Online-Händler

Mehr Spielraum bei Rücksendekosten

06.06.2014
Bei Einkäufen im Internet sollten Verbraucher künftig noch etwas genauer hinschauen - zumindest wenn der Warenwert mehr als 40 Euro beträgt. Dann ab dem kommenden Freitag können Online-Händler ihren Kunden auch bei teureren Produkten beim Umtausch Rücksendekosten in Rechnung stellen.

Für viele Online-Shopper ist es alltägliche Praxis. Sie bestellen bei Otto, Zalando und Co. Schuhe, Blusen oder Hemden gleich in mehreren Größen oder Farben, um zu Hause in Ruhe zu auszusuchen, was am besten gefällt. Der Rest wird zurückgeschickt. Das ist kein Problem, denn die Kosten für die Retouren übernehmen die Online-Anbieter.

Doch ab dem kommenden Freitag sollten Verbraucher beim Online-Shoppingbummel etwas genauer hinschauen, bevor sie auf den Kaufbutton drücken - zumindest wenn der Warenwert mehr als 40 Euro beträgt. Denn dann können Online-Händler nach der neuen EU-Verbraucherrichtlinie ihren Kunden auch bei diesen Produkten beim Umtausch Rücksendekosten in Rechnung stellen. Bislang war das nur bei Waren mit einem Wert von weniger als 40 Euro möglich. "Die Verbraucher sollten deshalb vor der Bestellung prüfen, ob der Absender die Rücksendekosten künftig noch übernimmt oder nicht", rät Thomas Bradler, Jurist der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Die neue EU-Verbraucherrichtlinie könnte der Flut von Rücksendungen im Online-Handel theoretisch ein Ende machen. Theoretisch. Denn praktisch dürfte sich bei vielen Anbietern kaum etwas ändern. Die großen deutschen Internethändler wie AmazonAmazon, Otto oder Zalando haben bereits angekündigt, an den bisherigen kundenfreundlichen Reglungen festzuhalten. Alles zu Amazon auf CIO.de

"Retouren bleiben bei uns kostenlos. Auf diese Serviceleistungen zu verzichten, ist schlichtweg keine Option für Otto", sagt Firmensprecher Alexander Birken. Auch Zalando will weiter am kostenfreien Versand festhalten. "Wir verlegen damit die Umkleidekabine ins Wohnzimmer", sagt eine Firmensprecherin. Der kostenlose Rückversand sei ein zentraler Bestandteil der Geschäftsidee. Und auch bei Amazon sind nach Unternehmensangaben derzeit keine Änderungen der Versandbedingungen geplant.

Das einheitliche Vorgehen der Platzhirsche dürfte die Marschrichtung für die gesamte Branche vorgeben. "Die vielen kleinen Anbieter haben kaum eine andere Wahl, als auch mitzuziehen. Wenn sie plötzlich Rücksendekosten erheben würden, dann gingen die Kunden erst recht zu Amazon und Co.", meint Gerrit Heinemann, der Leiter des eWeb Research Centers der Hochschule Niederrhein.

Nach einer Studie des Branchenverbandes Bitkom wollen fast ein Drittel der Verbraucher künftig ausschließlich bei Online-Shops einkaufen, die einen kostenfreien Rückversand anbieten. Und auch die meisten anderen Online-Shopper sagen, sie würden es sich zweimal überlegen, bei einem Anbieter zu bestellen, der keine kostenlose Rückgabe offeriert.

Ob die scheinbar so kundenfreundlichen Retouren-Regelungen allerdings auf Dauer wirklich im Interesse der Verbraucher sind, daran hat der Handelsexperte Heinemann Zweifel. "Längerfristig unterstützt der Verzicht auf Rücksendegebühren eher die Monopolbildung im Online-Handel. Die großen Anbieter wie Amazon oder Zalando werden dadurch weiter gestärkt, denn sie können die Mehrkosten dank ihrer besseren Einkaufskonditionen und der effizienteren Abwicklung verkraften", meint er. Den kleineren Wettbewerbern, die eigentlich eine Alternative für die Konsumenten darstellen könnten, falle es dagegen schwer, damit zurechtzukommen.

Dass die Neuregelung allerdings gar keine Auswirkungen hat, ist auch noch nicht ausgemacht. Kai Hudetz, der Geschäftsführer des auf den Online-Handel spezialisierten Kölner Forschungsinstituts ECC, könnte sich vorstellen, dass die Anbieter zumindest in Einzelfällen die neuen Möglichkeiten nutzen. "Vielleicht werden künftig selektiv Rücksendegebühren bei Konsumenten erhoben, die in der Vergangenheit als besonders retourenfreundlich aufgefallen sind - quasi als erzieherische Maßnahme", glaubt er.

Eher lästig als teuer ist außerdem eine weitere Veränderung, die am 13. Juni in Kraft tritt. "Der Widerruf des Kaufvertrages kann künftig nicht mehr durch das kommentarlose Zurückschicken des Produkts ausgesprochen werden", sagt Verbraucherschützer Bradler. Notwendig sein ein formeller Widerruf. "Am besten legt man der Rücksendung einfach einen Zettel bei, auf dem man den Kaufvertrag widerruft", rät der Experte. Einen Grund für die Rücksendung müsse man nicht angeben. (dpa/rs)

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