Wenig Lernbereitschaft
Managern und Fachkräften fehlen die Skills
- Die rasche Digitalisierung ist die notwendige Voraussetzung, damit Firmen langfristig weiterwachsen können.
- Es wird immer wichtiger, vorhandene Mitarbeiter weiterzuentwickeln.
- Lernbereitschaft wird in rund einem Drittel der deutschen Unternehmen nicht gelebt.
Die Fraunhofer Academy hat in einer Studie untersucht, wie es um die digitalen Kompetenzen der Mitarbeiter in deutschen Unternehmen bestellt ist. Sie kommen zum Ergebnis, dass den Firmen durchaus bewusst ist, welche Fähigkeiten für den Erfolg nötig sind. Allerdings verfügen die Mitarbeiter über zu wenig SkillsSkills. Woran liegt das? Alles zu Skills auf CIO.de
Roman Götter: Die Digitalisierung hat die Bedingungen grundlegend verändert. Früher war Technologie ein limitierender Faktor, heute sind es die notwendigen Kolleginnen und Kollegen.
Was bedeutet das?
Roman Götter: Die technologischen Voraussetzungen für Veränderungen lassen sich viel schneller schaffen. Unternehmen können Projekte durch Cloud-Computing-Modelle wie Software-as-a-Service (SaaS) oder Infrastructure-as-a-Service (IaaS) mit ein paar Klicks in ganz anderen Geschwindigkeiten und zu ganz anderen Kosten umsetzen als früher.
Doch jetzt kommt das Aber: Sie brauchen dazu Mitarbeiter mit den entsprechenden Kompetenzen, um diese Projekte zu entwerfen und zum Laufen zu bringen. Das Problem: Durch die veränderte Marktsituation können Unternehmen diese Fachkräfte nicht einfach nur suchen und einstellen, weil es nicht so viele gibt. Deshalb wird es immer wichtiger, vorhandene Mitarbeiter weiterzuentwickeln.
Mitarbeiter verfügen über wenig Fachkompetenz
Sie sagen, die Unternehmen wissen, welche Kompetenzen die richtigen sind.
Roman Götter: wird es immer wichtiger, vorhandene Mitarbeiter weiterzuentwickeln. Fakt ist aber, dass die Mitarbeiter zu wenig darüber verfügen und Arbeitgeber sich zu wenig engagieren, diese Kompetenzen im Betrieb aufzubauen und zu verankern.
Welche Managementkompetenzen, die eigentlich besonders wichtig wären, fehlen denn zum Beispiel?
Roman Götter: Die grundlegendste ist Lernbereitschaft. Das hat gar nichts mit digitalem Detailwissen zu tun, es ist vielmehr eine Einstellungsfrage. Ohne Lernbereitschaft sind Fach- und Führungskräfte kaum in der Lage, mit den sich verändernden Rahmenbedingungen und der Dynamik der digitalen Transformation Schritt zu halten. Das ist der überwältigenden Mehrheit auch klar, dennoch wird die Lernbereitschaft in rund einem Drittel der Unternehmen nicht gelebt.
Was bedeutet das konkret?
Roman Götter: Unsere Erhebung zeigt das gleiche Bild bei der Fähigkeit, übergreifende Prozess- und Systemzusammenhänge zu erkennen, der Problemlösungsfähigkeit oder der Fokussierung auf kundenorientierte Lösungen. Alle befinden sich in den Top fünf der notwendigen Anforderungen, aber sind bei 37 bis 27 Prozent der Unternehmen nur mittelmäßig vorhanden. Bei den Fachkompetenzen sieht es nicht viel besser aus.
Das sind bislang alles keine sonderlich digitalen Fähigkeiten.
Roman Götter: An sich nicht. Die Schlüsselqualifikationen, die für ein erfolgreiches Meistern der Digitalisierung erforderlich sind, lassen sich in drei Gruppen einteilen. Erstens die nicht digitalen Schlüsselqualifikationen, die wir gerade thematisiert haben. Sie sind wichtig, denn wenn sich mein Geschäftsmodell oder mein Berufsprofil jetzt im Zeitalter der digitalen Transformation in meiner Arbeitskarriere dreimal ändern, ist das nur mit entsprechender Offenheit und Anpassungsfähigkeit erfolgreich zu bewältigen, unabhängig davon, welche Änderung ansteht.
Der zweite Bereich sind die digitalen Schlüsselqualifikationen - mit an der Spitze die Digital Literacy. Dazu gehört die Fähigkeit, grundsätzlich mit neuen Technologien umgehen zu können. Das beginnt bereits mit Collaboration-Tools oder Videokonferenzsystemen.
Und was ist mit den konkreten Skills, von denen sonst die Rede ist?
Roman Götter: Das ist die dritte Gruppe. Um hier nur die wichtigsten Felder zu nennen: Data Science und künstliche Intelligenz (KI), Usability Engineering sowie Augmented Reality und nicht zuletzt Cyber Security. Klar, hier benötigen Unternehmen echte Spezialisten. Das ist ihnen auch bewusst. Rund 70 Prozent der Befragten halten sie für sehr oder weitgehend relevant. Mehr als ein Drittel sagt aber auch, dass sie im eigenen Unternehmen nur mittelmäßig ausgeprägt sind.
