Generative AI überfordert
KI ohne Kompass - Betriebe finden keinen Einstieg
Stehen wir wegen künstlicher Intelligenzkünstlicher Intelligenz bald alle auf der Straße? Das legen immer mehr Studien nahe. Betroffen seien vor allem sogenannte White-Collar-Jobs. Gemeint sind Menschen, die in weißen Hemden in den Büros sitzen und vermeintlich mit ihrem Kopf arbeiten, statt im Blaumann mit den Händen. Am stärksten durch KI gefährdet sind Bankangestellte. Alles zu Generative AI auf CIO.de
Bis 2027, so das World Economic Forum, arbeitet nur noch ein Bruchteil dieser Berufsgruppe in ihrem Job. Dazu passt, dass die BayernLB keine Bankkaufleute mehr ausbilden will. Software macht dann das, wofür heute noch teure - und ohnehin kaum verfügbare - Fachkräfte angeheuert werden.
Die Automatisierungswelle rollt gerade erst an
40 Prozent aller geleisteten Arbeitsstunden ließen sich durch KI einsparen, erklärt Accenture in einer aktuellen Studie. Der Grund: KI, wie wir sie heute kennen, basiert auf einem Sprachmodell. Ein Large Language Model sagt, vereinfacht ausgedrückt, voraus, welches Wort auf das nächste folgt. Mehr als 60 Prozent unserer Arbeit, so die Studie, basiert auf dieser Logik. Es geht um Sprache.
Ganz oben auf der Liste der Branchen, deren Tätigkeit von Sprache abhängt, stehen Banken und Versicherungen. Jobs bestehen hier sogar zu gut 90 Prozent aus mit Sprache verbundenen Aufgaben. Übrigens schaffen es Kommunikation und Medien nicht mal in die Top-5 - und das, obwohl gerade erst das 136 Seiten starke Magazin Panta Rhai erschienen ist, das ganz allein von AI geschrieben und designed worden sein soll.
"Zeit ist Kunst, Zeit ist Leben, Zeit ist alles" - so ist im Untertitel der ersten Ausgabe von Panta Rhai, das übrigens aus Deutschland kommt, zu lesen. Das dürfte kein Zufall sein: Je mehr die KI erledigt, desto mehr Zeit behalten die Menschen für sich. Bedauerlicherweise ist Zeit für die meisten damit verbunden, Geld für den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen.
KI reduziert Arbeitszeit - und Einkünfte?
Fast 42 Millionen Menschen hierzulande arbeiten angestellt. Sie tauschen ihre Zeit gegen ein geregeltes Einkommen, egal, ob Vollzeit oder Teilzeit. Zeit ist für sie Geld - haben sie mehr vom einen, haben sie weniger vom anderen. In westlichen Wissensgesellschaften ist Zeitgewinn demnach nicht automatisch ein Geschenk. Oft bedeutet mehr Zeit zu haben, weniger Einkommen zu erzielen und sich weniger leisten zu können.
OpenAI, das Unternehmen hinter ChatGPT, prognostiziert, dass 80 Prozent der Beschäftigten in den USA bis zu zehn Prozent ihrer Aufgaben an die Software abgeben werden. Was hier noch spielerisch klingt, wirkt für die meisten Arbeitnehmer bedrohlich. Womit sollen sie ihr Geld verdienen, wenn Software einen immer größeren Anteil ihrer Arbeit erledigen kann?
In Deutschland gehört Andrea Nahles zu den Opfern. Die ehemalige Arbeitsministerin leitet heute die Bundesagentur für Arbeit. In einem Interview für die Zeit sagte sie: "Mein Job ist zu 56 Prozent ersetzbar." Angst habe sie nicht, und die brauche auch niemand zu haben. Durch KI verliere keiner seinen Job. KI übernehme bloß die Arbeiten, die wegen des demographischen Wandels ohnehin bald keiner mehr machen könne.
Können KI-Lösungen den Fachkräftemangel ausgleichen?
In die gleiche Kerbe schlägt Aljoscha Burchardt vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche IntelligenzKünstliche Intelligenz (DFKI). Wir sollten der KI möglichst jetzt alles beibringen, bevor es zu spät ist, empfiehlt sie im Interview. Zu spät ist es, wenn es keine Fachkräfte mehr gibt, die ihr Wissen an eine KI weitergeben können. Noch seien diese Leute da. Wer aber weiß, wie lange noch? Alles zu Künstliche Intelligenz auf CIO.de
Ob sich KI als Retter eignet, ist aber noch längst nicht entschieden. Vielleicht kann die KI wirklich Lücken schließen, wenn sich Menschen in den Ruhestand verabschieden. In den meisten Unternehmen bedeutet KI-Einsatz aber vor allem, dass mit weniger Beschäftigten mehr hergestellt werden kann. Dafür gibt es bereits einen Ausdruck: Hyperproduktivität.
Sechs Bibeln in einer Stunde
Hyperproduktivität lässt sich als exzessive Akkordarbeit verstehen. Bezahlt wird nicht mehr die Zeit, die jemand mit einer Tätigkeit verbringt, sondern für die Mengen, die jemand herstellt. Wer mehr in der gleichen Zeit schafft, bekommt auch mehr Geld. Jetzt schon lässt KI viele Menschen in White-Collar-Jobs schneller werden. Um bis zu 35 Prozent steige das Tempo, rechnen MIT-Forscher vor.
Chatbots ersparen den Menschen also gut ein Drittel ihrer Zeit, um zu vergleichbaren Ergebnissen zu kommen. Diese Zeit sollen die Beschäftigten nach der Vorstellung ihrer Arbeitgeber in andere wertschöpfende Aufgaben investieren. Gelingt das, steigt die Effektivität deutlich und sie nimmt weiter zu, je besser die KI-Modelle werden. Wie wir inzwischen wissen, passiert das ungewöhnlich schnell - zumindest weisen aktuell verfügbare KI-Modelle darauf hin.
Als ChatGPT letztes Jahr im November veröffentlicht wurde, hat das Sprachmodell einen regelrechten Hype ausgelöst. Die schieren Zahlen ließen schon damals erahnen, wohin sich KI in den kommenden Jahren entwickeln wird. Die damalige Version GPT-3 war mit 175 Milliarden Parametern trainiert worden und galt als das größte Sprachmodell der Welt.
Vor kurzem ist der Nachfolger GPT-4 erschienen. Dieses Modell soll angeblich bereits mit 100 Billionen Parametern arbeiten. Wenn das stimmt, hat sich die Kapazität von GPT in weniger als einem Jahr vertausendfacht. Und das gilt nicht nur für dieses Modell, wie McKinsey berichtet. Anthropics KI etwa verarbeite inzwischen mehr als 75.000 Wörter pro Minute. Das entspricht einem Volumen von sechs Bibeln in einer Stunde.
Wenn wir in Deutschland davon sprechen, dass KI uns die von vielen ersehnte Viertagewoche bringen wird, ist das wohl deutlich zu kurz gesprungen. KI dürfte unsere Wirtschaft viel stärker verändern, als vielen lieb ist. Dafür reicht ein Blick in die Unternehmen nicht aus, es geht um die gesamte Volkswirtschaft.