Arbeiten in der Corona-Pandemie
Kommunikation ist das Gebot der Krise
Die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen zeigt sich am augenfälligsten in turbulenten Zeiten. Angesichts der Corona-Pandemie folgen Firmen zunehmend dem Rat der Gesundheitsexperten und lassen ihre Beschäftigten die Büroarbeit zu Hause erledigen. Dies bedeutet in vielen Fällen den Lackmus-Test für Leistungsfähigkeit und Sicherheit der IT-Systeme. In normalen Zeiten arbeiten gerade einmal rund zwölf Prozent der Erwerbstätigen von zu Hause.
Die aktuelle Verlagerung der Erwerbstätigkeit ins Home Office ist jedoch lediglich als IT-Herausforderung zu verstehen. Hier ergänzend Fragen von Unfallschutz zu klären oder Arbeitszeitregelungen zu präzisieren, greift zu kurz. Unter den gegebenen krisenhaften Bedingungen wird das Arbeiten zu Hause für viele Beschäftigten zu einem Stresstest und fordert von Unternehmen gezielte und regelmäßige Kommunikation.
Verunsicherung der Belegschaft
Ein krisenbehaftetes Arbeitsumfeld - insbesondere wenn, wie derzeit, Dauer und Ausgang nicht absehbar sind - empfinden Mitarbeiter wie Führungskräfte typischerweise als bedrohlich. In welchem Ausmaß sie im Home Office verängstigt reagieren, hängt nicht zuletzt von ihren Einstellungen und der jeweiligen Lebenssituation ab. Zu bedenken ist, dass gut ein Viertel der Erwerbstätigen allein lebt. Sie verlieren durch die massive Einschränkung des öffentlichen Lebens ihr gewohntes soziales Unterstützungsnetzwerk und damit eine wichtige psychische Ressource für das Wohlergehen - sei es der direkte Kontakt zu Kollegen im Büro, der Austausch im Fitness-Studio nach der Arbeit oder das Zusammentreffen mit Freunden in der Freizeit.
Anforderungen an Führungskräfte
Die Art und Weise, wie Arbeitgeber in schwierigen Zeiten auf die Sorgen und Befürchtungen ihrer Belegschaft eingehen, hat signifikanten Einfluss auf Identifikation mit dem Unternehmen und die Bereitschaft der Beschäftigten, den Aufschwung nach der Krise mit allen Kräften zu unterstützen. Von den "Leitenden" wird jetzt erwartet, dass sie sich mit Führungskompetenz zu beweisen wissen.
Lesetipp: Als Chef sollte man der Dümmste im Raum sein
Das bedeutet Mut und Optimismus zu verbreiten und den engen Kontakt zur Mitarbeiterschaft zu suchen. Führungskräfte sollten in der aktuellen Situation versuchen noch mehr Orientierung zu bieten, sich offenen Fragen zu stellen und Stimmungsmache entgegen zu treten. Dies ist zugegebenermaßen eine besondere Herausforderung. Um Mitarbeiter nicht (weiter) zu verunsichern, müssen sie sich nach außen souverän verhalten ("Wir haben alles im Griff") und sich vielleicht auch optimistischer zeigen als sie es innerlich sind. Denn viele Führungskräfte erleben die aktuellen Veränderungen in ihrer Rolle häufig zum ersten Mal. Manche sind auch mit den erfolgskritischen Verhaltensweisen und Medientechniken im Home Office nicht oder nur bedingt vertraut oder erkennen gar ihre eigene Hilflosigkeit.
Direkte Kommunikation sicherstellen
Einer professionell konzipierten und dann auch konsequent praktizierten Kommunikationsarbeit kommt damit aktuell zentrale Bedeutung zu. Generell steht hierfür eine Vielzahl von Instrumenten zur Verfügung. Breiten-Information in Form von FAQs im Intranet, Blogs, News-Lettern oder Emails an diverse Empfängergruppen ist wichtig, reicht allerdings bei weitem nicht aus.
- Diese Kommunikationsfehler sollten Sie vermeiden
Was Sie in Gesprächen und Debatten tunlichst unterlassen sollten, um Fehlinformationen, Konflikte und Imageschäden zu vermeiden. - Fachchinesisch benutzen
Mit technischem Fachjargon um sich zu werfen, ist der größte Fehler, den IT-Verantwortliche in Gesprächen mit Nicht-IT'lern machen können. Viele Experten können nicht richtig einschätzen, wie tief das eigene Fachwissen geht und wo im Gegenzug das Fachwissen des Gegenübers endet. Hier kann es schnell zu Missverständnissen und Kommunikationsstörungen kommen. - Technische Probleme beklagen
Wer in der Team- oder Vorstandssitzung über technische Probleme im Rechenzentrum oder anderen Unternehmensstellen klagt, darf sich nicht wundern, wenn diese Beschwerden Irritation und Unsicherheit auslösen. Kollegen, die nicht mit den beschriebenen Interna vertraut sind, verstehen in einem solchen Fall oft nur "Der hat massive Probleme, die er nicht in den Griff bekommt." Natürlich müssen IT-Probleme auch im großen Kreis thematisiert werden dürfen, das jedoch besser in einer sachlichen Art und Weise, die jeder verstehen und nachvollziehen kann. - Wie ein Verkäufer reden
Manager, die bislang mit einem Business-Hintergrund tätig waren, und IT-Führungspositionen übernehmen, sprechen ihre neuen Untergebenen in einem aufgeblasenen Ton an und wirken dabei häufig wie Verkäufer, die die neueste Kollektion heiße Luft präsentieren. - Keine Fragen stellen
Gute CIOs stellen sinnvolle Fragen und hören auf die Antworten. So gelangen oft neue Aspekte in die Diskussion. Dazu werden die Kollegen eingebunden und die Beziehung zwischen Manager und Team gestärkt. Warum viele IT-Verantwortliche anders vorgehen? Sie haben (meist unbegründet) Angst, als unwissend und inkompetent dazustehen. - Niemanden einbinden