- 1. Kommunikation
Von vielen als "weicher " Faktor belächelt, sollte die Fähigkeit, mit anderen Menschen verbal zu interagieren, auch im "harten" IT-Geschäft nicht vernachlässigt werden. Die Welt im Datenzentrum verändert sich noch rascher als anderswo. Hier eine strukturierte Umgebung aufrechtzuerhalten erfordert Kommunikation - nicht nur mit dem Business, sondern auch innerhalb der IT-Organisation. - 2. Service-Management
Viele Unternehmen beziehen bereits Teile ihrer IT-Services aus der Cloud. Diese Auslagerung verlangt von den IT-Verantwortlichen ein Umdenken in Sachen Service-Management. Sie müssen das komplexe Zusammenspiel von Kapazität und Nachfrage in einer nicht länger fest umrissenen Infrastruktur im Griff haben. - 3. Unified Computing
Das "Unified Computing System" von Cisco, die "Blade System Matrix" von HP und die Cloud-Computing-Strategie von IBM stehen laut Rockwell Bonecutter, Data-Center-Experte bei Accenture, beispielhaft für einen Trend, der auch noch die kommenden Jahre kennzeichnen werde. - 4. Projekt-Management
Wenn die Wirtschaft wieder anzieht, werden die Unternehmen auch ihre verschobenen IT-Projekte in Angriff nehmen. Aber sie werden darauf achten, dass sich die Investitionen am Ende auch auszahlen. Deshalb sind die Fähigkeiten zur Business-Analyse und zum effizienten Projekt-Management gefragt. - 5. Ressourcen-Management
In einen Zusammenhang mit dem Thema Green IT gehört die Beherrschung der Wechselwirkungen zwischen IT- und Facilities-Management. Keine Kapazitätsplanung kommt heute ohne eine Betrachtung des Energieverbrauchs und der Wärmeabstrahlung aus. IT-Teams brauchen also dringend jemanden, der diese Faktoren auf dem Schirm hat und in der Lage ist, dieselbe Sprache wie die Facilities-Experten zu sprechen, also einen "Ressourcen-Manager". Auch der Data-Center-Chef selbst darf diese Aspekte nicht aus den Augen verlieren. - 6. Engineering
Die Leute, die heute am verweifeltsten gesucht werden, sind, so Pricewaterhouse-Coopers, Mechanik- und Elektro-Ingenieure, die sich mit modernem IT-Equipment auskennen. Heutige Rechenzentrumskonzepte, beispielsweise virtualisierte Server, unterscheiden sich auch hinsichtlich der Elektrik und Kühlsysteme fundamental von denen der vergangenen Jahre. - 7. Netzwerk-Know-how
Wenn ein Rechenzentrum ohne Menschen vor Ort auskommt (die Stichworte heißen hier "lights out" und "remote"), dann nur, weil es über ein Netz gesteuert wird. Folgerichtig braucht ein IT-Manager moderner Prägung ein solides Wissen hinsichtlich Netzkonfigurationen, - hardware, und -schwachstellen. Zudem sollte er Mitarbeiter einstellen, die über solches Know-how verfügen. - 8. Finanzanalyse
Gerade in einer Wirtschaftskrise wird von einem IT-Verantwortlichen wirtschaftliches Denken verlangt. Er muss beispielsweise in der Lage sein, die Applikationen nach ihrer Bedeutung für das Business zu priorisieren und auf dieser Basis zu entscheiden, welche Lösung einen eigenen Server benötigt und welche beispielsweise in die Cloud ausgelagert werden kann. - 9. Green IT
Mögen manche auch die Augen verdrehen - kein Unternehmen kommt an dem Mandat für eine "nachhaltige" Technologie vorbei. - 10. Virtualisierung
Die Basistechnik für eine moderne IT-Infrastruktur ist eine Trumpfkarte für den, der sich mit ihr auskennt. Die Unternehmen packen immer mehr IT-Komponenten in flexible, leicht zu wartende und günstig zu betreibende, sprich: virtualisierte Umgebungen.
Geschäftsmodelle unterliegen massiven Veränderungen
Ist das ein Managementproblem?
Roman Götter: Ja, zum größten Teil. Die Umwälzungsgeschwindigkeit heute ist viel höher, deshalb müssen Unternehmen auch schneller handeln. Die frühere Logik, ein paar Jahre abzuwarten und vielleicht zu sehen, wie der Markt reagiert - das funktioniert nicht mehr. Gleichzeitig stehen viele Betriebe vor großen Herausforderungen, weil ihr Geschäftsmodell massiven Änderungen unterliegt. Denken Sie etwa an das Bankenwesen. Da geht es ja nicht nur darum, was an digitalem Kundenkontakt, schnelleren Transaktionen über vernetzte Plattformen oder im Investmentbereich durch KI-Anwendungen und Algorithmen möglich ist. Da geht es gleichzeitig ganz massiv darum, was mit den Filialen passiert oder mit dem Geschäftsmodell in einer Periode der Niedrigzinsen. Da treffen viele Herausforderungen zusammen.