spätestens ab 2005 wird sich auch in der Bewertung von kleinen und mittelständischen Unternehmen einiges ändern. Der Beschluss des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (Basel II) wird BankenBanken veranlassen, so meinen Experten, noch genauer auf die Kreditwürdigkeit der Unternehmen zu achten. Dann wird die IT auch für den Mittelstand zum wichtigen Bewertungsfaktor.
Analysten wollen wissen, ob ... der Vorstand die Entwicklung und Festlegung der Technikstrategie unterstützt. der CIO das Technik-Management innerhalb des Unternehmens-Managements überblickt. nach Fusionen verschiedene Techniken erfolgreich integriert werden. die Anpassung an sich ändernde Geschäftsmodelle, bedingt durch neue Techniken, gelingt. neue Haftungsrisiken, die durch neue Informationstechnologien entstehen, gemanagt werden. die IT-Abteilung genügend Zeit erhält, um innovative Lösungen zu entwickeln. die E-Business-Strategie Marktvorteile verschafft. Alles zu Projekte auf CIO.de Alles zu Strategien auf CIO.de Top-Firmen der Branche Banken Top-Firmen der Branche Medien Top-Firmen der Branche Versicherungen

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