Szenario 2035
Künstliche Intelligenz krempelt Wirtschaft um
- Systeme Künstlicher Intelligenz können erstens Umgebungen wahrnehmen, zweitens Inhalte verstehen und drittens agieren
- Die Lernfähigkeit ist eine fundamentale Veränderung gegenüber allen bisherigen Technologien
- Der Roboter Relay (von der Firma Savioke) ersetzt in Hotels den Zimmerservice, in dem er den Gästen Essen oder Handtücher bringt
Die Analysten von Accenture entwerfen für zwölf Industrienationen - darunter die USA, Deutschland, Japan und Frankreich - ein Szenario bis 2035. Thema ist das potenzielle Wirtschaftswachstum durch Künstliche Intelligenz. Accenture dokumentiert die Ergebnisse in dem Papier "Why artificial intelligence is the future growth". Fazit: Im Schnitt könnten die zwölf Volkswirtschaften ihr Bruttosozialprodukt (BSP) verdoppeln. Deutschland liegt hier im Durchschnitt, während Japan sein BSP mehr als verdreifachen könnte.
Die Studie ist im Konjunktiv gehalten. Accenture legt seiner Rechnung folgende Bedingungen zugrunde:
- die Beschäftigung bleibt auf lange Sicht konstant
- die Volkswirtschaften nutzen 50 Prozent des möglichen Potenzials Künstlicher Intelligenz
- die Volkswirtschaften erreichen einen akzeptablen NAC (National Absorptive Ccapacity) und beinhaltet den Zugang zu ausgereifter Informations- und Kommunikations-Infrastruktur, verlässliche Regularien und privatwirtschaftliche sowie öffentliche Investitionen in DigitalisierungDigitalisierung Alles zu Digitalisierung auf CIO.de
Die Analysten stützen sich dabei zum Teil auf Forschungen von Carl Benedikt Frey und Michael A. Osborne. In ihrem Papier definieren sie "Labor" als Arbeit, die sowohl von Menschen als auch von Robotern geleistet wird.
AI ist Tool für Produktivität und Transformation
Accenture sieht den Begriff der Künstlichen Intelligenz missverstanden. Es handele sich nicht nur um ein neues Tool zur Steigerung von Produktivität, sondern um ein Tool zur Transformation der Wirtschaft. Nach diesem Verständnis ist Artificial Intelligence (AI) ein Tool, das Menschen und Maschinen zu einer neuen Arbeitskraft zusammenführt.
Lernfähigkeit ist die fundamentale Veränderung
Genauer gesagt kann AI erstens Umgebungen wahrnehmen (etwa durch Kameras und Sensoren), zweitens verstehen (etwa durch intelligente Daten-Analyse) und drittens agieren, wie es beispielsweise Auto-Piloten tun. Grundsätzlich gilt: AI zeichnet sich durch erfahrungsbedingtes Lernen und daraus resultierende Modifikationen aus. Der Aspekt der Lernfähigkeit ist eine fundamentale Veränderung gegenüber allen bisherigen Technologien, erklärt Accenture.
Als typisches Beispiel nennen die Analysten den Service-Roboter Relay von der der Firma Savioke. Die intelligente Maschine arbeitet in Hotels, sie bringt den Gästen Essen oder Handtücher auf die Zimmer. Im vergangenen Jahr hat eine Flotte von Relays in fünf großen Hotelketten mehr als elftausend Zimmer bedient. Die menschlichen Angestellten haben damit mehr Zeit, sich persönlich um die Gäste zu kümmern, betont Savioke-CEO Steve Cousins.
Accenture erwartet, dass intelligente Roboter künftig stärker im direkten Kundenkontakt arbeiten werden. Wegen ihrer Lernfähigkeit sei es wichtig, dass die menschlichen Kollegen sich als Role-Model für die Maschine verstehen.
- Künstliche Intelligenz
Die Studie "Intelligent systems in action" des Marktforschers Freeform Dynamics entstand in Zusammenarbeit mit dem Softwarehersteller Ipswitch und basiert auf Angaben von 521 IT-Führungskräften. - Entscheiderposition
Insgesamt 38 Prozent der Befragten erklären, Initiativen rund um intelligente Systeme gingen grundsätzlich von der IT-Abteilung aus. - Einsatz im Betrieb
Bisher bezieht sich der Einsatz vor allem auf Vernetzung. Dabei stehen digitale Kundensysteme im Vordergrund. - Nutzung
Insgesamt 34 Prozent der Unternehmen sichern Dokumente automatisiert und 32 Prozent arbeiten mit regelbasierender Prozessautomatisierung. - Ängste der ITler
Knapp jeder Zweite fürchtet die Herrschaft der Maschinen, also einen Verlust von Kontrolle über die Systeme. Es könne der Zeitpunkt kommen, an dem niemand mehr die Logik der Systeme versteht. Mancher traut künstlicher Intelligenz „schelmische“ oder auch „schlitzohrige“ Absichten zu, die ins komplette Chaos führen könnten. - Zukunftsszenarien
Die Mehrheit der Befragten glaubt, dass etwa das vollständig selbstfahrende Auto noch bis zu zehn Jahren braucht, um sich durchzusetzen. Dass ein Computerwesen wie HAL 9000 aus dem Film "2001 A Space Odyssey" in zehn Jahren Normalität sein wird, halten die meisten Befragten allerdings nicht für realistisch.
BSP in Deutschland könnte um 29 Prozent steigen
Ein Blick auf Deutschland: Accenture rechnet aus, dass das Verschmelzen von menschlicher und maschinenerzeugter Arbeitskraft die Produktivität um 29 steigern könnte. Die Bundesrepublik verfüge über einen überdurchschnittlich guten Fertigungssektor und Industrie 4.0-InitiativenIndustrie 4.0-Initiativen. Das seien sehr gute Voraussetzungen für die Integration intelligenter Systeme in die Produktion. Alles zu Industrie 4.0 auf CIO.de
Die Analysten übersehen nicht, dass der Themenkomplex Robotik/Künstliche Intelligenz breit diskutiert werden muss. Dabei gehe es nicht nur um irrationale Ängste, sondern auch um konkrete Gesetze. So schreibt der Bundesstaat New York Autofahrern vor, mindestens eine Hand am Lenkrad zu haben - das Gesetz stammt aus dem Jahr 1967 und dürfte mit autonomen Fahrzeugen zur Disposition stehen.