Gut ausgebildete CIOs sind überzeugt von ihren eigenen Ideen, welche Techniken sich wie am besten implementieren lassen. Viele vergessen darüber jedoch, dass auch die gesamte IT-Abteilung und der Vorstand womöglich noch eigene Ideen haben. Wenn CIOs ihre eigenen Vorstellungen ohne Rückfrage durchdrücken, verärgern sie deshalb viele Kollegen - selbst, wenn es die beste und richtige Wahl war. - Ängste schüren
Wenn der Vorstand überzeugt werden muss, das IT-Budget aufzustocken, diese oder jene Anschaffung oder Migration vorzunehmen, neigen manche CIOs dazu, in ihrer Argumentation zu übertreiben oder zu simplifizieren. Wenn neue Server angeschafft werden sollen, hört sich das dann so an: "Wenn wir bis kommende Woche nicht zehn neue Server im Schrank stehen haben, bricht der ganze Laden zusammen!" - Den Wertbeitrag nicht herausstellen
Viele CIOs betonen, wie wichtig die Unternehmens-IT ist. Die Vorstände verstehen aber häufig nicht, was die IT konkret zum unternehmerischen Erfolg beiträgt. Deshalb sollten IT-Verantwortliche in Präsentationen und Diskussionen immer noch einen Schritt weitergehen, als nur in den eigenen Grenzen zu argumentieren. - Mit PowerPoint einschläfern
Zu viele Folien, zu viele Nichtigkeiten. Effiziente Präsentationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich auf die wichtigsten Infos konzentrieren, die das zuhörende Publikum direkt betreffen. Im besten Fall kann gänzlich auf PowerPoint verzichtet werden - gute Präsentationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie von selbst im Gedächtnis haften bleiben und nicht durch eine Armada von Aufzählungspunkten.
Um Beschäftigte emotional zu erreichen, ist die persönliche und direkte Kommunikation am effektivsten. Auch wenn diese bei der Arbeit im Home Office nicht mehr face to face stattfinden kann, bieten sich vielfältige Formate. Beispielgebend war - dem einvernehmlichen Medienecho zufolge - die jüngste Ansprache der Kanzlerin zur Ernsthaftigkeit der Corona-Krise mit ihrem eindringlichen Appell zu solidarischem Verhalten und Zusammenhalt der Nation.
Mitarbeitergespräche lassen sich ebenso wie regelmäßige Teamsitzungen über Telefon oder besser noch über Web-Konferenzlösungen gestalten. Beispielsweise treffen sich die Berater einer Hamburger Privatbank jeden Morgen über Zoom zum Update-Meeting und nutzen für individuelle Calls im Kollegenkreis Facetime.
Um zudem Vertrauen in die "oberste" Führung zu fördern, sind darüber hinaus Dialogveranstaltungen unerlässlich. Nicht zuletzt liefern sie ein direktes Feedback zum "inneren" Status der Organisation. So führt etwa der Vorstand des Düsseldorfer Konsumgüterhersteller Henkel jeden Freitag ein virtuelles Town Hall Meeting durch, bei dem die Belegschaft nicht nur passiv informiert wird, sondern auch Fragen zur aktuellen Entwicklung stellen kann.
Professionellen Kommunikationsplan entwickeln
Die relevanten Botschaften sollten über die verschiedensten Kanäle wiederholt werden, um sicher zu stellen, dass sie auch von möglichst allen Adressaten wahrgenommen werden.
Nur einmal etwas zu sagen, reicht in herausfordernden Zeiten nicht.
Auch wenn es vielleicht übertrieben klingen mag: Ein Zuviel an Kommunikation gibt es nicht.
Unerlässlich ist allerdings, dass die Kommunikation abgestimmt und in einem geordneten Rahmen abläuft. Dabei hilft ein zentral gesteuerter und stetig zu aktualisierender Kommunikationsplan, der Kommunikationsinhalte, die Zeitpunkte und die zu nutzenden Kommunikationskanäle verbindlich definiert. Ebenso sollten die Führungskräfte Unterstützung bei ihrer Abteilungs- und Teamkommunikation erhalten, etwa durch Sprechzettel oder in Form von Tele-Coaching zur Führung in turbulenten Zeiten.
Schließlich empfiehlt es sich spezielle Messinstrumente, wie beispielsweise Stimmungsbarometer, einzusetzen. Sie lassen frühzeitig erkennen, ob und wie die Kommunikationsmaßnahmen bei den Adressaten ankommen. Möglicherweise stellt sich bei solchen Messungen heraus, dass der Wirkungsgrad der Kommunikation noch zu gering ist und somit Änderungen im Hinblick auf Umfang, Frequenz oder Formate der Informationen erforderlich sind.
Den Start nach der Krise vorbereiten
Krisensituationen - wie die aktuelle Coronavirus-Pandemie bedeuten nicht, dass Unternehmen den neuen Umfeld-Konstellationen hilflos ausgeliefert sind. Abgeleitet aus dem Altgriechischen bezeichnet der Begriff "Krise" einen sich zuspitzenden Höhe- oder Wendepunkt, in dem die Beurteilung einer Situation sowie eine richtungweisende Entscheidung gefordert sind. In dem Sinne bieten turbulente Zeiten die Chance, durch professionelle Kommunikation den Corps-Geist der Belegschaft zu stärken und damit Arbeitgeberattraktivität und Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu fördern. Denn wenn die Pandemie überwunden ist, dürfte schon bald der Wettlauf um qualifizierte Fachkräfte weitergehen.