Unis bilden IT-Nachwuchs falsch aus

"Junge, was lernst du hier?"

07.09.2010
Von Nicolas Zeitler
Michael Neff, Ex CIO von Heidelberger und designierter CIO von RWE, mit Sohn in der Universität Mannheim.
Michael Neff, Ex CIO von Heidelberger und designierter CIO von RWE, mit Sohn in der Universität Mannheim.
Foto: Joachim Wendler

Neff hat hohe Ansprüche daran, was IT-Führungskräfte von morgen an Hochschulen lernen sollen - und das zu einer Zeit, da die Hochschulen den Inhalt ihrer Studiengänge eher verschlanken. Mit dem europaweiten Bologna-Prozess haben sie ihr Lehrangebot in den vergangenen zehn Jahren größtenteils auf die angelsächsischen Abschlüsse Bachelor und Master umgestellt - und dabei die Curricula entrümpelt. Auch Alexander Neff wird kein Diplom mehr erwerben, sondern die hierzulande noch jungen Abschlüsse. Den Bachelor hat er nach sechs Semestern abgeschlossen und daran direkt den konsekutiven Master angehängt. In gut einem Jahr will er auch den abschließen.

Nur Consultants nehmen Bachelor

Statt den Master zu machen, hätte Neff junior auch schon nach sechs Semestern Studium ins Berufsleben starten können. "Nach dem Bachelor haben einige meiner Kommilitonen schon Stellenangebote von Beratungsfirmen bekommen", erzählt er. Die Wirtschaft kann dank der neuen Studienstruktur endlich jüngere Nachwuchskräfte einstellen. Doch abgesehen von ein paar Consulting-Häusern nutzt niemand diese Chance. "Politik und IndustrieIndustrie wollten kürzere Studienzeiten. Trotzdem stellen viele Firmen noch keine Bachelors ein", beobachtet Armin Heinzl, Lehrstuhlinhaber für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik und einer der Hochschullehrer von Alexander Neff. "Da beißt sich die Katze in den Schwanz", klagt der Professor. Top-Firmen der Branche Industrie

Armin Heinzl, Professor an der Universität Mannheim: "Politik und Industrie wollten kürzere Studienzeiten. Trotzdem stellen viele Firmen noch keine Bachelors ein. Da beißt sich die Katze in den Schwanz."

Laut dem im Mai veröffentlichten Hochschul-Ranking, das die Verlagsgruppe Handelsblatt gemeinsam mit einem Personaldienstleister und einem Marktforschungsunternehmen durchgeführt hat, bevorzugen von 5.000 befragten Personalern nur neun Prozent bei Absolventen der Wirtschaftsinformatik einen Bachelor-Abschluss. Am liebsten rekrutieren die Personalchefs Master-Absolventen, gefolgt von Abgängern mit Diplom. Wer als CIO Jung-Akademiker mit Bachelor-Abschluss einstellt, darf von ihnen eben nicht all das erwarten, was auf der Kompetenzen-Wunschliste von Michael Neff steht. Denn was Studenten früher im fünfjährigen Diplom mit auf den Weg bekommen haben, kann nicht vollständig mit dem dreijährigen Bachelor abgedeckt werden. Bestimmte Themen, wie beispielsweise IT-Controlling, könnten in der kurzen Studienzeit des Bachelor "nicht gehaltvoll vertieft werden", sagt Armin Heinzl.

Wer sich in Mannheim in den Bachelor Wirtschaftsinformatik einschreibt, lernt neben Wirtschaftsinformatik, Praktischer Informatik und Software-Technik unter anderem auch Marketing, Produktion und Rechnungswesen. Im anschließenden Master spezialisieren sich die Studenten dann auf einen Teilbereich der Wirtschaftsinformatik.

Was CIO Michael Neff fordert, nämlich Grundlagen mit der späteren betrieblichen Praxis zu verbinden, gelinge dabei gut. "Wir haben eine Reihe von Vorlesungen, die sich mit integrierten Informationssystemen, Business IntelligenceBusiness Intelligence, Business Process ManagementBusiness Process Management und anderem beschäftigen. Begleitend dazu bieten wir Tutorien an, in denen die Studenten mit konkreten Produkten von Firmen wie SAPSAP, IBMIBM, MS-Navision oder IDS Scheer arbeiten und so ihre Kenntnisse gleich im speziellen Fall anwenden", veranschaulicht er. Was sie zusätzlich für die spätere Manager-Karriere brauchen - Dinge wie Präsentationstechnik, Rhetorik, interkulturelle Kompetenz, Projekt- und Change Management - wird den Wirtschaftsinformatikstudenten in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Schlüsselqualifikationen an der Universität vermittelt. Alles zu Business Intelligence auf CIO.de Alles zu Business Process Management auf CIO.de Alles zu IBM auf CIO.de Alles zu SAP auf CIO.de

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