Strategien


Bundeswehr-Projekt Herkules

Marsch ins Ungewisse

Johannes Klostermeier ist freier Journalist aus Berlin. Zu seinen Spezialgebieten zählen unter anderem die Bereiche Public IT, Telekommunikation und Social Media.

Falls die Verhandlungen auch mit TIS zu keinem Abschluss führen sollten, sieht Leonhard nur zwei Möglichkeiten: dass Herkules in Tranchen wie Informationsnetze oder Rechenzentren aufgeteilt und neu ausgeschrieben wird oder dass die Bundeswehr die IT-Projekte selbst entwickelt. "Denn so kompliziert ist das gar nicht", so die Abgeordnete. Sie hatte schon mit einem "Vergabebrief an das ISIC-Konsortium dafür gesorgt, dass die Verhandlungen innerhalb einer Frist bis Ende Juni 2004 abgeschlossen werden mussten. "Das Bundesverteidigungsministerium muss endlich die strategische Führung übernehmen und Termine fristgerecht einhalten", so ihre Forderung, mit der sie Ende 2003 im Haushaltsausschuss eine "qualifizierte Sperre" bei den Ausgaben für externe IT-Berater durchboxte.

Mit einer Mängelrüge in der gesetzlichen Zweiwochenfrist haben CSC und EADS reagiert. "Das ist die schwächste Form der rechtlichen Möglichkeiten", so Leonhard. Weitere Schritte planen die ISIC-Partner aber nicht. Denn sie wollen es sich mit dem Großkunden Bundeswehr nicht verscherzen.

Für die 80 Prozent der zivilen Mitarbeiter, die in die IT-Gesellschaft übergehen sollen, bedeuten die ständigen Verzögerungen der Verhandlungen vor allem Ungewissheit. Doch jene 5000 Mitarbeiter der neu zu gründenden Gesellschaft waren auch eines der Probleme. "Wir sollten Fernemeldetechniker übernehmen, die Gespräche noch mit der Hand vermitteln. Wo wollen Sie die einsetzen?", spottet ein Insider. Auch wisse niemand, wie sich der Tarifvertrag entwickle, zu denen diese weiterbeschäftigt werden sollten.

Dass die IT der Bundeswehr dringend erneuert werden muss, steht außer Frage. Tatsache ist jedoch, dass sich die dringende Modernisierung der IT- und Netzwerkinfrastruktur der Bundeswehr weiter verzögert. Wenn Herkules nicht bald kommt, so hat der IT-Direktor im Bundesverteidigungsministerium, Gerhard van der Giet, stets betont, werden die verfügbaren IT-Haushaltsmittel der Bundeswehr ausschließlich für den Erhalt der Altsysteme eingesetzt werden müssen. Für Investitionen in neue Geräte und Programme ist dann das Geld schon aufgebraucht. Und in der Vergangenheit lautete der Standardsatz bei der Bundeswehr immer: "Das machen wir nicht mehr, bald kommt ja Herkules." Einziger Trost - Privatleute kennen das -: Computer, die heute noch nicht gekauft worden sind, können morgen auch noch nicht veraltet sein.

Johannes Klostermeier [redaktion@cio.de]

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